Operation Romanow
aufeinander. »Mit Sicherheit.«
»Ich habe das Gefühl, dass Jakow kein glücklicher Mensch ist. Was hast du vor, Juri?«
Er knüllte das Foto wieder zusammen und legte es genau dorthin, wo Lydia es gefunden hatte. Plötzlich ging ein Ruck durch seinen Körper, und seine Augen begannen zu strahlen. »Ich arbeite daran.«
»Weißt du, was mir Angst macht? Je größer die Gefahr, desto lebendiger wirst du!«
Er lächelte. »Ich weiß. Verwirrend, nicht wahr?«
»Sagst du mir, was du vorhast?«
»Wir warten.«
»Worauf?«
»Auf Jakow.«
»Bist du verrückt?«
Andrew ging zu einer Tür im hinteren Bereich des Wagens und öffnete sie vorsichtig. Dahinter lag eine Schlafkabine mit einem einfachen Feldbett, auf dem ordentlich gefaltete graue Wolldecken lagen. »Wir warten hier.«
»Und wenn Jakow auftaucht?«
»Für euch Iren ist es zwar schwer, aber überlass das Reden mir.«
95. KAPITEL
Amerika-Hotel, Jekaterinburg
Mit polternden Schritten stieg Kasan die Treppe ins Untergeschoss hinunter. Die Wachen öffneten das Eisentor, und als der Inspektor die Zelle betrat, stieg ihm augenblicklich der bittere Geruch des Ammoniaks in die Nase.
Auf der Stirn des Arztes schimmerten Schweißperlen. Er hielt dem Gefangenen die geöffnete Flasche Riechsalz unter die Nase und hoffte, ihn auf diese Weise aus der Bewusstlosigkeit zu wecken. Als Kasan die Zelle betrat, ließ der Arzt die Hand mit dem Riechsalz sinken und hob den Blick. Unbehagen stieg in ihm auf.
»Und?«, fragte der Inspektor ungeduldig.
»Er hat sich mehrmals bewegt. Aber ich muss aufpassen, dass ich es mit dem Ammoniak nicht übertreibe. Wenn er zu viel davon einatmet, könnte es seine Lungen schädigen.«
»Wie lange dauert es noch, bis ich mit ihm arbeiten kann?«
»Schwer zu sagen. Ich brauche auch ein bisschen Zeit, um ihn zu stabilisieren, nachdem er aufgewacht ist.«
Kasan knurrte. »Ich komme wieder.«
96. KAPITEL
Zwischen Moskau und Jekaterinburg
Jakows Zug fuhr ratternd durch die Nacht. Der Wagen schaukelte von einer Seite auf die andere, während Jakow versuchte, sich ein Glas Wodka einzugießen.
Er steckte den Korken wieder in die Flasche und starrte auf sein Spiegelbild in der Fensterscheibe. Seine Augen lagen in dunklen Höhlen, und er sah furchtbar abgespannt aus. Er konnte sich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten.
Kochend vor Wut hob Jakow das Glas, um einen Schluck zu trinken. Doch als es seine Lippen berührte, änderte er seine Meinung und schmetterte es an die Wand. Es zerbrach. In diesem Augenblick klopfte Soba an die Tür und trat ein.
»Du siehst nicht glücklich aus«, sagte er.
»Kein Wunder, oder? Er ist uns abermals erwischt! Diesmal wird Lenin keine Gnade walten lassen.«
»Wir können diese Sache noch immer zu Ende bringen, Leonid. Hast du das Telegramm verschickt?«
Jakow nickte. »Jeder Stationsvorsteher von hier bis Jekaterinburg weiß, dass die Strecke frei sein muss oder er Gefahr läuft, erschossen zu werden. Wenn wir Glück haben, sind wir heute Nachmittag am Ziel. Sieh mal nach unseren Gefangenen und überzeug dich davon, dass alles in Ordnung ist.«
Soba blieb an der Tür stehen und musterte Jakow, der vollkommen erschöpft war. »Darf ich dir einen gut gemeinten Rat geben? Du hast seit zwei Tagen kaum geschlafen. Leg dich hin, sonst brichst du zusammen.«
Als Soba die Tür des Waggons hinter sich schloss, knöpfte Jakow auf dem Weg in das Schlafabteil seinen Waffenrock auf. Ihm fielen vor Müdigkeit fast die Augen zu.
Er betrat den kleinen Raum mit dem Feldbett, dann hörte er das leise Klicken einer Waffe, die gespannt wurde.
Sein Herzschlag setzte aus.
»Keine Bewegung und keinen Ton, Leonid.«
Andrew trat mit der Waffe in der Hand hinter der Tür hervor. »Nimm ihm die Pistole ab und fessle ihn.«
Die Frau tauchte auf und zog die Waffe aus Jakows Holster. Dann fesselte sie ihm die Hände mit einem Ledergürtel im Rücken und stieß ihn auf den Stuhl neben dem Bett. Andrew band ihn mit dem Betttuch am Stuhl fest.
»Du bist ein toter Mann«, stieß Jakow aufgebracht aus. »Das muss dir doch klar sein, oder?«
»Irgendwann erwischt es uns alle. Aber ein bisschen Dankbarkeit wäre schon angebracht, wenn man bedenkt, dass ich dich nicht sofort töte.«
»Wie du Mersk getötet hast?«
»Er hat es verdient. Mersk hat Stanislaw kaltblütig ermordet. Er hat dafür bezahlt!«
»Warum glaube ich dir das nicht?«
»Weil das immer dein Problem war, Leonid. Du glaubst nur das, was du glauben
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