Operation Beirut
Mr.Rogers. Sie wissen, was das für eine Liste ist.»
«Lassen Sie mich mal eines klarstellen», sagte Rogers. «Sie wollen mir also mitteilen, dass die neue israelische Regierung mit dem Gedanken spielt, Jamal Ramlawi zu beseitigen?»
Levi sagte nichts. Sein Gesicht lief rot an. Er nickte kaum merklich.
«Und warum erzählen Sie mir das?»
«Weil ich dachte, es würde Sie interessieren.»
Levi sah Rogers an, der die ganze Unterhaltung über besonnen geblieben war und sich jedes Wort hatte aus der Nase ziehen lassen. Er wollte ihn bei den Schultern packen und schütteln: Sag es! Sag es! Sag nein! Sag, dass wir ihn nicht umbringen dürfen, weil er euer Mann ist! Sag, dass ihr ihn lebend braucht! Sag es einfach! Das ist alles, was wir verlangen!
Aber Rogers sagte nichts. Er ging ungefähr eine Minute lang schweigend weiter, sein Gesicht völlig regungslos, in Gedanken verloren. Schließlich meldete er sich wieder.
«Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen», sagte er. «Sagen Sie das bitte Ihren Kollegen daheim in Tel Aviv. Sagen Sie ihnen, dass Tom Rogers keine Ahnung hat, wovon hier die Rede ist.»
«Meinetwegen», sagte Levi. Er machte einen niedergeschmetterten Eindruck. Er hatte versagt.
«Es ist Zeit, dass wir wieder umkehren», sagte Rogers. «Wir haben noch die Kanadier mit ihren Separatisten in Quebec vor uns.»
Sie überquerten ein zweites Mal den Trafalgar Square und gingen schweigend die Whitehall hinauf. Rogers zündete sich eine weitere Zigarette an. Dieses Mal bot er dem Israeli keine an. Als sie sich dem Auswärtigen Amt näherten, entschuldigte sich Rogers und setzte sich auf eine Bank auf dem Parliament Square. Er hatte ein ungutes Gefühl in der Magengegend; ein Gefühl, wie man es verspürt, wenn man sich an ein Versprechen erinnert, das man vor langer Zeit einmal gegeben und fast wieder vergessen hatte. Rogers ließ in Gedanken seinen Terminplan für die nächsten paar Wochen vorüberziehen und stellte fest, dass er einige Tage abzweigen könnte, um einige alte Freunde in Beirut zu besuchen.
Kapitel 43 Beirut; Oktober 1978
Fuad saß in seinem Hotelzimmer; er wartete auf Rogers. In Gedanken sprach er ein Gebet; nicht auf dem Boden und mit dem Gesicht gen Mekka, sondern vor dem Spiegel stehend, in einem T-Shirt. Fuad fehlte seine alte Wohnung, aber was konnte er tun? Sie existierte nicht mehr; sie war einem verirrten Artilleriegeschoss aus dem christlichen Ost-Beirut zum Opfer gefallen. Rogers kam! Das war ein großes Ereignis. Man hatte Fuad nicht mitgeteilt, warum er kam, aber dieser Tage sagte ihm niemand mehr etwas. Sie sagten nur, dass Rogers wegen einer kurzen Mission nach Beirut kam und dass er sich gleich nach seiner Ankunft mit Fuad treffen wollte. Was konnte das bedeuten? Fuad hoffte, es hätte nichts mit Camp David zu tun, das in West-Beirut bereits zum Schimpfwort geworden war.
Einige Minuten nach acht Uhr morgens sah Fuad in der Ferne eine vertraute Gestalt auftauchen. Es war Rogers; unverwechselbar. Groß und schlank; das Haar wehte leicht im Wind; sein Gesicht war zugleich konzentriert und gleichgültig. Rogers näherte sich Fuads Hotel. Er trug einen grauen Flanellanzug, ein blaugestreiftes Hemd mit offenem Kragen und ein Paar Cowboystiefel. Für Fuad sah er zerknittert und alterslos aus; wie eben Amerikaner so aussahen. Auf seinem Gesicht hatte er eine Art Lächeln und einen geistesabwesenden Ausdruck. Als er das Hotel betrat, verschwand er aus Fuads Gesichtsfeld.
Fuad lauschte auf Rogers’ Schritte. Er kannte dieses Geräusch auswendig von Hunderten von Treffen in konspirativen Wohnungen und Hotelzimmern. Rogers würde die Treppe nehmen, nicht den Aufzug, um sicherzugehen, dass niemand mitbekam, in welchen Stock er wollte. Der Tritt seiner Schuhe würde verstummen, wenn er oben an der Treppe angelangt wäre, weil er sich umsehen würde; dann würde er einige Schritte weiterschlendern, um schließlich schneller zu gehen. Dann ein leises Klopfen an der Tür und die Codeworte.
Es klopfte.
«Bin ich zu früh dran?», sagte eine Stimme auf der anderen Seite der Tür.
«Nein, Sie kommen auf die Minute pünktlich.»
Der Amerikaner trat in das Zimmer, schloss hörbar die Tür hinter sich, um sie dann gleich wieder einen Spaltbreit zu öffnen; er wollte sichergehen, dass man ihm nicht gefolgt war. Der Flur war leer. Die beiden Männer umarmten einander, tauschten auf Arabisch Höflichkeiten aus und boten einander Zigaretten an.
«Sie sind zurückgekommen!», sagte
Weitere Kostenlose Bücher