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Onkel Wolfram - Erinnerungen

Onkel Wolfram - Erinnerungen

Titel: Onkel Wolfram - Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Sacks
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ein Buch darüber, das Newton beeinflusste. Er entwickelte den ersten chemischen Indikator, ein mit Veilchensirup gesättigtes Papier, das unter Einwirkung einer sauren Lösung rot, einer alkalischen grün wurde. Er schrieb das erste Buch englischer Sprache über Elektrizität. Er gewann Wasserstoff, ohne dass es ihm bewusst wurde, indem er Eisennägel in Schwefelsäure legte. Er beobachtete, dass sich die meisten Flüssigkeiten zusammenzogen, wenn sie gefroren, Wasser hingegen sich ausdehnte. Er demonstrierte eine Gasentwicklung (später stellte sich heraus, dass es Kohlendioxid war), wenn man Essig über zu Pulver zerstoßene Korallen goss und dass Fliegen in dieser «künstlichen Luft» sterben. Er erforschte die Eigenschaften des Blutes und interessierte sich für die Möglichkeiten der Bluttransfusion. Er experimentierte mit der Wahrnehmung von Geruch und Geschmack. Er beschrieb als Erster semipermeable Membranen. Und er lieferte die erste Fallgeschichte einer erworbenen Achromatopsie, einer totalen Farbenblindheit nach einer Hirninfektion.
    Alle diese Untersuchungen und noch viele andere mehr beschrieb er in einer sehr schlichten und klaren Sprache, die sich wohltuend von der geheimnisvollen, dunklen Ausdrucksweise der Alchimisten unterschied. Jeder konnte ihn lesen und seine Experimente wiederholen. Er stand für die Offenheit der Wissenschaft, im Gegensatz zur verwehrten, hermetischen Geheimniskrämerei der Alchimisten.
    Trotz seiner universellen Interessen schien die Chemie einen besonderen Reiz auf ihn auzuüben (schon in seiner Jugend nannte er sein chemisches Labor «eine Art von Elysium»). Vor allem wollte er die Beschaffenheit der Materie verstehen, so schrieb er sein berühmtestes Buch, Der skeptische Chemiker , um die mystische Doktrin von den vier Elementen zu widerlegen und das enorme, jahrhundertealte Wissen der Alchimie und Pharmazeutik mit der neuen aufgeklärten Vernunft seiner Zeit zu vereinigen.
    Die Alten erklärten die Welt durch vier Grundprinzipien oder Elemente - Erde, Luft, Feuer und Wasser. Ich glaube, als Fünfjähriger hatte ich weitgehend die gleichen Kategorien (obwohl die Metalle eine besondere, fünfte Kategorie für mich bildeten). Weniger leicht fand ich es, mir die drei Prinzipien der Alchimisten vorzustellen: Sulfur (das Brennende), Sal (das Feste), Merkur (das Flüchtige); wobei «Sulfur» und «Merkur» und «Sal» nicht etwa die gewöhnlichen Stoffe Schwefel, Quecksilber und Salz meinten, sondern «philosophisch» zu verstehen waren: Quecksilber verlieh einem Stoff Glanz und Härte, Schwefel Farbe und Entflammbarkeit, Salz Festigkeit und Feuerbeständigkeit.
    Boyle hoffte, diese alten, mystischen Begriffe der Elemente und Prinzipien durch rationale und empirische ersetzen und die erste moderne Definition eines Elements liefern zu können:
     
    Ich verstehe hier unter Elementen… gewisse primitive und einfache oder vollkommen unvermischte Körper, die nicht aus irgendwelchen anderen oder aus einander zusammengesetzt sind, sondern die die Bestandteile sind, aus denen die sogenannten vollkommen gemischten Körper unmittelbar bestehen und in die sie sich letztlich auch wieder zerlegen lassen.
    Doch da er keine Beispiele für solche «Elemente» lieferte und nicht beschrieb, wie sich ihre «Unvermischtheit» nachweisen ließ, erschien seine Definition zu abstrakt, um nützlich zu sein. Zwar fand ich den Skeptischen Chemiker unlesbar, großes Vergnügen bereitete mir jedoch Boyles 1660 erschienene Schrift New Experiments . Hier beschrieb er mit großer Lebhaftigkeit und persönlichen Anmerkungen mehr als vierzig Experimente rund um seine «Pneumatische Maschine» (eine Luftpumpe, die sein Assistent Robert Hooke erfunden hatte), mit der er die Luft aus einem geschlossenen Behälter weitgehend abziehen konnte. [13] In diesen Experimenten räumte Boyle gründlich mit der alten Vorstellung auf, die Luft sei ein ätherisches, alles durch dringendes Medium. Er wies nach, dass sie ein materieller Stoff mit eigenen physikalischen und chemischen Eigenschaften war und sich komprimieren, verdünnen und sogar wiegen ließ.
    Als Boyle die Luft aus einem geschlossenen Gefäß mit einer brennenden Kerze oder einem glühenden Kohlestück abzog, stellte er fest, dass sie zu brennen aufhörten, sobald die Luft dünner wurde, und dass die Kohle wieder zu glühen anfing, wenn abermals Luft ins Gefäß eingelassen wurde - sie war für die Verbrennung also notwendig. Boyle zeigte weiterhin, dass

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