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Operation Blackmail

Operation Blackmail

Titel: Operation Blackmail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
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kauften ein oder joggten um den Block. Mehr als
genug Optionen für den einen gezielten Schuss, der ihm ausreichen würde.
    Zehn Minuten später erhob sich Leonid, er hatte genug gesehen. Aus
dem Briefkasten eines Mehrfamilienhauses lieh er sich eine aktuelle Ausgabe von La Repubblica, klemmte sie unter den Arm und machte
sich auf den Weg in Richtung Norden, wo zwei Straßenecken weiter die Viale
Giovanni Gozzadini abzweigen würde. Seinen detaillierten Stadtplan von Bologna
hatte er bereits heute Nacht an einer Tankstelle erworben, die nähere Umgebung
seines Zielorts kannte er mittlerweile wie seine Westentasche.
    Wenig später erreichte er das Stadthaus: eine stattliche Villa, die
früher einmal eine Kirche oder ein Kloster gewesen sein musste, das verriet die
kleine Glocke, die in einem Türmchen eingepfercht saß. Leonid drückte sich in
einen Hauseingang gegenüber und musterte das steinerne Gebäude, die Fenster
waren dunkel, die Bewohner schliefen noch. Er steckte sich eine Zigarette an
und sah sich nach einem möglichen Scharfschützennest um. Auf dem Stadtplan
hatte er bemerkt, dass die Straße an einen Park grenzte, aber der war eher ein
kultivierter Lustgarten, der Baumbestand alt, aber sporadisch und die Wege
großzügig. Später würden hier sicher Mütter ihre Kinderwagen vor sich her
schieben und alte Herren Tauben füttern. Keine guten Voraussetzungen, um mit
seinem Gewehr von einem Baum zu klettern und unerkannt zu entkommen. Außerdem
hätte er von dort nur einen Teil des verwinkelten Gebäudes im Blick, dessen
Raumaufteilung er nicht kannte. Sein Gehirn arbeitete fieberhaft:
Durchschlagskraft, Flucht, er verwarf einen Plan nach dem anderen: ein Dach
gegenüber? Flucht unmöglich. Ein Anschlag auf seinen Wagen? Zu unsicher.
Mittlerweile war es fast 6 Uhr morgens, ihm blieb keine Zeit mehr. Noch einmal
zog er an seiner Zigarette und trat sie aus. Er hatte seine Entscheidung
getroffen, sein Puls beruhigte sich, der Profi gewann wieder die Oberhand. Ein
letztes Mal warf er einen prüfenden Rundblick auf die umstehenden Häuser,
konnte jedoch nirgends Aktivität entdecken. Er entnahm seiner Westentasche
einen kleinen Dietrich und überquerte die Straße.
    Paolo di Bernadini wurde um 6:15 Uhr unsanft von seinem
Wecker aus dem Schlaf gerissen. Durch seinen Schädel galoppierten fünf
Rennpferde um die Wette, der Empfang zum Gedenken an die Künstlerin Elisabetta
Sirani hatte in einem feuchtfröhlichen Gelage der Bologneser Oberschicht
geendet. Er hatte mit einer zehnköpfigen Gruppe um den Bürgermeister, der
berüchtigt für seine Exzesse war, bis um 3:00 Uhr früh Rotwein und Schlimmeres
in sich hineingekippt. Frustriert versuchte er, die Rennpferde mit einem großen
Glas Wasser und drei Aspirin zu zähmen, die er sich in weiser Voraussicht
gestern Abend auf dem Nachttisch zurechtgelegt hatte. In Zeitlupe schwang er
seine Beine aus dem hohen Bett und tippte mit den Zehenspitzen nach dem
Fußboden. Als seine Füße endlich festen Halt gefunden hatten, wankte er
unsicheren Schrittes Richtung Badezimmer, wo er den Wasserhahn so kalt wie
möglich aufdrehte und sein Gesicht wusch. Er kämmte sich mit nassen Fingern
notdürftig die Haare und zog einen lilafarbenen Morgenmantel an. Er war ein
Geschenk von Clara, seiner momentanen Geliebten, die er so wunderbar stürmisch
fand. Dass sie wahrscheinlich nur an seinem Geld interessiert war, kümmerte ihn
nicht, im Gegenteil. Für ihn bedeutete ihre finanzielle Abhängigkeit erst den
sexuellen Kick. Er schäumte seine Wangen mit einem altmodischen Pinsel ein und
begann sich zu rasieren, als er ein klickendes Geräusch hörte. Was für ein
Glück, dass sie heute früh dran ist, freute er sich über die Ankunft seiner
Haushälterin. Nachdem er den letzten Schaum mit einer geraden Bahn des
Rasierers von seinem Kinn gekratzt hatte, tupfte er mit einem flauschigen
Handtuch über die frisch rasierte Haut. Die Dusche würde warten müssen, er
brauchte erst einmal einen Kaffee, den sie sicher schon auf dem Herd stehen
hatte. Mit immer noch dröhnendem Schädel lugte er um die Ecke ins Treppenhaus
und rief: »Maria? Bringen Sie mir bitte einen Kaffee nach oben?« Als er keine
Antwort erhielt, machte er sich seufzend auf den Weg nach unten Richtung Küche.
»Maria?«, versuchte er es noch einmal, während er um die Ecke bog.
    Dann

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