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Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Titel: Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schulz
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so. Dor bin ech gänz ehrlech.« Und im übrigen: Gebügelter Overall – hallo? Und Ula Valeska bewegt sich wie in einem politisch korrekten Bioporno usw. usf.
    War er im Dienst, hamburgerte Harald Herbert Queckenborn breiter, als Hamburg an seiner breitesten Stelle je war noch je werden würde. Wähnte vermutlich, das erhöhe seine Street Credibility bei den Kids. Allein die Klangfarbe der Stimmlage, grad aufgrund ihrer Monochromie, vermochte in empfindsamen Gehören ein reiches Potpourri von Assoziationen hervorzurufen: bäuerliche Nörgelei bei Hagel … Julklapp-Ansprache des zweiten Vorsitzenden der Aquariumfreunde Eilbek e.   V. … Pausenhofprahlerei des Klassendeppen …
    Nach seiner Diarrhöe im Dschungelcamp wäre er beinah für immer von der Bildfläche verschwunden gewesen. Doch wie Kai aus der Kiste kam Image-Klempner YY Whitey, zog ihm die Lederhosen aus, stopfte ihn in einen Lazàro-Anzug, plättete seine schamhaarige Frisur und ölte sie pechschwarz, und als RedLight dann einen Juryvorsitzenden brauchte, kriegten sie ihn so gut wie geschenkt. (Für Staffel 2 dann allerdings nicht mehr.)
    Sein Konterfei war grob, hart, nackt. Zerfurcht, zerkerbt. Wenn er sein laut RedLight-   /   Agora-Propaganda »unbestechliches Urteil« fällte, entstanden zusätzlich Schründe. Als söge sich die derbe Haut durch das Vakuum in der Schädelhöhle an deren Knochen fest. Etwaiger Protest des Mobs knüllte darüber hinaus sein Stirnchakra, und dann sah er aus, als eifere er einer Büste von sich selber nach, die er Gerüchten zufolge einem Herrgottsschnitzer in Auftrag gegeben hatte.
    Am authentischsten, menschlichsten war er immer noch in Werbespots. Wenn er sich über Bratwürste und Margarine freute.
    [6]
    Ungefähr 8:20 Uhr. Onno knipste den Fernseher aus, als der Computer mit hypertrophem Generatorengebrumm Arbeitsbereitschaft signalisierte, und begann damit, Stichwörter wie ›Detektiv‹ und ›Ausbildung‹ in die Suchmaschine einzugeben. Zwar hatte er in seiner Lehre zum Bürokaufmann das Zehnfingersystem erlernt. Grundstellung: asdf jklö , und so weiter. Und bis heute nicht vergessen. Selbstverständlich aber war etwa Edda mit ihrem Zwei-Finger-Adler-Suchsystem schneller als er mit seinen zwei Zeigefingern und acht Daumen. Ja, selbst er selbst wäre selbstverständlich schneller mit einem Zwei-Finger-Adler-Suchsystem als mit seinen zwei Zeigefingern und acht Daumen. Doch was ein Onno Viets war, der ließ von Errungenschaften so schnell nicht ab. Und war die Ausübung mühseliger als der Status quo ante.
    Er hatte sich gerade auf der dritten oder vierten Homepage festgeschmökert – Detektei 1a  –, als das Telefon losjodelte. Ungefähr 8:40 Uhr. Auf dem Display stand, soviel nahm er halbbewußt wahr, ›Unbekannter Teilnehmer‹.
    »Nnnjorp?«
    »Queckenborn.« Ein Quäken mit unverkennbar hamburgischem Timbre. Kwäggknboän.
    » … ?«
    »Oder Nick Dolan; wie du willst. Du weißt, wer ich bin? Sprech ich mit der De’ktei Onno Wiets? Die mit Dannewitz zusamm’arbeitet? Den Anwalt?«
    Öff, öff. Du bist aber früh dran, wollte Onno sagen. Sagte aber »das ist korrekt«, so forsch er konnte. Also objektiv mittelforsch, denn sein R rollte nun mal wie ein Käse zum Bahnhof. »Das V spricht man aber wie F. Und natürlich weiß ich, wer Sie sind.« Öff, öff.
    »Ach so«, knödelte die Stimme, »Fiets. Und das bist du persönlich, oder was.« Das ist korrekt, wiederholte Onno und gluckste. Obwohl er die Performance am Vorabend insgesamt gelungener gefunden hatte; frischer, fetter, echter.
    Er beneidete Raimund um seine Fähigkeit, wiewohl die eben nur das eine Objekt betraf. Immer wieder versuchte auch Onno, seine Lieblingsfiguren aus Film und Funk und öffentlichem Leben zu imitieren. Doch wen oder was auch immer er probierte, heraus kam ein zwölfjähriger Onno.
    Früher, wenn er Edda den Blue-Velvet – Hopper machte (»Fühl meine Muskeln! Fühl meine Muskeln!«), brachte er immerhin sie zum Lachen. (Und zwar derart, daß sie Appetit auf grüne Götterspeise bekam, und grüne Götterspeise wirkte aphrodisisch auf Edda.) Später übertrieb er es, und sie verdrehte nur noch die Augen. (Seit sie ihre Kleidergröße zum Tabuthema bestimmt hatte, mußte man ohnedies aufpassen wie ein Schießhund, was man sagte. Neulich etwa hatte es nicht unerheblichen Ärger gegeben, nachdem er aus dem Stegreif eine Cheers – Folge zitiert, indem er sich zu Edda gebeugt und geraunt hatte: »Mondgesicht?

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