Oneiros: Tödlicher Fluch
Sie einsammeln lassen, bevor die Polizei erschien.«
»Was ist, wenn ich Ihnen nichts sagen kann?«
Sie deutete auf das Fenster. »Die
Policía
wird Sie uns sicher gerne abnehmen.«
»Und wie wollen Sie das erklären?« Thielke zeigte auf den Bademantel und den Handverband. »Ich bin eingebrochen, Sie haben mich erwischt und behandelt, um mich
dann
erst abzuliefern?«
»Man wird mir keine Fragen stellen, Señor Thielke. Ich bin eine Hoya. Man würde Sie einfach mitnehmen und sich freuen, den Terroristen Igor gefangen zu haben, der achtzigtausend Menschen umbrachte.« Carola setzte sich in einen Sessel. »Mein Vater und ich nahmen zunächst an, dass es sich bei Ihnen und Señor Korff sowie Monsieur Bouler um gewissenlose Schmuckräuber handelt, die sich aus wirtschaftlichen Gründen um Harlekin’s Death streiten und dabei bis zum Äußersten gehen. Sie haben mich auf dem Friedhof fotografiert, Sie kennen den Mann, mit dem ich mich traf, demnach ebenso wie Señor Korff.« Sie hob die Hand, der Zeigefinger wies auf ihn. »Doch von allen werde ich nach der Wirkung des Steins auf den Tod gefragt. Und ich frage mich langsam, ob es wirklich nur um Geld geht? Sie werden mir erzählen, um was sich diese Hatz wirklich dreht, Señor Thielke.«
Er verlagerte das Gewicht, sein Stumpf und die Schusswunden schmerzten plötzlich. Es wäre vermutlich besser, wenn er zum Bett hopste und sich wieder hinlegte. »Was tun Sie, wenn ich nichts Neues zu berichten weiß?« Er breitete die Arme aus. »Ich bin nur ein Schmuckräuber, wie Sie schon sagten.«
Ihr Lächeln wurde tückisch. »Und ich bin nicht so geduldig, wie Sie vielleicht annehmen, Señor Thielke. Wir haben Ihre Wunden behandeln lassen, aber wir können auch dafür sorgen, dass Sie sich wünschten, von der
Policía
aufgegriffen worden zu sein.« Carola lehnte sich nach vorne. »Damit Sie verstehen, in welcher Lage Sie sich befinden, Señor: Niemand weiß, wo Sie stecken. Niemand wird Sie hier vermuten. Wenn ich möchte, endet Ihr Leben hier.« Sie tippte mit der Fußspitze zweimal auf den Marmorboden, so dass es klackte.
Thielke wusste, dass sie es ernst meinte. Ihre Augen verrieten die Entschlossenheit. »Ich habe verstanden. Wie aber wollen Sie prüfen, ob ich die Wahrheit sage?«
Carolas Blick legte sich auf den Beistelltisch mit den Ampullen. »Nach der Show vor meinem Fenster zu schließen, lieben Sie Ihr Leben, Señor Thielke. Doch Sie gehen recht rücksichtslos mit Ihrem Körper um, wenn der Arzt Ihre Blutwerte korrekt ausgewertet hat. Wissen Sie, Entzug ist etwas Schmerzhaftes. Er zwingt selbst den Stärksten in die Knie. Wir werden reden, ich prüfe Ihre Angaben, und wenn Sie gelogen haben … nun, dann werden wir sehen, wie lange Sie durchhalten.« Sie richtete sich auf und setzte sich gerade in den Sessel. »So wird es laufen, Señor Thielke.«
Er brummte seine Zustimmung, auch wenn ihm nicht gerade gefiel, was er da hörte. Die Kopfschmerzen, die ihm der Koffein- und Nikotinmangel bescherten, begannen bereits. »Wir können uns gerne unterhalten, aber ich warne Sie, Señora Hoya. Mich auf Entzug zu setzen, bringt Sie mehr in Gefahr, als Sie ahnen. Ich würde an Ihrer Stelle eher dafür sorgen, dass ich gut mit Kaffee und Zigaretten versorgt werde.« Er hüpfte zum Bett zurück und sank darauf, bevor sein Knie nachgab.
»Wieso? Werden Sie so aggressiv?«
»Nein. Ich werde einschlafen. Einfach einschlafen, wie ich es seit Jahren nicht mehr getan habe«, gab er zurück. »Das wird für Sie tödlich sein.«
Carola Hoya lachte ihn aus.
»Diesen Fehler begingen schon ganz andere«, murmelte er.
Zaragoza, Spanien
Konstantin und sein Team erreichten abends den Flughafen der Stadt Zaragoza, mit der längsten Landebahn, die er bislang gesehen hatte, und begaben sich sofort in die Altstadt, wo sie sich zu Fuß an Arctanders Verfolgung machten. Sie trugen identische Bluetooth-Headsets, die Johnny zusammen mit den Handys ausgegeben hatte, und wirkten wie eine Gruppe arbeitswütiger Banker auf Betriebsausflug.
Das Smartphone des MI 6 -Agenten wies ihnen den Weg, sie folgten dem roten Punkt, der Bent Arctander darstellte und der anscheinend ziellos durch die engen, leicht heruntergekommenen Gassen ebenso wie durch die großen Hauptstraßen irrte. Es gab kein Muster.
Konstantin wusste kaum etwas über die Stadt Zaragoza. Das Einzige, was ihm unerfreulicherweise zu diesem Namen einfiel, war eine Schlagerband aus seiner Kindheit, die
Saragossa
hieß und irgendeinen
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