Operation Cyborg
Markenartikel, die offenbar aus den USA und China den Weg zu ihren Käufern finden sollten.
Da fast jeder befallene Rechner eine modifizierte Version von Tacker.C beheimatete, verhielten diese sich bei der Vorgehensweise, den heruntergeladenen Adressen und Mails unterschiedlich, was es den Providern und den weltweit involvierten Behörden erschwerte, der Flut von Spammails Herr zu werden und den weiteren Versand zu unterbinden. In enger Zusammenarbeit zwischen dem amerikanischen FBI, dem russischen Geheimdienst FSB und dem deutschen BKA schaffte man es zwar, noch in der Nacht zum 10.07. einige der involvierten 'Content Server' aufzutreiben und abzuschalten. Doch natürlich waren die Protokollfunktionen der Server deaktiviert, so daß sich keine Spur zu Severin zurückverfolgen ließ.
In einem der Rechenzentren aber hatte man Glück. Dort ließ sich eine IP-Adresse ermitteln, die bei der Aktivierung und Präparation der Tacker.C Server eingesetzt wurde. Diese IP-Adresse war zwar über verschiedene Proxy Server getunnelt worden, aber man schaffte es dennoch, sie in das vermeintliche Heimatland von Severin zurückverfolgen: Deutschland. Dieser Umstand brachte wiederum das BKA nicht wenig in Erklärungsnot. Der Druck, den man von offizieller Seite begann, auf Lang und seine Truppe auszuüben, nahm spürbar zu.
Lang ließ sich davon nicht beirren. Sie waren sich schon länger sicher, Severin operierte aus Deutschland. Außerdem hatten seine Leute bereits vermutet, daß Tacker.C via 'Content-Server' gefüttert werden könnte, um Spam zu verschicken. Also hatten sie Vorkehrungen getroffen. Die hektische Nacht, die sie hinter sich gebracht hatten, ließ neue Zuversicht in ihm keimen. Er glaubte, der unzureichend präparierte 'Content-Server' sei ein erstes Anzeichen dafür, daß ihr Gegner unvorsichtig wurde. Trotzdem konnte er nicht anders, als Severin insgeheim Respekt zu zollen. Hier war kein sogenanntes 'Script-Kiddie' am Werk, das aus Langeweile Unsinn machte. Sie hatten es in diesem Fall mit einem äußerst versierten Programmierer zu tun. Lang war trotzdem zuversichtlich: Sie würden ihn eines Tages schnappen können.
Irgendwann machten diese Typen alle mal einen Fehler. Und dann würde er da sein und den Kerl an den Eiern aus seinem Bau schleifen. Er hoffte nur, dies würde schnell geschehen, denn das sogenannte 'Botnetz', das Severin mit seinen Tacker.C verseuchten Zombies unter Kontrolle hatte, stellte eine ständige Gefahr dar. Sollten diese geschätzten 10 Millionen befallenen Rechner einmal für Attacken gegen Netzwerke genutzt werden, würden sie unglaublichen Schaden anrichten können.
Lang saß in seinem Büro und klappte die Akte Severin zu. Der Köder war gelegt und schließlich hatte er auch noch andere Arbeit auf dem Tisch. Er legte die Akte griffbereit zur Seite und nahm ein anderes Dokument aus seinem Posteingang. Bevor er es jedoch durchlas, fiel sein Blick nochmal auf die Akte Severin.
Ich kriege dich schon noch, dachte er grimmig, dann konzentrierte er sich endlich auf sein weiteres Tagesgeschäft.
*
Es war bereits nach halb Zwölf, als Pedersen ungeduldig an der Eingangstür der Hausnummer 30b klingelte. Tom hatte sich nicht zurückgemeldet. Wahrscheinlich hatte diese Nina seinen Anruf nicht ausgerichtet. Immerhin hatte er Tom aufspüren können und zwar einen Tag bevor das Unglück geschehen sollte. Sie waren sich nicht sicher gewesen, ob Telefonnummer und Adresse – oder sonst eine Begebenheit – überhaupt noch stimmen würden, sobald er durch seinen Zeitsprung möglicherweise eine neue Zeitlinie eröffnet haben würde. Aber die Informationen schienen, noch ihre Gültigkeit zu haben. Sogar die Hausnummer stimmte.
Ohne abzuwarten, bis der Türöffner summte, drückte Pedersen gegen die Tür. Sie öffnete sich sofort und er betrat das Treppenhaus. Tom wohnte Parterre. Er stieg eilig die paar Stufen zur Wohnungstür hinauf.
In der geöffneten Wohnungstür erwartete ihn ein junges, etwas wunderlich aussehendes Mädchen. Pedersen runzelte unsicher die Stirn. Das Mädchen sah ihn fragend an und musterte ihn dabei auf eine Weise, die Pedersen fast schon unangenehm war.
»Ich wollte eigentlich, zu Tom Sanders«, sagte er unbeholfen. »Ich bin Magnus«, schob er noch schnell nach.
»Und ich bin Nina. Wir haben dann wohl vorhin telefoniert«, antwortet das Mädchen. Ihr Tonfall verriet, wie wenig sie erfreut war, daß er persönlich hier auftauchte.
»Oh ja. Hallo Nina. Hast du Tom
Weitere Kostenlose Bücher