Operation Ocean Emerald
in der Maschine zurückzulassen, damit er mit ihr abstürzte?
40
Achthundert Kilometer von der Maschine der Entführer entfernt flog eine ungekennzeichnete Yak der russischen Luftwaffe, die in Kaliningrad gestartet war.
Im hinteren Teil der Maschine saßen Timo und Kowalenko einander auf Einzelsitzen gegenüber; Timo stand in Kontakt mit dem Einsatzzentrum der TERA in Brüssel, wo die internationale Polizeizusammenarbeit zur Festnahme der Entführer organisiert wurde. In der Maschine flogen weitere russische Beamte mit, obwohl man sich zu Timos Erleichterung nun außerhalb deren Handlungsbereich befand. Der Landeplatz der Entführer würde den Ausschlag dafür geben, mit welchem Land die Zusammenarbeit weitergehen würde.
Der Hintergrund von Delacroix und seinen Helfershelfern war inzwischen so gründlich wie möglich geklärt worden. Die vom Schiff aus vorgenommenen Belastungen der Kreditkarten hatten man bis zu den Kaiman-Inseln nachvollziehen können, aber dort brach die Spur der Transaktionen abrupt ab. Wegen des Bankgeheimnisses brauchte man einen Gerichtsbeschluss, wenn man den Geldverkehr weiterverfolgen wollte, und der war erst nach Tagesanbruch zu bekommen.
Vor Timo lag eine Karte auf dem Tisch, auf der er mit Rotstift die Route der Entführermaschine einzeichnete. Seine Angst nahm immer mehr zu. Zurzeit befand sich die Maschine laut Swisscontrol über Luzern und bewegte sich in westliche Richtung.
»Sie reduzieren die Flughöhe ein wenig
«
, teilte die Flugleitung in Zürich über Funk mit.
»Gibt es in der Nähe einen Flughafen?«, fragte Timo.
»Der nächste ist in Bern. Danach kommt Genf.«
»Und andere Stellen, die sich zum Landen eignen?«
»Nein. Die Täler in diesem Bereich des Berner Oberlands sind enge Schluchten. Da kommt man bestenfalls mit dem Auto hinein.«
Timo seufzte. Die Initiative lag bei den Entführern. Alles, was die Polizei und die Behörden tun konnten, war, auf das zu reagieren, was die Entführer taten. Sie mussten dabei so lange mitspielen, bis sie selbst die Initiative ergreifen konnten. Aber das durfte nicht geschehen, bevor Aaros Sicherheit garantiert war.
Timo spürte, wie er in seiner Rolle als Vater wieder einmal in Konflikt mit seiner Rolle als Beamter geriet. Der Polizeibeamte Nortamo verlangte eine gefühlsneutrale Situationsanalyse und danach entsprechende Maßnahmen, aber der Vater Timo mahnte zur Vorsicht. Beide hatten recht, aber es war unmöglich, auf beide gleichzeitig zu hören. Einer von beiden musste zum Schweigen gebracht werden und das war nicht leicht.
»Ich möchte daran erinnern, dass wir spätestens in einer Stunde tanken müssen«, sagte Kowalenko.
»Das gilt auch für die Entführer.«
»Nicht unbedingt. Kommt darauf an, was sie für eine Maschine haben. Aber unsere Klapperkiste hier frisst dermaßen gierig Kerosin, wie es nur ein Sowjet-Apparat aus den Siebzigerjahren fertigbringt.«
Timo sah auf die Karte. »Dann landen wir in Zürich und verfolgen von dort aus die Entwicklung.«
Voller Entsetzen schaute Aaro den Entführern und dem Piloten bei der Vorbereitung ihres Fallschirmsprungs zu.
»Was habt ihr vor?«, rief er Juliette über den Motorlärm hinweg zu. »Ihr könnt mich doch nicht alleine …«
»Beruhige dich. Er wird dir gleich zeigen, was du tun musst.« Juliette, die wie die anderen in dem engen Gang stand, machte eine Kopfbewegung in Delacroix’ Richtung.
Aaro saß wie gelähmt auf seinem Platz. Der Pilot kehrte mit dem Fallschirm auf dem Rücken ins Cockpit zurück. Die Flugrichtung änderte sich leicht, außerdem schien die Maschine an Höhe zu verlieren.
Aaro sah aus dem Fenster. Hier und da waren im Mondschein leuchtende Schneegipfel von Bergen zu erkennen. Dazwischen war nichts als Schwarz. Aaro hatte immer stärker das Gefühl, mitten in einen Albtraum geraten zu sein. Allerdings würde er aus diesem Traum nicht in seinem eigenen Bett aufwachen.
Delacroix beugte sich in seinem Overall und mit dem Fallschirm auf dem Rücken über ihn. »Du wirst mit mir springen.«
»Was?«, fragte Aaro mit zitternder Stimme.
»Wir machen einen Tandemsprung. Das ist Routine, keine Angst. Du brauchst überhaupt nichts zu tun.«
In Wahrheit hatte Aaro eine solche Angst, dass er am liebsten geheult hätte, aber er hatte keine Wahl. Er stand auf und zog den Overall an, den Delacroix ihm gab. Ärmel und Hosenbeine musste er mehrmals umschlagen. Dann legte Delacroix ihm die Gurte um.
»Für dich wird das leichter, als es für
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