Operation Beirut
seines Herzens in der Brust, aber sein Gesicht blieb ausdruckslos.
«Warum sagst du das?», antwortete Fuad.
«Weil es die Wahrheit ist», sagte Jamal.
Sie schwiegen eine ganze Weile.
«Als wir uns in Kairo kennengelernt haben», sagte Jamal, «hast du mir erzählt, dass du ein Mitglied des Kongresses für die Unabhängigkeit der arabischen Kultur wärst. Ich hatte von dieser Organisation noch nie gehört, und so habe ich einen Freund vom ägyptischen Mukhabarat danach gefragt. Der fragte die Russen, und die sagten ihm, dass es sich um eine amerikanische Deckorganisation handelte. Ich fand das interessant, sprach darüber aber nicht mit dir. Warum sollte ich? Ich dachte, vielleicht weiß dieser Junge nicht, was es mit dieser Gruppe wirklich auf sich hat.
Gestern dann erfuhr ich, dass ein alter Palästinenser, von dem jeder weiß, dass er ein amerikanischer Agent ist, sich überall in Fakhani nach der Adresse meines Büros erkundigte. Und deshalb erwartete ich also Besuch. Ich freue mich, dass du es bist – ein Freund – und keiner von diesen miesen Hunden, die die Russen hinter uns herschicken.»
Jamal strich sich eine Strähne seines langen schwarzen Haares zurück die ihm über die Augen gefallen war. Er zog eine Packung Marlboros aus der Tasche seiner schwarzen Lederjacke, bot Fuad eine an und steckte sich selbst eine an.
«Lass uns nicht weiter darüber sprechen», sagte Jamal mit einem Augenzwinkern. «In Beirut arbeitet jeder für irgendjemanden. Warum also nicht für die Amerikaner? Keine Angst. Ich habe meinen Leuten nichts gesagt. Wie sagt doch das ägyptische Sprichwort: ‹Uns gehört das Haus und was darin zur Sprache kommt.›»
Fuad wechselte das Thema. Er sprach über das Wetter. Er sprach über Ägypten. Alles, was ihm so einfiel. Erst nach vielen Stunden stellte er schließlich erleichtert fest, dass man nicht vorhatte, ihn umzubringen.
Als Fuad Rogers von dem Gespräch berichtete, war der Amerikaner wütend über das Sicherheitsleck. Er würde den unfähigen Agenten, der Jamals Adresse in Erfahrung gebracht hatte, Hoffman melden und feuern lassen. Außerdem hielt er Fuad einen Vortrag über verdeckte Ermittlungen.
Je mehr Rogers über das Treffen der beiden nachdachte, desto stutziger machte ihn Jamals Verhalten. Warum sollte ein wichtiger palästinensischer Funktionär, der genau wusste, dass er mit einem CIA -Agenten sprach, mit ihm zum Essen gehen und ihm dann versprechen, Stillschweigen darüber zu bewahren? Warum sollte er von den sonst üblichen Diffamierungen der amerikanischen Nahostpolitik absehen?
Darauf schien es nur zwei Antworten zu geben: Entweder war Jamal ein Provokateur und versuchte, Fuad in eine kompromittierende Lage zu bringen, oder er ermutigte ihn, in Kontakt zu bleiben. Rogers entschied, es sei das Risiko wert, herauszufinden, was von beidem zutraf. Er gab Fuad 5000 Dollar aus der «Eventualitätenkasse» und sagte ihm, er solle in der Nähe des Palästinenserviertels eine Wohnung mieten.
«Wir wollen doch mal sehen, ob Jamal gerne einige neue Freunde hätte», sagte Rogers.
Kapitel 4 Beirut; Oktober 1969
Gegen Ende von Tom und Jane Rogers’ erstem Monat in Beirut rief Sally Wigg, die Frau des Botschafters, an.
«Jane!», sagte die Frau des Botschafters. Sie sprach sehr laut und mit einem Enthusiasmus, aus dem deutlich hervorging, wie viel Vergnügen es ihr bereitete, das Leben der anderen Botschafterfrauen zu organisieren.
«Ja, Mrs.Wigg.»
«Jane! Wir geben am Samstagabend ein Dinner! Wir erwarten Sie beide um acht. Also bis dann.»
Sie legte auf, ohne auf eine Antwort zu warten. Eine Stunde darauf rief eine Protokollsekretärin aus der Botschaft an, um ihr mitzuteilen, dass es sich um ein förmliches Abendessen handele.
Jane Rogers war eine gescheite Frau. Sie hatte eine gute Privatschule besucht und anschließend das College in Mount Holyoke. Sie wusste, dass sich die Welt für einen Augenblick zu drehen aufhörte, wenn in einem Außenposten wie Beirut die Frau des Botschafters rief. Also tat sie das einzig Vernünftige. Sie ging los und kaufte sich bei einem edlen Designer in der Rue Hamra ein neues Abendkleid.
«Ein Präventivschlag», sagte Rogers, als Jane ihm von der Einladung erzählte.
Rogers, der Botschaftern und deren Ehefrauen zutiefst misstraute, klaubte resigniert die Mottenkugeln aus seinem Smoking. Er hatte ihn vor gut zehn Jahren gekauft, als er das Ausbildungsprogramm der CIA abgeschlossen hatte. Ein Freund hatte ihm gesagt, ein
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