Operation Beirut
hatten am Tag der Münchner Operation einen ungewöhnlich starken Funkverkehr zwischen dem Hauptquartier der Fatah in Beirut und einem Transmitter in Ost-Berlin notiert. Die Analytiker versuchten noch immer den Code zu knacken und die Nachrichten zu entschlüsseln. Eine Arbeitshypothese hatten sie jedoch bereits: Ost-Berlin hatte der Fatah für diese Operation als Kommandoposten gedient. Jemand hatte die Show von dort aus geleitet.
Die Israelis baten die Westdeutschen um die Namen all jener, die während des vorangegangenen Monats mit arabischen Pässen von West-Berlin aus nach Ost-Berlin gereist waren. Die Liste landete auch prompt auf Levis Schreibtisch. Unter Hunderten von Namen und Nummern zog einer Levis Aufmerksamkeit auf sich wie ein rotes Tuch. Es handelte sich um einen algerischen Pass, ausgestellt an einen gewissen Chadli bin Yehiya. Ein rascher Blick in die Akten bestätigte, dass der gleiche Name und die gleiche Passnummer schon früher von Jamal Ramlawi benutzt worden waren.
Levi übermittelte seine Berichte den Chefs, die jetzt tägliche Besprechungen abhielten, um ihre Antwort auf München zu planen. Sie versammelten sich jetzt nicht mehr in einem sonnigen Konferenzzimmer an der Straße nach Herzliya, sondern in einem finsteren Kommandobunker unter den Straßen von Tel Aviv. Im Dunkeln bereiteten sie sich darauf vor, einen Krieg im Schatten zu führen.
Drei Tage nach dem Massaker feierte man Rosch ha-Schana, das jüdische Neujahr. Es war das Ende des 5732sten Jahres in der Geschichte des jüdischen Volkes. «Wer wird leben und wer wird sterben?», fragte das traditionelle Rosch-ha-Schana-Gebet. «Wer durch das Feuer, wer durch das Schwert?» Der israelische Präsident hielt eine Neujahrsansprache, um den Beginn des Jahres 5733 zu markieren. Er sprach von der Tragödie in München. «Dem Gewissen der ganzen Welt schreien wir entgegen: ‹Lasst keine Ruhe sein, bevor dieser böse Arm nicht abgehackt ist!› Den Hinterbliebenen – Eltern und Frauen und Kindern, Freunden und Kollegen – sagen wir: ‹Die verwundeten Herzen der ganzen Nation fühlen mit euch. Wie können wir euch trösten?›» Die Knesset lieferte eine einfache Antwort, als sie eine Woche nach München zusammentrat: Vergeltung.
Das israelische Parlament verabschiedete eine Resolution, welche Terroristen zu «Feinden der Menschheit» erklärte, und schwor, «beharrlich gegen terroristische Organisationen, ihre Basen und all jene vorzugehen, die sie unterstützten, bis diesen kriminellen Aktivitäten ein Ende gemacht wäre». Auf die Bedeutung dieser undurchsichtigen Sprache wurde in einer Meldung des militärischen Korrespondenten der
Jerusalem Post
hingewiesen, in der es hieß: «Man erwartet von Israel, dass es den Terroristen auf ihrem eigenen Terrain entgegentritt, um die wachsende Flut des Terrors zu bekämpfen; mit Hilfe von Taktiken, die sowohl unkonventionell als auch von vernichtender Wirkung sind.»
Mit anderen Worten: Israel griff im Krieg gegen den Terror zu den Waffen seiner Feinde.
Kapitel 37 Tel Aviv; Oktober 1972
Im Oktober, einen Monat nach München, reiste der Direktor der CIA in den Nahen Osten. Die Reise war schon lange geplant gewesen, aber das Problem des Terrorismus verlieh ihr ein schärferes Profil. Das Gleiche galt für die Ankündigung, die Mitte September aus dem Weißen Haus kam und der zufolge der Präsident ein hartes neues Anti-Terror-Programm beschlossen hatte. Der Direktor hätte nicht sagen können, worum es dabei ging. Er merkte nichts davon, dass der Präsident tatsächlich eine neue Politik gegenüber dem Terrorismus hatte; und genau genommen hatte er auch nichts von einer alten bemerkt. Nichtsdestoweniger besaß er genug gesunden Menschenverstand, um dem Präsidenten – streng vertraulich – eine Kopie seiner Reiseroute vorzulegen, mit der Notiz: «Hoffe auf meiner Reise Unterstützung für unser neues Anti-Terror-Programm zu finden.»
Diese Reise war der erste Besuch eines amtierenden CIA -Direktors in Israel. Ein Zwischenstopp in Tel Aviv war mit Rücksicht auf die Sensibilität, um nicht zu sagen Paranoia, der arabischen Geheimdienste nie ratsam erschienen. Der Direktor hatte sich gesagt, zum Teufel mit der arabischen Sensibilität, und hatte eine Reise vorbereitet, bei der Aufenthalte in Jordanien, Israel und dem Libanon eingeplant waren. Damit durfte er wohl durchkommen. In der arabischen Welt betrachtete man diese Länder als hundertprozentige Tochtergesellschaften der CIA .
Der
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