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Onkel Schwein (German Edition)

Onkel Schwein (German Edition)

Titel: Onkel Schwein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frans Brood
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Ungeduld oder Auferstehung. Auferstehung? Teever öffnete die Datei. Erst dann wurde ihm klar, dass es für die Polizei merkwürdig aussehen musste, wenn die letzte Öffnung nach dem Tod Waldéns stattgefunden hatte. Das ließ sich gewiss in den Tiefen des PCs erkennen. Zumindest war er so schlau gewesen, dünne Lederhandschuhe anzuziehen. Seine Fingerabdrücke würde man hier nicht finden. Das Blut hatte er weggewischt.
    Teever überflog den Text. Es handelte sich um eine Fortführung des im ganzen Raum verteilten Themas. Nicht ganz so drastisch, aber dennoch eindeutig. Erotische Literatur auf äußerst armem Niveau, verbrämt mit historischen Bezügen aus der Geschichte der Mayas. Er nahm das Buch Bengt Bengtsons aus seiner Tasche. Waldén hatte Ellen Ammann nicht angelogen. Er lebte wirklich am See, er flog (um thailändische Kinder zu missbrauchen) und er war ein Schriftsteller. Wenn man das so nennen mochte.
    Teever lehnte sich in dem bequemen Schreibtischsessel zurück. Dann durchzuckte es ihn: In diesem Stuhl hatte ein menschenverachtendes Scheusal gesessen. Teever meinte, das Böse fast körperlich spüren zu können. Er dachte an seine Sehnsucht: Kann man in eine solche Welt Kinder setzen?
    Das Leder gab ein zischendes Geräusch von sich und holte ihn in die Realität zurück.
    Das war zwar alles ganz interessant und erstaunlich, doch wie half es ihm weiter? Teever war sich immer sicherer, dass die Lösung des Falles in Waldén und seinem Lebenswandel lag. Die Darstellung und Schändung der Leiche, der verletzte Penis. Nie und nimmer hatten das zwei überraschte Kleinkriminelle vom intellektuellen Schlage Kents und Freddys getan, nur weil er sie beim Einbrechen überrascht hatte. Da steckte eindeutig mehr dahinter. Vergeltung? Rache? Alle sollten den Toten sehen, sollten angewidert sein. Eine Warnung?
    Teever schaltete den Computer aus und betrachtete die Reihe Aktenordner zu seiner Linken. Auto, Versicherungen, Steuer. Hier also hast du deine Formalitäten abgewickelt, dachte Teever. Eines der mit einem Computerausdruck versehenen Rückenschilder trug den Namen Spanien. Teever schnaubte. Er war sich sicher, dass man darin eine Adresse finden würde, die den vermuteten Aufenthaltsort von Selma Waldén nennen würde. Teever war sich aber ebenso sicher, dass sie dort weder jetzt, noch in Zukunft jemals wieder anzutreffen war.
    Ein dicker Aktenordner, der anders als die übrigen durch einen bunten, mit Ornamenten verzierten Rücken aus dem Einheitsgrau hervorstach und irgendwie persönlicher wirkte, erregte Teevers Aufmerksamkeit. Seine Beschriftung lautete „365“. Er runzelte die Stirn und zog ihn hervor. Nein, dachte Teever, als er ihn öffnete, nicht noch mehr Fotos.
    In dem Ordner waren Klarsichthüllen, in die jeweils ein hellblauer Fotokarton geschoben war. Auf jedem Karton stand nur ein mit einem dicken Filzstift geschriebener Name. Darunter klebte ein Foto, auf dem ein nacktes Kind zu sehen war. Er ließ die Kanten der Folien zwischen Daumen und Zeigefinger ablaufen, um die Anzahl zu schätzen. Die Zahlen waren zwar chronologisch, aber mit Lücken. Teever schätzte, dass sich ungefähr 150 Fotos in den Hüllen befanden. Nur eine Pappe war leer, aber schon beschriftet. Am liebsten hätte Teever alle Martins dieser Welt gewarnt. Er blätterte angewidert und wunderte sich, dass ihn dieses Album noch mehr anrührte als die übrigen Fotos in dem Gruselkabinett. Er vermutete, dass dies an den Namen lag. Svea, Jörgen, Jesper. Die Opfer traten aus der Anonymität heraus und erzeugten Bilder: Mütter, die ihre Namen riefen, Freunde im Kindergarten oder auf der Straße, die mit ihnen spielten. Kinder, die womöglich ihr ganzes Leben in einer Dunkelheit verbringen würden, die Teever nur am Rande kennengelernt hatte und die ihn trotzdem prägte. Sture, Isak, Sten, Barbro. Mit den Namen trat die Persönlichkeit der Opfer in Teevers Leben. Teever hatte plötzlich das Gefühl, an die Luft zu müssen.
    Tomas. Das war der Name des einen ermordeten kleinen Jungen gewesen. Erinnerungen tauchten auf. Teever glaubte, zu ersticken. Und dass es ihm beim Anblick dieser Bilder egal wäre. Tage und Ida waren die nächsten. Bei Ida stockte er.
    Das kleine Mädchen war eindeutig behindert. Trisomie 21. Teever dachte an den Biologieunterricht in der Schule; an seine LehrerinFrau Dahlin, die immer so altmodische Röcke trug und nach Parfum roch. Heute wäre ihre Kleidung wahrscheinlich wieder modern. Er schüttelte den Kopf.

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