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Operation Beirut

Operation Beirut

Titel: Operation Beirut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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bei Ihrer Tochter durchgeführt», sagte Dr.Fawzi feierlich. «Lassen Sie mich Ihnen die Möglichkeiten erklären, die für ihre Symptome verantwortlich sein könnten.
    Die einfachste Erklärung ist, dass sie einen Rückfall in ihrer Entwicklung durchmacht. Das kommt bei Kindern manchmal vor. Manche laufen nicht, bevor sie nicht drei oder vier Jahre alt sind, aber als Erwachsene geht es ihnen durchaus gut. Ziemlich gut. Es könnte sich also um ein vorübergehendes Problem handeln, das wieder verschwindet.»
    Jane atmete tief ein. Rogers versuchte sich gegen das zu wappnen, was noch kam.
    «Es gibt noch andere Möglichkeiten», sagte Dr.Fawzi.
    «Und die wären?», fragte Rogers.
    «Nun, lassen Sie mich sehen», sagte der Doktor, um Zeit zu gewinnen. Wie vielen Arabern war es auch ihm zuwider, schlechte Nachrichten zu überbringen.
    «Der Möglichkeiten sind da einige. Zu ihnen gehört Polio. Was selbstverständlich heutzutage heilbar ist.»
    «Amy ist geimpft worden», sagte Rogers.
    «Ja, natürlich», sagte der Doktor. «Das schließt Polio aus.»
    «Was sonst noch?», fragte Rogers.
    «Nun, in Fällen wie diesem, in denen unerklärliche motorische Störungen auftreten, können wir nicht einige der ernsteren Krankheiten ausschließen.»
    «So wie?», drängte ihn Rogers.
    «Eine Dystrophie der Muskeln», sagte der Doktor. Jane erschauerte.
    «Was sonst noch?», fragte Rogers.
    «Ein Tumor», sagte der Doktor.
    «Ein Gehirntumor?»
    «Ja, es könnte ein Gehirntumor sein. Möglicherweise.»
    Jane sah aus, als würde sie in Ohnmacht fallen.
    «Wie steht es mit irgendetwas Ansteckendem?», fragte Rogers. «Oder vielleicht hat sie etwas gegessen.»
    «Ich glaube nicht, dass das sehr wahrscheinlich ist», sagte der Doktor rasch. «Nicht im heutigen Nahen Osten. Diese Dinge kommen wirklich viel häufiger in Asien oder Afrika vor als in der arabischen Welt.»
    Wenn er jetzt an die eitle und defensive Haltung des Doktors dachte, überkam Rogers von Neuem der Zorn.
    Mit Amy wurde es immer schlimmer. Dr.Fawzis Verhalten wurde von Tag zu Tag feierlicher. Die Symptome, so sagte er, ließen auf ein schwerwiegendes neurologisches Problem schließen. Sie fragten Freunde in der Botschaft, was sie tun könnten, aber niemand hatte einen brauchbaren Vorschlag. Dr.Fawzi war immerhin jedermanns bevorzugter Kinderarzt.
    Rogers hatte sich lang selbst die Schuld gegeben.
    In seiner Verzweiflung war er in das örtliche Krankenhaus in Muskat gegangen. Er sah sich die Namen der hier praktizierenden Ärzte an und fragte, wo sie ihre Ausbildung gemacht hatten. Schließlich trieb er einen jungen Omani auf, Dr.Tayib, der sein Studium in Amerika, an der Universität von Boston, absolviert hatte. Er suchte den jungen Mann auf, stellte sich als Beamten der Amerikanischen Botschaft vor und erklärte, was mit seiner Tochter passierte. Ob er bereit wäre, ihn nach Hause zu begleiten, um sie sich anzusehen, fragte Rogers.
    Dr.Tayib kam noch am gleichen Abend. Er war ein reservierter junger Mensch, Sohn eines omanischen Armeeoffiziers, der beim Studium sehr gut abgeschnitten hatte. Es war schwierig, in der arabischen Welt Medizin zu praktizieren, sagte er, da selten jemand ehrlich mit seinen Symptomen war.
    Er untersuchte die Kleine. Es gab neurologische Probleme, kein Zweifel, sagte er. Aber es gab da eine relativ einfache Möglichkeit. Hatte der andere Doktor sie erwähnt?
    «Was denn für eine?», fragte Rogers.
    «Larva migrans in den Eingeweiden», sagte der Doktor.
    «Was ist das?», fragte Jane.
    «Spulwürmer», sagte Dr.Tayib. «So nennt man sie im Allgemeinen. Sie fressen sich in das Gewebe und können monatelang am Leben bleiben, ja sogar jahrelang. Wenn man sie nicht behandelt, können sie ins Gehirn wandern. Das ist es, was im Moment bei Ihrer Tochter passieren könnte.»
    «Wie könnte sie sich die geholt haben?», fragte Jane.
    «Normalerweise bekommt man sie, indem man Dreck isst», sagte der Doktor.
    «Dreck?», fragte Rogers.
    Dreck. Der Dreck des Nahen Ostens, dieser unfruchtbaren, düsteren Gegend, in der Rogers freiwillig sein Leben verbrachte.
    «Spielt sie manchmal draußen?», fragte der Doktor.
    «Ja», sagte Jane.
    «Und kommen an die Orte, wo sie spielt, auch oft Hunde?»
    «Ja», sagte Jane. «Sie sucht sie immer. Sie hat Hunde sehr gerne.»
    «Und besteht die Möglichkeit, dass diese Hunde dort, wo sie spielt, defäkiert haben?»
    «Ich nehme es an», sagte Jane.
    «Möglicherweise ist das die Erklärung», sagte der

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