Online Wartet Der Tod
noch von damals, ich habe an dem Fall Ihrer Schwester gearbeitet. Inzwischen bin ich im Ruhestand. Das ist Detective Ellie Hatcher. Sie würde gern mit Ihnen über einige Dinge sprechen, die sich neu ergeben haben.«
Wieder ertönte die Stimme des Mannes, wieder auf Russisch, und Zoya antwortete: »Es ist die Polizei, Vitya.«
»Die Polizei?«
»Der Mann von damals. Und eine Frau.«
Zoya machte die Tür weiter auf. Auf dem Boden saß, inmitten eines Fantasiebauernhofes mit kleinen Menschen- und Tierfiguren, ein gut aussehender blonder Mann von vielleicht Anfang vierzig. Neben ihm stand ein kleiner weißblonder Junge, ließ lachend eine Plastikkuh am Bein des Vaters nach oben spazieren und bekam den erstaunten Ausdruck in dessen Gesicht gar nicht mit.
»Bitte sie doch rein. Ja, kommen Sie nur her.« Er sagte ein paar Worte auf Russisch zu seinem Sohn und gab ihm einen Klaps auf den Po, und der Kleine lief fröhlich in einen anderen Raum, wobei er seine Kuh fest an sich drückte. »Ich bin Zoyas Mann, Vitali. Vitali Rostov. Ist etwas passiert?«
»Vor etwas mehr als einem Jahr ist eine Frau namens Caroline Hunter mit derselben Waffe erschossen worden wie Ihre Schwester damals. Und vor ein paar Tagen ist eine weitere Frau ermordet worden. Sie wurde nicht erschossen, aber wir haben Grund zu der Annahme, dass dieser Mord mit dem an Caroline Hunter zu tun haben könnte. Ich möchte jetzt herausfinden, ob auch Tatianas Fall damit zusammenhängt.«
Ellie sah Zoya aufmerksam an, doch die zeigte keine Reaktion. Vielmehr fuhr sie fort, dem Baby, das sich inzwischen beruhigt hatte, über das flaumige Haar zu streichen und ihm kleine Küsse auf die Stirn zu drücken.
»Die Frau diese Woche«, fragte Vitali, »war das die Museumsangestellte? Die Sache, die in der Zeitung stand?«
»Ja. Sie hieß Amy Davis. Sagt Ihnen der Name etwas?«
»Nein.«
»Und Caroline Hunter?«
Der Mann schüttelte den Kopf, und Ellie blickte wieder zu Zoya. Es dauerte einen Moment, bis diese merkte, dass alle auf eine Reaktion von ihr warteten. Schließlich schüttelte auch sie den Kopf. »Nein. Ich habe die Freundinnen meiner Schwester nicht gekannt. Tatiana hat ihr eigenes Leben geführt. Das hatte mit uns nichts zu tun.«
»Wissen Sie, ob sie einen Freund hatte oder vielleicht auch eine losere Männerbekanntschaft?«
Vitali lachte bitter, und Zoya warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. »Tut mir leid, Zoya, aber deine Schwester … sagen wir, ihre Männerbekanntschaften waren alle lose. Sie hatte Männer genug, allerdings keine, von denen wir etwas wissen wollten.«
»Was er sagen will, Detective, ist, dass meine Schwester eine Prostituierte war. Sie war drogensüchtig und sie war Prostituierte. Das eine war sie nur, um das andere sein zu können. Ganz einfach.«
»Es tut mir sehr leid«, sagte Ellie, »es ist sicher schwer, sich an all das erinnern zu müssen. Aber ich wäre nicht hergekommen, wenn es nicht wichtig wäre.«
Zoya senkte den Kopf. Ellie erinnerte sich, wie sehr ihr Vater sich in den ersten Jahren des College-Hill-Würgers davor gefürchtet hatte, die Angehörigen der Opfer ein zweites oder drittes Mal zu befragen. Er hatte gesagt, es komme ihm vor, als kratze er buchstäblich den eben erst entstandenen Schorf von den Wunden der Trauernden. Irgendwann hatte er aufgehört, mit den Familien zu sprechen, es sei denn, sie suchten von sich aus Kontakt zu ihm. Nichts von den Dingen, die er neu herausfand, war ihm wichtig genug erschienen, um weiteres Stochern in den alten Wunden zu rechtfertigen. Aber das Ergebnis aus der Ballistik wies nun mal auf eine wie auch immer geartete Verbindung zwischen Caroline Hunters und Tatianas Fall hin. Diese Verbindung musste Ellie einfach finden.
»Die beiden anderen Frauen hatten mit einer Internet-Kontaktbörse zu tun. Wissen Sie, ob Ihre Schwester ein solches Angebot genutzt hat? Die Firma heißt FirstDate.«
Beide Rostovs schüttelten schweigend den Kopf.
»Hatte sie einen Computer? Oder konnte sie irgendwo einen nutzen?«
»Tatiana hatte kaum genug zum Leben«, sagte Vitali. »Wir haben ihr ab und zu Geld gegeben, aber nie so viel, dass es für einen Computer gereicht hätte. Und selbst wenn sie eine solche Summe besessen hätte – die hätte sie bestimmt nicht dafür ausgegeben.«
Ellie fragte weiter, immer auf der Suche nach möglichen Verbindungen zu Caroline Hunters Universität, dem Museum of Modern Art, den Stadtvierteln, in denen die beiden gewohnt hatten, aber die Fragen
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