Operation Macho
kannst!“ Mit dem Zeigefinger deutete er nach oben.
„Gestatte mir, dich von dieser Terrasse zu erheben und in den Bach zu senken.“ Tony sprang nach vorn. Mit einem kräftigen Ruck warf er sich Calvin über die Schulter.
Entsetzt sah Lynn, wie Tony schwankend durch ein kleines Tor zum Bach hinunterging, während Calvin wie am Spieß schrie. Tony watete bis zur Bachmitte und ließ Calvin wie einen Sack fallen. Dann drehte er sich um und kam zum Ufer zurück.
„Jetzt habe ich mein Kaugummi verschluckt!“, beklagte sich Calvin.
„Wirklich schade“, antwortete Tony, ohne sich umzudrehen.
Calvin drohte ihm fürchterliche Dinge an.
„Komm schon, mein Bienchen.“ Tony legte Lynn einen Arm um die Schultern. „Machen wir die Biege.“
Das hielt sie auch für eine gute Idee. Calvins wildes Fluchen und Planschen und das Quietschen von Tonys nassen Schuhen waren die einzigen Laute, während sie zwischen den sprachlosen Frühstücksgästen hindurch die Terrasse verließen.
„Zeit für eine Spritztour“, meinte Tony und steuerte den Parkplatz an.
Dieser Vorschlag gefiel Lynn noch besser. Ein ausgedehnter Ausflug erschien ihr jetzt sehr angebracht. „Er hat irgendetwas davon gesagt, dass er dich verklagen will“, sagte sie. „Glaubst du, er macht das?“
Tony lächelte nur. „Denkst du das wirklich? Er hat dich vor Zeugen in Verlegenheit gebracht. Vor Gericht würde ich ihn zu Kleinholz verarbeiten.“
„Aber er weiß nicht, dass du Anwalt bist.“
„Das wird er schon herausfinden, wenn er mich verklagt, doch soweit wird es gar nicht kommen. Er hat einen Ruf zu verteidigen, und für seine Seminare wäre es sehr nachteilig, wenn bekannt wird, dass er im Bach gelandet ist, weil er zu hartnäckig nach Kunden gesucht hat. Sobald er sich beruhigt, wird ihm das auch klar werden.“
„Ich kann es gar nicht fassen, dass du, ein angesehener Anwalt, gerade jemanden in den Oak Creek geworfen hast.“
Tony lachte. „Das kann ich auch kaum glauben, aber es passt ausgezeichnet zu deinem Verlobten. Tony, der Tiger, würde niemals zulassen, dass jemand, der solche Äußerungen wie Calvin von sich gibt, ungeschoren davonkommt. Und ehrlich gesagt, es hat mir Spaß gemacht. Genau wie früher.“ Nachdem er ihr ins Auto geholfen hatte, stieg er selbst ein und schloss die Tür.
Lynn sah ihm in die Augen. „Tony, ich fange an, mir Sorgen um dich zu machen. Anscheinend hast du viel zu viel Spaß.“
„Keine Bange.“ Er schob die Sonnenbrille bis zur Nasenspitze und blickte Lynn über den Rand hinweg an. „Ich weiß genau, was ich tue.“
In erster Linie wollte Tony mit Lynn allein sein. Er hatte sich ein ruhiges Wochenende mit ihr allein in dem Häuschen ausgemalt, doch sie waren kaum eine Stunde ungestört gewesen.
„Jetzt hast du gar kein Frühstück bekommen“, stellte er fest, als sie losfuhren.
„Das macht nichts. Nur nach Kaffee sehne ich mich.“
„Gute Idee. Den könnte ich jetzt auch brauchen.“ In Sedona wollte er in keines der Restaurants gehen. Bei seinem Glück trafen sie Jeff dort. Dann entdeckte er den Wegweiser zum Flughafen. Sicher gab es dort eine Cafeteria.
„Zum Flughafen?“, fragte Lynn, als Tony von der Hauptstraße abbog und einen Hügel hinauffuhr. „Willst du die Stadt verlassen?“
„Nein, aber da gibt es bestimmt Kaffee, und ich will im Moment niemandem begegnen, den wir kennen. Anscheinend wirken wir wie Magneten auf alle Verrückten dieser Erde. Erst Jeff, der Guru und dann auch noch Calvin, der lächelnde Weltverbesserer.“
Lynn lachte. „Vielleicht schämst du dich auch nur meinetwegen, weil ich in diesem Kleid herumlaufe.“
Er sah kurz zu ihr und schwieg einen Moment, damit sie merkte, dass ihm die Antwort wichtig war. „Mit dir würde ich mich niemals schämen, egal, was du anhast.“
Sie errötete leicht. „Danke sehr.“
Das war auch ein Grund, weshalb er mit ihr allein sein wollte. Sie musste erfahren, was er für sie zu empfinden begann.
Lynn sah flüchtig zu ihm und heuchelte dann großes Interesse an der Landschaft rings umher. „Wo liegt denn dieser Flugplatz? Oben auf dem Berg?“
„Schon möglich. Ich war noch nie dort.“
„Ich auch nicht. Sicher ist er nur für kleine Privatmaschinen bestimmt.“
„Wahrscheinlich. Na, dann sind wir ja auf jeden Fall ungestört.“ Tony blickte auf das von roten Felsen gesäumte grüne Tal mit der Stadt, das sie hinter sich ließen. „Der Ausblick ist wirklich atemberaubend.“
„Da hast du recht.“
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