Operation Ocean Emerald
Rubinstein gewesen wäre«, sagte Delacroix.
Das kühle Einschnappen der Verschlüsse band Aaros Schicksal an das von Delacroix. Falls irgendetwas schiefginge, würden sie gemeinsam abstürzen. Aaros Herz hämmerte wie verrückt. Wie ein willenloses Kind war er diesem Delacroix mit Gurten an den Bauch geschnallt worden.
Die vier miteinander verbundenen Säcke, die den Schmuck der Passagiere enthielten, bekamen einen eigenen Fallschirm, der mit der Notleine am Flugzeug befestigt wurde.
Emilio stand neben der Türöffnung und Juliette sprach aufgeregt und angespannt über das Funkgerät in ihrer Hand mit jemandem, der sich vermutlich am Boden befand. Man merkte deutlich, dass diese Aktion mehrmals geübt worden war. Jetzt aber wurde es ernst und das verlieh allem eine ganz andere Brisanz.
»Wussten Sie …«, fing Aaro halblaut an, ohne sich darum zu kümmern, ob ihm Delacroix überhaupt zuhörte, »… dass der längste freie Fall ohne Fallschirm …«
»Halt dich am Sitz fest«, sagte Delacroix hinter ihm.
Aaro wunderte sich kurz über die Aufforderung, verstand sie aber im selben Moment, in dem Emilio die Tür der Maschine öffnete. Ein unfassbar starker Luftzug wollte alles, was in der Maschine war, nach draußen saugen.
Juliette schien Schwierigkeiten zu haben, bei dem lauten Rauschen die Stimme aus dem Funkgerät zu hören. Sie presste es unwirsch ans Ohr und gab schließlich Emilio ein Zeichen.
Dieser schob die miteinander verbundenen Säcke aus der Tür ins Freie, griff gleich danach nach Juliettes Arm und half ihr nach draußen in den freien Fall.
»Los!«, rief Delacroix an Aaros Ohr. Nur mit Müh und Not gelang es Aaro, seine vor Angst gelähmten Beine in Bewegung zu setzen und in Gleichschritt mit dem Entführer zu bringen. Delacroix half seiner Nutzlast an die Tür, wo der Luftzug so stark war, dass es Aaro den Atem raubte. Ohne auch nur einen weiteren Moment zu zögern, stieß sich Delacroix ab und sie stürzten in die Dunkelheit, auf deren Grund helle Flecken mit scharfen Spitzen schimmerten.
Aaro spürte ein Sausen im Magen, gegen das sogar der Rainbow im Helsinkier Vergnügungspark Linnanmäki ein Kinderspiel war. Der Lärm des Flugzeugs blieb zurück und für einige Sekunden fühlte sich der freie Fall trotz der Situation irrsinnig toll an. Eigentlich hatte man weniger das Gefühl zu fallen als zu fliegen, weil die Luft wie ein Kissen Widerstand bot.
Dann aber packte Aaro erneut die Angst: Was, wenn sich der Schirm nicht öffnen würde?
»Haben wir Probleme?«, schrie er, aber seine Stimme schien von der Leere ringsum geschluckt zu werden.
»Schrei nicht«, erwiderte Delacroix unmittelbar an seinem Ohr. »Es ist alles in Ordnung.«
Aaro spürte am ganzen Körper, wie Delacroix eine scharfe Bewegung machte. Sogleich hörte man das Knattern eines Stoffes. Aaro blickte nach oben, wo sich ein breiter, luftmatratzenartiger Fallschirm öffnete und den heftigen Fall zu einem sanften Schweben abdämpfte.
Aaro hatte nun das Gefühl, auf einer extrem hoch angebrachten Schaukel zu sitzen. Der Wind hatte ihm die Tränen in die Augen getrieben, aber er sah genug und allmählich nahm die Landschaft die Gestalt eines wilden Gebirges an. In einiger Entfernung war in der Dunkelheit ein zweiter, dem Boden entgegenschwebender Fallschirm zu erkennen.
Für einen Moment wurde Aaros Angst von der Begeisterung über die neue Erfahrung in den Hintergrund gedrängt. Was würden seine Eltern sagen, wenn er ihnen Fallschirmspringen als neues Hobby vorschlüge? Sie wollten doch immer, dass er sich mehr an der frischen Luft aufhielt, und die würde er bei dem Sport genug bekommen. Mehr als genug, denn jetzt merkte Aaro, dass er fror, trotz des Overalls, der ursprünglich für Rubinstein vorgesehen war.
Die schwarzen, zerklüfteten Hänge, die in der Dunkelheit nun immer näher rückten, ließen ihn befürchten, aneinem scharfkantigen Felsen zu zerschellen. Aber Delacroix steuerte den Fallschirm routiniert in ein Tal hinein, das von allen Seiten von riesigen Bergen eingeschlossen zu sein schien.
Je näher sie dem Erdboden kamen, umso schneller schien die Fahrt zu werden.
»Du musst die Knie anwinkeln«, rief Delacroix.
Das hatte Aaro bereits instinktiv getan, um den Aufprall nicht selbst entgegennehmen zu müssen und dem Lenker die Gelegenheit zu geben, den Sprung mit den eigenen Füßen ordentlich zu Ende zu führen. Auf den letzten Metern wurden sie vom Wind hin und her geschaukelt, aber dann kam
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