Operation Romanow
nach drei Ehen und einer Freundin in jedem Hafen erkenne ich schnell, wenn sich eine Frau zu einem Mann hingezogen fühlt. Denken Sie an meine Worte: Diese Frau ist in Sie verliebt.«
Andrew erwachte aus einem leichten Schlaf. Die Kabine bebte ein wenig, und die Motorengeräusche veränderten sich, worauf eine leichte Erschütterung folgte. Er streckte sich und rieb sich die Augen.
Lydia schlief tief und fest. Sie lag auf der Seite und hatte sich zusammengerollt. Andrew stand auf und verließ die Kabine.
Zu seiner Überraschung war die Maschine schon auf einer Wiese gelandet, und die ersten orangeroten Strahlen der Sonne erhellten die Dämmerung. Die Flugzeugtür war geöffnet, Boyle und die Crew waren schon draußen. Andrew stieg die Trittleiter hinunter. Die frische Morgenluft roch nach Salz und den Abgasen der Motoren.
Im Augenblick waren sie abgeschaltet, und es herrschte eine beinahe schaurige Stille. Andrews Trommelfelle schmerzten von dem lauten Krach der V-8-Motoren. Er hörte das Geschrei der Möwen in der Luft und vermutete, dass sie in der Nähe der Küste gelandet waren.
Posner beaufsichtigte das Auftanken der Maschine. Der Kopilot und der Mechaniker pumpten den Treibstoff mithilfe von zwei Handpumpen aus den Fässern in die Tanks. Boyle half mit, die Fässer auszuladen. »Willkommen im Land der Lebenden! Haben Sie gut geschlafen?«
»Geht so. Wo sind wir?«
»In der Nähe eines Ortes namens Birken. Wir haben die Landebahn ohne große Probleme gefunden. Wie sich herausgestellt hat, ist sie in einwandfreiem Zustand.«
»Sind wir hier sicher?«
Posner grinste. »Keineswegs. Die Anwohner müssen unsere Motoren gehört haben. Packen Sie mal mit an. Je eher wir aufgetankt haben, desto eher können wir wieder abhauen, bevor jemand kommt, um nachzusehen, was hier los ist.«
Mit vereinten Kräften pumpten sie den Treibstoff aus den Fässern in die Tanks, und als sie zehn Minuten später fertig waren, warf Posner die Fässer auf die Wiese. »Lasst sie hier liegen. Wir brauchen sie nicht mehr.«
Alle halfen mit, das Flugzeug in die Richtung zu drehen, aus der sie gekommen waren. Posner atmete die salzige Luft tief ein und stieg über die Trittleiter wieder ins Flugzeug. Andrew folgte ihm. Der Kopilot und der Mechaniker warfen die Propeller an. Anschließend gingen auch sie an Bord und schlossen die Tür.
»Keine deutsche Luftraumüberwachung. Bisher hatten wir Glück.«
Posner verlor keine Zeit und gab Gas, doch die Ilja Muromez setzte sich auf dem feuchten Gras nur zögerlich in Bewegung. Schließlich rollte das Flugzeug über die Wiese, kam auf Touren und stieg erneut in die ruhige Luft auf. Posner zog die Maschine auf fünftausend Fuß hoch, dann nach und nach bis auf achttausend.
Unter ihnen erkannten sie in der allmählich einsetzenden Dämmerung dank einiger funkelnder Lichter, wo Dörfer und Städte an der deutschen Küste lagen.
Posner schaute auf seine Karten. »Wie geht es Ihrer Freundin?«, fragte er Andrew.
»Als ich vorhin in der Kabine war, hat sie geschlafen. Wie lange brauchen wir noch?«
»Bei günstigem Wind etwa sechs oder sieben Stunden. Ein neuer Rekord, würde ich sagen.« Posner zwinkerte ihm zu und legte die Karten aus der Hand. »Jetzt müssen wir beten, dass das Wetter über der Ostsee nicht umschlägt.«
60. KAPITEL
Nowo-Tichwinski-Kloster, Jekaterinburg
Schwester Agnes tupfte Sorgs Stirn mit einem kalten, feuchten Tuch ab. Er lag noch immer in dem Kellerraum im Bett, und als er aufwachte, fühlte er sich wie erschlagen.
»Haben Sie gut geschlafen?«, fragte sie.
Sorg rieb sich die Augen. »Ja. Wie lange habe ich geschlafen?«
»Zwölf Stunden. Sie müssen sehr erschöpft gewesen sein.« Die Schwester verband seine Wunde mit grauen, ausgefransten Verbänden. »Als Sie bewusstlos waren, ist es mir gelungen, Ihre Wunde zu nähen.«
Sorg starrte auf den Baumwollverband, der zahlreiche Risse aufwies. »Tut mir leid«, erklärte die Nonne ihm. »Wir haben kaum noch medizinisches Material. Darum müssen wir gebrauchte Verbände auskochen und sterilisieren. Drehen Sie sich, wenn es geht, zur Seite, damit ich den Verband richtig anlegen kann.«
Obwohl die Nonne ihm half, fiel ihm diese Bewegung furchtbar schwer. Schwester Agnes wickelte den Verband um seinen Bauch und verknotete ihn. Sorgs linke Seite begann zu klopfen. Er verzog vor Schmerzen das Gesicht und ließ sich wieder aufs Bett fallen.
Neben dem Bett lagen eine Schachtel Zigaretten und eine Schachtel
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