Operation Romanow
hörte, hob er den Kopf und keuchte aufgeregt. Es hörte sich an, als hätte jemand gegen eine Blechdose getreten, die nun über Pflastersteine rollte. Das metallische Geräusch drang durch die Doppeltür an der hinteren Wand des kleinen Raums, in dem er sich mit Anastasia Romanowa aufhielt.
Kasan erstarrte. Er sah der Zarentochter an, dass sie das Geräusch ebenfalls gehört hatte. Er ließ ihr Haar los und ging auf die Tür zu.
Als er ein Ohr an die Tür presste, glaubte er, das Geräusch in der Tiefe des angrenzenden Raums verhallen zu hören. Kasan drückte die Klinke herunter. Die Tür war verschlossen. Er warf sich mit der Schulter gegen das Holz, aber die Tür gab keinen Zentimeter nach.
Kasan hastete zurück zu der Tür des Lagerraums, öffnete sie und brüllte: »Wachen!«
Drei Männer stürmten mit Gewehren herein. Kasan zeigte auf die hintere Wand. »Wohin führt diese Tür?«
»Nirgendwohin, Inspektor. Sie ist zugemauert. Wie ich gehört habe, soll dahinter ein Abstellraum sein.«
Wütend durchquerte Kasan den Raum und trat mit den Stiefeln gegen die Tür. »Ich habe dahinter ein Geräusch gehört. Kommen Sie her und helfen Sie mir! Einer von Ihnen muss Lampen holen!«
Zwei Wachen schlugen mit den Gewehrkolben gegen die Holzlatten, und als sie so nicht weiterkamen, versuchten sie, die Tür mit den Bajonetten aufzuhebeln. Endlich sprang das Schloss auf, und die Tür öffnete sich ein paar Zentimeter. Kasan sah die Bretter, die kreuz und quer auf der Rückseite festgenagelt waren.
»Brechen Sie die Tür auf!«, befahl er.
Die Männer folgten dem Befehl. Sie warfen sich mit den Schultern gegen die Holzbretter, bis sie schließlich in einen dunklen Abstellraum mit alten Möbeln krachten.
Eine Wache kehrte mit drei Petroleumlampen zurück und reichte eine davon dem Inspektor. Kasan hielt die Lampe hoch und entdeckte Glassplitter auf dem Boden. In der Mauer an der hinteren Wand war ein großes Loch. Als er auf das Loch zuging, knirschte das Glas unter seinen Stiefeln.
Er kniete sich hin, schwenkte die Lampe und spähte in einen leeren Tunnel, dessen Boden mit Pfützen übersät war, in denen sich das Licht der Lampe spiegelte. »Bringen Sie das Mädchen nach oben. Wo ist der Kommandant?«
»Er schläft«, sagte einer der Männer.
»Wecken Sie ihn auf! Sagen Sie allen Bescheid, dass sie besonders wachsam sein müssen. Es könnte sein, dass wir hier Eindringlinge haben.«
Der Soldat stieß Anastasia zur Tür.
Kasan zog seinen Revolver und kroch in den Tunnel. Die beiden anderen Wachmänner folgten ihm. Er hörte Geräusche – schnelle Schritte und spritzendes Wasser, als ob jemand durch Pfützen lief. »Kommen Sie mit!«, befahl Kasan den Wachen und drang tiefer in den Tunnel ein.
83. KAPITEL
Ipatjew-Haus, Jekaterinburg
Sorg tastete sich in dem finsteren Tunnel an den feuchten Wänden entlang. Ohne Licht war er vollkommen blind. Die Glashaube der Lampe fehlte. Als sie über den Boden gerollt war, hatte sich der Docht mit dem auslaufenden Petroleum vollgesogen. Sorg hoffte, dass das Petroleum ausreichen würde.
Hinter sich hörte er Holz splittern. Offenbar brach Kasan die Tür auf.
Plötzlich stieß sich Sorg den Kopf an der Tunnelwand an und musste stehen bleiben. Sein Schädel pochte, und er sah Sterne. Unsicher trat er ein paar Schritt auf der Stelle. Übelkeit stieg in ihm auf.
Sorg massierte sich den Kopf, um die Schmerzen zu vertreiben. Mit knirschenden Zähnen und geschlossenen Augen atmete er langsam und tief ein. Er geriet in Panik, doch er wusste, dass er so schnell wie möglich verschwinden musste.
Verzweifelt und mit zitternden Händen wühlte er in seinen Taschen nach der Streichholzschachtel.
Er fand sie in seiner Hosentasche, zog sie heraus – und ließ sie fallen.
Nein!
Er kniete sich hin, tastete den Boden hektisch nach der Schachtel ab und schlug mit der Hand in eine Pfütze. Sorg fluchte und suchte weiter die Erde ab, bis er die Streichholzschachtel schließlich fand. Sie war nass.
Vorsichtig stellte er die Lampe rechts neben sich auf den Boden. Es war stockdunkel. Er nahm ein Streichholz aus der Schachtel und versuchte, es zu entzünden. Es funktionierte nicht. Sorg berührte die raue Reibfläche, die ebenfalls nass war.
Hinter sich hörte er wieder das ohrenbetäubende Krachen splitternden Holzes, gedämpfte Schreie und Befehle.
Panik ergriff von ihm Besitz. Er tastete in der Dunkelheit nach der Lampe und setzte seinen Weg mit stolpernden Schritten fort.
Mit der
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