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Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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bieten sich als idealer Lagerraum für die Toten an.«
    »Welche Toten?« Sorg spürte die eisige Kälte unter den Füßen. Er hatte das Gefühl, auf Eisblöcken zu stehen.
    »Die Toten aus dem Krankenhaus.«
    Die Nonne hob die Lampe, sodass eine Metalltür mit Eisenbeschlägen an der hinteren Wand sichtbar wurde. Die Angeln waren mit Fett eingeschmiert, und die Tür ließ sich geräuschlos öffnen.
    Augenblicklich stieg Sorg ein entsetzlicher, ekelerregender Gestank in die Nase. Ihm wurde schlecht, und er musste würgen. Die silbernen Lichtstrahlen, die durch zwei schmale, mit Eisenstangen gesicherte Kellerfenster in den riesigen Raum drangen, erhellten das Gewölbe nur schwach. Erst als die Novizin ihre Lampe in die Höhe hielt, sah Sorg zu seinem Entsetzen, dass sie in einer behelfsmäßigen Leichenhalle standen.
    Er starrte auf den Haufen aufgedunsener, blau verfärbter toter Körper und zählte mindestens drei Dutzend Männer und Frauen mit ineinander verschlungenen Gliedern, die jeweils zu zwei bis drei Leichen aufeinandergestapelt waren. Größtenteils handelte es sich um Soldaten in Uniformen, einige mit abgeschlagenen oder abgerissenen Gliedern, andere von Kugeln durchsiebt oder von Bajonetten niedergestochen. Einige Leichen waren nackt, andere trugen blutgetränkte Kleidung.
    Sorg drehte sich der Magen um. »Was in Gottes Namen …?«
    Schwester Marija bekreuzigte sich und presste sich dann die Hand vor die Nase, um sich vor dem Gestank zu schützen. »Einige Soldaten hier erlagen ihren Verwundungen, andere litten an schweren Krankheiten. Es befinden sich auch ein paar Zivilisten darunter, die hingerichtet wurden.«
    Sorg vergrub das Gesicht in seiner Armbeuge. Der Gestank war so widerwärtig, dass ihm die Sinne schwanden. »Warum werden die Leichen denn nicht begraben?«
    »In der Stadt hat es so viele Tote gegeben, dass die Leichenbestatter bisher nicht dazu gekommen sind, sie alle zu beerdigen. In der Zwischenzeit mussten wir die Leichen hier lagern.«
    »Warum sind wir hier? Was ist mit meiner Flucht?«
    Die Novizin schüttelte den Kopf. »Eine Flucht ist unmöglich. Das Kloster ist umstellt. Die größten Chancen, nicht entdeckt zu werden, haben Sie, wenn Sie sich zwischen den Leichen verstecken und beten, dass die Roten Sie nicht finden. Wenn es sicher ist, komme ich wieder.«
    Sorg war so schockiert, dass es ihm die Sprache verschlug. Wie gelähmt stand er da und blickte bestürzt auf den Leichenberg vor ihm. Ganz oben sah er im gelben Licht der Lampe einen toten Soldaten mit hervorquellenden Augen liegen, dessen Brust von getrocknetem Blut besudelt war. Er stierte Sorg mit einem hämischen Grinsen an. Auf dem Soldaten lag eine nackte Frauenleiche, deren blau verfärbtes Fleisch von Kugeln durchlöchert war.
    »Das … das kann ich nicht!«
    »Sie müssen! Was auch immer Sie tun, verhalten Sie sich auf jeden Fall ruhig. Ich kehre auf einem anderen Weg ins Kloster zurück. Bleiben Sie hier, bis ich zurückkomme.«
    Mit diesen Worten verließ Marija den Raum und schob den Riegel vor die Tür.
    Der Gestank war unerträglich. Die matten Lichtstrahlen, die durch das Fenster mit den Eisenstangen eindrangen, erhellten den widerlichen Leichenhaufen, vor dem Sorg stand. Der Schweiß rann ihm übers Gesicht, und das Entsetzen lähmte ihn.
    Dann hörte er Geräusche auf dem Gang und polternde Stiefel auf dem Steinboden.
    Die Roten kommen.
    Zögernd ging Sorg auf einen der Stapel aus menschlichen Kadavern zu. Das Blut rauschte in seinem Ohr, und seine Beine zitterten. Stechende Schmerzen in seiner Wunde ließen ihn zusammenfahren. Er schob eine Hand unter das Hemd und strich über den Verband. Er war feucht. Durch die Anstrengung hatte die Wunde wieder zu bluten begonnen.
    Er lauschte. Die Schritte näherten sich.
    Sorg kniete sich auf den eisigen Boden und sah hinauf zu den Toten, die sich vor ihm auftürmten. Von Ekel erfüllt hob er den steifen Arm der nackten Frau hoch. Er fühlte sich an wie gefrorener Marmor. Dann hob Sorg das Bein des Soldaten mit dem gruseligen Grinsen an und versuchte, die grauenhaft verschlungenen Glieder zu entwirren.
    Das Poltern der Stiefel näherte sich.
    Sorg unterdrückte den übermächtigen Brechreiz, an dem er zu ersticken drohte, und kroch mit Todesverachtung in den eisigen Leichenberg hinein.

63. KAPITEL
    Nowo-Tichwinski-Kloster, Jekaterinburg
    Mit gezogener Waffe lief Kasan den Gang hinunter. Plötzlich blieb er stehen und hob den Kopf.
    »Haben Sie das gehört? Es hörte

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