Operation Romanow
herein. »Schenk uns etwas zu trinken ein.«
Soba ging zu dem Schrank und goss Wodka in zwei Gläser. Er reichte Jakow ein Glas und hob seines mit düsterer Miene. »Auf einen schnellen Tod. Wenn wir Glück haben, ist es das, worauf wir hoffen können, Leonid.«
»Wie geht es ihr?«
»Ich habe sie in einen der Wagen gesperrt, wie du angeordnet hast. Das Kind schläft. Warum hast du sie mitgenommen? Warum setzt du unser Leben aufs Spiel, indem du Trotzkis Befehle missachtest?«
Jakow wies mit dem Kinn auf den Umschlag auf dem Schreibtisch. »Ich habe in einem Brief geschrieben, dass es allein meine Entscheidung war. Wenn etwas schiefgeht, bist du aus dem Schneider.«
»Das sind wir beide wohl erst, wenn alles vorbei ist und wir zwei Meter unter der Erde liegen.«
Jakow kippte den Wodka hinunter und verzog das Gesicht. »Bring Nina her.«
Andrew näherte sich einem verlassenen Dorf. Das Dröhnen des Motors hallte durch die Dunkelheit.
Es war ein kleiner Ort mit einer ungepflasterten Hauptstraße und ein paar leer stehenden Häusern auf beiden Seiten. Das stark beschädigte Bahnhofsgebäude war von Einschüssen übersät.
»Wo sind wir?«, fragte Lydia.
Andrew hielt an und schob die Schutzbrille nach oben. »In der Nähe von Kowrow. Knapp vierhundert Kilometer von Moskau entfernt. Durch das Dorf führt eine kleine Bahnstrecke, an die ein paar Minen angeschlossen sind. Aber die Gleise sind seit dem Ausbruch des Krieges stillgelegt.« Andrew schlug auf den Tank und hörte ein hohles Echo. »Wenn wir kein Benzin finden, stecken wir bald in Schwierigkeiten.«
»Und du meinst, hier finden wir welches?«
»Wenn ich mich nicht irre, gibt es hier irgendwo ein Militärdepot, das die Transporte Richtung Osten versorgt.« Andrew schob das Motorrad mit laufendem Motor um eine Ecke. »Wir müssen es suchen.«
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite war eine Werkstatt des Militärs, die von dem Scheinwerfer des Motorrads schwach beleuchtet wurde. Davor parkte ein halbes Dutzend Militär-Lastwagen und Privatfahrzeuge. In einer großen Werkstatt, deren Türen weit geöffnet waren, standen zwei weitere Lastwagen. Die Räder eines Lastwagens standen auf Holzblöcken, und ein halbes Dutzend Soldaten arbeitete an der Karosserie und dem Motor. Die Werkstatt wurde von Petroleumlampen erhellt.
»Das sind die ersten Soldaten, die wir seit zwei Stunden sehen«, flüsterte Lydia.
»Sobald man Moskau verlässt, sind die Rotarmisten dünn gesät. Das ist ein ganz schön zerlumpter Haufen. Sieh dir ihre Uniformen an!«
Einige der Soldaten trugen graue Uniformen, an ihren Gürteln hingen Gewehre und Granaten. Andere trugen nur Uniformjacken oder Militärhosen und dazu dreckige Zivilkleidung. Allesamt waren sie muskulöse Kerle, die sich offensichtlich lange nicht mehr gründlich gewaschen hatten.
»Sie sehen nicht gerade vertrauenerweckend aus. Hältst du das wirklich für eine gute Idee, Juri?«
Andrew öffnete sein Holster. »Wir brauchen Benzin. Woher sollen wir es sonst bekommen?«
Er gab Gas, fuhr auf den Hof der Werkstatt zu und hielt neben einer Wasserpumpe an. Die Soldaten unterbrachen ihre Arbeit und musterten die Besucher neugierig. Andrew stieg von dem Motorrad. »Wer führt das Kommando, Genossen?«
Die Männer glotzten argwöhnisch auf Andrews Lederjacke.
»Was können wir für Sie tun?«, fragte ein älterer Mann.
Andrew zog den Brief aus der Tasche. »Kommissar Kuris. Ich bin Sonderkurier des Kreml. Ich fahre Richtung Osten und brauche Benzin.«
Der Mann zuckte mit den Schultern. »Es ist nicht mehr viel da. Wir haben kaum genug für uns.«
»Ich schlage vor, Sie treiben welches auf.« Andrew reichte dem Mann den Brief.
Der Mann überflog ihn, kratzte sich über die Wange und wandte sich seinen Kameraden zu. »Sieht offiziell aus. Lenin hat den Brief persönlich unterschrieben. Da steht, dass der Kommissar auf jede erdenkliche Weise unterstützt werden muss. Wer es nicht tut, wird erschossen.«
»Es wäre nett, wenn Sie das Benzin holen würden, Genosse«, sagte Andrew.
»Nicht so schnell!«
Andrew drehte sich um und stand einem hünenhaften Mann mit buschigen Augenbrauen und Vollbart gegenüber. In dem Bart hingen Essensreste. Er sah aus, als wäre er gerade vom Abendbrottisch aufgestanden. »Zeigen Sie mal.«
Andrew gab ihm den Brief.
Er las ihn durch und warf Lydia einen Blick zu. »Scheint in Ordnung zu sein. Wir sollten dem Kommissar das Benzin geben.«
»Danke, Genosse.«
Andrew schraubte den
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