Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Operation Overkill

Operation Overkill

Titel: Operation Overkill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Commander James Barrington
Vom Netzwerk:
»Schattenreich der Zerrspiegel«, wie die Welt der Geheimdienste treffend genannt wird, gibt es nur wenige Regeln, doch an eine halten sich fast alle 31

    Nachrichtendienste: Ohne einen triftigen Grund liquidiert man keinen Agenten der Gegenseite. Man scheut davor nicht etwa aus Mitgefühl oder Achtung vor dem menschlichen Leben zurück, sondern weil es aus einsatztechnischen Erwägungen notwendig ist. In diesem Beruf lebt man mit der steten Gefahr, dass eine einzige Exekution zu einer Welle von Festnahmen und Morden führen kann – einem Privatkrieg –, und so etwas kann kein Dienst gebrauchen. Und weil man nichts mehr fürchtet, kann es durchaus vorkommen, dass man bei einer unumgänglichen Liquidierung die zuständige Dienststelle des toten Agenten verständigt, sich entschuldigt und seine Vorgehensweise zu rechtfertigen versucht.
    Modin hatte nicht den geringsten Zweifel bezüglich der wahren Identität des Mannes, dessen Leiche im Keller bereits erstarrte. Er wusste, wer er war und für welchen Dienst er tätig gewesen war – das hatte er schon seit der Ankunft des Engländers in Moskau gewusst. Wenn er bei der Vernehmung die Antworten gegeben hätte, die sowohl er als auch Bykow erwartet hatten, hätte Modin den Tod des Mannes vielleicht für vertretbar gehalten. Doch der Verhörspezialist hatte nichts in Erfahrung gebracht, und das beunruhigte ihn.
    Der GRU-Offizier, der die Unsicherheit des Älteren spürte, ergriff wieder das Wort. »Der Befehl von Minister Truschenko war eindeutig. Wir mussten ihn befolgen – mussten sichergehen. Uns blieb nichts anderes übrig.«
    32

    Modin nickte. »Ich weiß. Manchmal frage ich mich bloß, ob wir uns richtig verhalten – selbst wenn er Recht hat.«
    »Auf unsere persönliche Meinung kommt es nicht an«, sagte Bykow. »Wir sind schon zu weit gegangen.
    Wir können die Sache nicht mehr aufhalten. Wir müssen sie durchziehen. Wir haben keine andere Wahl.
    Wir handeln zum Wohle Russlands, zum Wohle aller Russen.«
    Der gute alte Bykow, dachte Modin. Man konnte sich darauf verlassen, dass er stets einen Wahlspruch der Partei zitierte. Er stand auf, ging zum Fenster und schaute durch das kugelsichere Glas auf den Lubjanskaja Ploschtschad. Um diese frühe Morgenstunde ruhte Moskau noch; kaum ein Auto und nur wenige Fußgänger waren zu sehen. Bedrückt blickte er zur Mitte des Platzes, wo bis zu den wahnwitzigen Jahren, die auf Glasnost und Perestroika folgten, die einst von Chruschtschow zu Ehren des KGB errichtete Sta-tue von Feliks Dserschinskij gestanden hatte, dem Be-gründer der Tscheka , der mit blinden Augen den Marx-Prospekt entlang in Richtung Ploschtschad Rewoljuzii gestarrt hatte – dem Revolutionsplatz. Das waren bessere Zeiten gewesen, aber vielleicht durfte man wenigstens hoffen – mehr erwartete Modin gar nicht –, dass sie wiederkehrten, wenn das Projekt gelang. Modin straffte die Schultern, drehte sich um und kehrte forschen Schrittes an den Tisch zurück. Die Unsicherheit war verflogen. »Hoffentlich hat er Recht.
    Ihnen ist doch klar, was das heißt, nicht wahr?«
    33

    Bykow, der die Notizen las, die sich der Verhörspezialist gemacht hatte, blickte auf und nickte. »Ja«, sagte er. »Das heißt, dass die Briten nichts wissen. Folglich können sie den Amerikanern auch nicht Bescheid gesagt haben.«

    2
    Donnerstag
    Radarstation Petschora, Distrikt Komi,
    Gemeinschaft unabhängiger Staaten
    »Genosse Oberst.« Der junge Offizier klang so aufgeregt, dass Witali Jasow raschen Schrittes durch den Raum ging.
    »Ja, Hauptmann? Was ist los?«, fragte Oberst Jasow, während er sich über die Schulter des jungen Mannes beugte und auf die Bildschirme blickte.
    Hauptmann Krijuschkow schüttelte den Kopf.
    »Jetzt ist es wieder weg. Ein fester Kontakt, der zeit-weise abreißt. In großer Höhe – weder ein Satellit noch Weltraummüll, soweit ich das feststellen kann.«
    »Aus welcher Richtung und in welcher Entfernung?«, fragte Jasow.
    Der Hauptmann deutete auf den Bildschirm. »Da.
    Fast genau im Norden, etwa achthundert Kilometer entfernt. Es nähert sich schnell.« Krijuschkow hatte jeden einzelnen Radarkontakt mit einem elektronischen Marker auf seinem Bildschirm gekennzeichnet. Auf jedem Marker war der Zeitpunkt angegeben, zu dem das Objekt erfasst worden war, dazu die geschätzte Höhe, die Geschwindigkeit und der Kurs.
    Das Large Phased-Array Radar (LPAR), im Nato-35

    Jargon als »Hen House« – »Hühnerhaus« – bezeichnet, dient zum Aufspüren

Weitere Kostenlose Bücher