Onkel Schwein (German Edition)
fragte sich, ob sie wohl von Selma Waldén stammen würde. Laut Liza häkelte sie. Wenn aber Frau Byströms Erinnerungen stimmten, hatte Teevers Frau sich in Cäcilies Heim gar nicht aufhalten dürfen. Aber das galt vielleicht nicht für ihre Sachen. Der Sessel stand zwischen einem kleinen Ofen und der mit einem Rollo gesicherten Tür zur Veranda. Das wäre mein Lieblingsplatz, dachte Teever.
In einem schmucklosen Regal lagen ein paar Fach-Zeitungen über das Angeln und Hefte zum Thema Jagd, zerfledderte Taschenbücher und ein großes Konversationslexikon, von dem der Teil „S“ fehlte. An den Wänden hingen billige Kunstdrucke mit schwedischen Motiven.
Die Küche war in einem hässlichen Grau gestrichen. Alles war grau, sogar der Kühlschrank. Als würde das Licht verschluckt. Durch die Fensterläden drang kaum etwas von der Morgendämmerungin das Haus. Teever entschied, das Risiko einzugehen und schaltete den Lichtschalter ein. Selbst das Licht der kleinen Hängelampe über einem runden Tischchen vor dem Fenster schien mühsam in einem grauen Farbton.
Auf der Spüle stand ein Abtropfgestell mit den Erinnerungen an das letzte Mahl Waldéns in seinem Häuschen: Ein Suppenteller mit Sprung, ein Bierglas aus Deutschland (was Teever sofort an Lisa denken ließ) und ein Topf mit abgegriffenem Stiel. Rote Flecken auf dem Herd verrieten Teever, dass es wohl etwas mit Tomatensauce gegeben hatte. Über dem Wasserhahn hing ein altes Spültuch.
Eine selbstverständlich graue Tür rechts neben dem Fenster zog Teevers Aufmerksamkeit auf sich. Zunächst fragte er sich, wo er so eine Tür schon einmal gesehen hatte. Dann fiel es ihm ein: In Waldéns Haus in Backen. Die merkwürdige Waschküche mit den Kabeln. Teever drückte die Klinke, doch die Tür war verschlossen. Er griff in seine Hosentasche. Sollte etwa…
Teever nahm Waldéns Schlüssel. Er glitt ohne Widerstand in das Schloss. Mit einem leisen Ploppen, das Teever an das Öffnen eines Glases mit der wunderbaren Marmelade seiner Tante erinnerte, öffnete sich die Tür. Welche Leckereien würde er hinter ihr finden?
Zunächst einen Besenstiel, der aus seiner Halterung an der Wand gefallen war und nun als Fußfalle quer über der ersten Stufe ins Obergeschoss lag. Teever stolperte und prallte mit dem Gesicht gegen das Treppengeländer aus abgegriffener Fichte. Er schrie vor Schmerz auf. Es hallte durch die Stille des Gebäudes. Er befühlte seine Stirn über dem rechten Auge und fluchte, als er das Blut an Zeige- und Mittefingerfinger betrachtete.
Das wird noch zur Gewohnheit, dachte er.
Wenn er Waldéns Ordnungssinn richtig einschätzte, würde es in der Küche bestimmt Pflaster geben. Teever ging zurück und öffnete den Küchenschrank über der altmodischen Dunstabzugshaube von Husqvarna. Darin befanden sich allerlei akribisch beschriftete Kartons und Kästchen mit Sicherungen, Schrauben, Nägeln oder Reißzwecken; daneben standen angeschlagene Gläser, die Waldén wohl zu schade für das Wegwerfen gefunden hatte mit Kabelbindern, Bleistiftresten und kleinem Werkzeug wie Holzbohrern und Schraubenziehern.
Die kleine Hausapotheke befand sich hinter der grauen Tür daneben: Schlafmittel, etwas gegen Infekte und Nasenspray. Und eine Packung Pflaster. Teever entnahm eins und trat an einen Spiegel. Nachdem er das Blut mit einem Haushaltspapier notdürftig gestillthatte, klebte er ein großes Pflaster ungeschickt über die Platzwunde. Den Abfall entsorgte er in seine Jackentasche. Dann stieg er die Treppe ins obere Stockwerk hinauf. Das Geräusch der Treppe erinnerte ihn ans Segeln, an das Knarren gespannter Wanten – und an die Zeit mit Axelsson.
Oben war es stockfinster. Kein noch so kleiner Lichtstrahl durchdrang die massiven Fensterläden. Es war nicht einmal grau. Nachdem er den Lichtschalter gefunden hatte, sah er, warum: Die Fenster auf den beiden Stirnseiten des Hauses waren nicht nur von außen mit den Läden abgesichert, sondern auch von innen. Verblüfft betrachtete er das dunkelbraune Holz und die massiven Messingbeschläge, die den Raum hermetisch abschlossen. Dann erlebte Teever seine zweite Überraschung.
Er wusste nicht, was er erwartet hatte; auf keinen Fall aber ein Büro in einem Pornoshop. Obwohl ein Pornoladen mit den Bildern, die an den Dachschrägen von Cäcilies Haus hingen, wahrscheinlich trotz der liberalen schwedischen Gesetzgebung sofort geschlossen worden wäre. Teever hatte schon einiges gesehen, doch was dort hing, teilweise in
Weitere Kostenlose Bücher