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Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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vorsichtig. Diese Rettungsversprechen werden niemals zu etwas führen.«
    Jakow faltete das Blatt zusammen. »Das ist beruhigend. Dennoch möchte ich mit der jüngsten Tochter sprechen.«
    »Sie kann sehr eigensinnig sein. Darf ich vorschlagen, dass Sie in Anwesenheit ihres Vaters mit ihr sprechen? Dann wird es einfacher sein, die Wahrheit aus ihr herauszubekommen. Er hat einen gewissen Einfluss.«
    »Gut. Rufen Sie die ganze Familie.«
    Jakow wartete im Büro. Bald hörte er Schritte auf der Treppe und kurz darauf eine Tür, die geschlossen wurde. Der Kommandant kehrte zurück. »Sie haben sich alle versammelt.«
    Als sie die Wohnung der Romanows erreichten, drückte der Kommandant auf eine elektrische Klingel an der Wand neben der Tür.
    Es klingelte drinnen, dann öffnete Jakow die Tür und betrat mit dem Kommandanten einen L-förmigen Salon, dessen Wände mit gelb gemusterten Tapeten bezogen waren.
    Fünf Personen drängten sich in dem Raum zusammen, und Jakow kannte jedes Gesicht. Rings um den Tisch hatten sich der ehemalige Zar und seine Frau Alexandra, ihr Sohn, Olga und Tatjana versammelt. Alexej saß auf einem Stuhl. Sie schienen alle überrascht, dass ein Besucher gekommen war.
    Als Jakow eintrat, standen bis auf den gebrechlichen Sohn alle auf.
    Die Mutter, die ihr leicht ergrautes Haar zu einem strengen Knoten frisiert hatte, sah wie eine ängstliche Schuldirektorin aus. Die Arroganz, für die sie berühmt gewesen war, war aus ihren Zügen gewichen. Jetzt zitterten ihre Hände, und ihr Blick wanderte unruhig hin und her.
    Viele Russen misstrauten der aus Deutschland stammenden ehemaligen Zarin wegen ihrer engen Beziehung zu Rasputin. Andere hielten sie für eine Spionin. Jakow fand, sie sah aus wie eine Frau, die kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand.
    Aus der Nähe betrachtet wirkte der ehemalige Zar schwach und nervös. Doch da er den Jungen oft tragen musste, hatte er breite, muskulöse Schultern. In seinem einfachen grauen Waffenrock, der geflickten Uniformhose und den abgenutzten Reitstiefeln konnte man kaum glauben, dass dieser Mann einst mit eiserner Hand ein Sechstel der Welt regiert hatte. Jakow wunderte sich, dass Menschen mit so unschuldigen Gesichtern zu einer solchen Tyrannei fähig waren.
    »Ich bin Kommissar Leonid Jakow. Das Ziel meines Besuches ist es, mir ein Bild von Ihrer Sicherheit zu machen. Ich muss Sie warnen, dass ausländische Spione in Jekaterinburg aktiv sind. Aus diesem Grunde könnte es notwendig sein, Sie alle kurzfristig zu einem anderen Ort zu bringen.«
    »Darf ich fragen, wohin dieses Mal?«, fragte die ehemalige Zarin in einem erschöpften Flüsterton. Ihre wässrigen blauen Augen waren vollkommen ausdruckslos.
    »Diese Entscheidung treffen andere. Im Augenblick möchte ich, dass nur zwei Personen in diesem Raum anwesend sind: Anastasia Romanowa und ihr Vater. Alle anderen verlassen den Raum«, befahl er.
    Der Junge klammerte sich an die Hand seines Vaters. »Papa, ich möchte bei dir bleiben!«, bettelte er.
    Der Vater befreite sich behutsam aus der Umklammerung des Jungen. »Nein, bitte tue das, was man dir sagt, Alexej. Gehorche wie ein guter Soldat. Sei ein braver Junge.«
    »Aber Papa …«
    »Kein Aber. Du musst tun, was ich sage.«
    Der Junge drehte sich um und sah Jakow flehentlich an.
    Jakow ignorierte den Blick und fragte seinen Vater stattdessen: »Wo ist Ihre Tochter?«
    »Nebenan bei ihrer Schwester Maria.«
    »Holen Sie sie her. Alle anderen raus hier.«

38. KAPITEL
    Ipatjew-Haus, Jekaterinburg
    »Darf ich fragen, warum Sie meine Tochter sprechen wollen?«
    Irgendwo im Haus war das monotone Ticken einer Uhr zu hören, während sich die Hände des ehemaligen Zaren unablässig bewegten – ein besorgter Vater, der seine Nervosität nicht verbergen konnte.
    »Das erfahren Sie noch früh genug.« Auf dem Gang waren Schritte zu hören, dann klopfte es an der Tür. »Herein«, sagte Jakow.
    Anastasia Romanowa betrat den Raum. Die hohen Wangenknochen und der entschlossene Mund verliehen ihr ein selbstbewusstes, eigenwilliges Aussehen.
    »Ich bin Kommissar Jakow. Setz dich.«
    »Ich bevorzuge es zu stehen.« Sie stellte sich neben ihren Vater und legte eine Hand auf seine Schulter. Er umfasste sie, als wollte er sie beruhigen. Doch das Verhalten der jungen Frau zeigte Jakow, dass sie keines Schutzes bedurfte. Er spürte ihren Widerstand und den kämpferischen Geist.
    »Du bist also Anastasia?«
    »Wer sollte ich sonst sein? Sie haben mich rufen lassen, nicht

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