Operation Beirut
geschriebene Gebete. Levi schämte sich. Hier einen toten Briefkasten einzurichten war nicht seine Idee gewesen, sondern der Vorschlag eines Agenten, den er nie zu Gesicht bekommen hatte.
Levi hinterließ ein kleines Stück Papier unter der rechten Kante der Terrakottastatue. Es handelte sich um eine handgeschriebene Notiz, die Uhrzeiten, Tage und Orte angab.
«24. September, Paris 10:00.» 24. September: der Tag, an dem der Flug von Paris nach Tel Aviv abging.
«8. Oktober, 9:15.» Der Rückflug von Tel Aviv nach Paris.
«331–74–26–85.» Die Nummer der Israelischen Botschaft in Paris, die im Falle eines Notfalls anzurufen war.
Levi sah auf seine Uhr. Es war genau 11:25. Er sah noch einmal über die Schulter und bekreuzigte sich dann, für den Fall, dass ihn jemand beobachtete. Er kam sich lächerlich vor: Ein Jude, der sich an einer staubigen Straße in einem arabischen Land vor einem katholischen Kultbild bekreuzigte. Es war einfach zu absurd. Er setzte seinen Weg fort und kam schließlich wieder in Jounie an, rechtzeitig für seine geschäftliche Verabredung.
Der israelische Nachrichtenoffizier hatte bei dem Heiligenbild am Wegrand eine Botschaft für einen Kontaktmann hinterlassen, der, wie man ihm gesagt hatte, aktiv in der maronitischen Kirche tätig war. Bei der Nachricht handelte es sich um die Kurzfassung der Route für eine Reise nach Israel, die der Kontaktmann in zwei Monaten machen sollte. Die Reise war auf einer Ebene der israelischen Regierung arrangiert worden, die weit über Levi lag. Als offiziellen Grund der Reise würde man den Besuch der Handvoll maronitischer Institutionen angeben, die es in Israel immer noch gab. Aber der maronitische Geistliche sollte auch anderen Zusammenkünften beiwohnen: Er sollte sich mit einer ganzen Reihe israelischer Regierungsbeamter treffen. Es war ein vielversprechendes Zeichen, sagten sich die Leute vom Mossad untereinander, dass der maronitische Priester die Kontakte geheim halten wollte. Das bedeutete nämlich, dass er etwas zu verbergen hatte. Was wiederum hieß, dass er es ernst meinte.
Um die Mittagszeit erschien eine einsame Gestalt auf der staubigen Straße am Olivenhain. Sie trug eine schwarze Kutte, und um ihren Hals hing ein goldenes Kruzifix. In der Hand trug sie ein Brevier, auf dem in Gold ein Name eingeprägt war: «Père Maroun Lubnani – L’Université du Saint-Esprit de Kaslik». Der Priester ging auf die Kultstätte zu, nahm einen der Zettel an sich, sprach ein kurzes Gebet, und nachdem er ein Kreuzzeichen gemacht hatte, drehte er sich um und ging auf demselben Weg wieder zurück.
In jenem Sommer gab es einen wahren Schneesturm von Depeschen aus Langley; so viele, dass Rogers es schließlich aufgab, sie alle zu lesen. In Jordanien brach die Hölle auf. Anfang Juni hatten palästinensische Kommandos aus dem Hinterhalt die Wagenkolonne des Königs beschossen und ihn beinahe erwischt. In ganz Amman waren daraufhin schwere Kämpfe ausgebrochen. Am nächsten Tag hatte die Volksfront zur Befreiung Palästinas das Hotel Intercontinental gegenüber der Amerikanischen Botschaft gestürmt und dort mit Waffengewalt 38 Geiseln festgehalten.
Die Krise ging vorüber, aber die Amerikaner verzweifelten immer mehr. Der König schien gelähmt oder zumindest nicht gewillt, der jordanischen Armee den Befehl zu geben, die Guerillas zu vernichten. Im neuen jordanischen Kabinett war angeblich eine Mehrheit für die Fedajin. Es gingen Gerüchte um, der Alte Mann treffe sich offen mit führenden jordanischen Politikern, um sie auf ihre Bereitschaft hin abzuklopfen, in einer PLO -Regierung Premierminister zu werden, wenn die Kommandos das haschemitische Regime erst einmal gestürzt hätten. Das Hauptquartier der CIA war mehr denn je versessen darauf, einen Agenten aus der Spitze der Fatah zu rekrutieren. Marsh selbst hatte die Kontrolle über eine Operation übernommen, die das Ziel hatte, Jamal nach dem versiebten Treffen in Kairo doch noch zu rekrutieren. Er würde sich selbst – höchstpersönlich! – mit dem Palästinenser treffen und die Angelegenheit in Ordnung bringen.
Marsh kabelte Hoffman Anfang Juli die Details seines geplanten Treffs mit Jamal. Das Rendezvous sollte in einem Hotel in Rom stattfinden. Zur Unterstützung sollte der Palästinenser von einem Agenten der Beiruter Station begleitet werden. Nach dem Treff in Rom, bei dem erst einmal die Kontrolle sichergestellt werden sollte, würde dann ein neues Arrangement in Kraft
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