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Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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Eine wahre Überlebenskünstlerin, wenn Sie mich fragen.«
    Jurowski, der Kommandant, war ein großer, stattlicher Mann um die vierzig mit dunklem, gewelltem Haar und einem sorgfältig getrimmten Bart. Er hatte schmale Lippen und unruhige Augen. Jakow spürte seine Gerissenheit.
    »Wir haben das Vermögen der Familie, Gold, Juwelen und Edelsteine, beschlagnahmt und alles in Stahlkassetten verschlossen. Ich bin davon überzeugt, dass sie noch mehr versteckt haben, vielleicht in ihren Kleidern. Keine Sorge, Kommissar, wir werden alles finden!«
    Jakow sah die elektrischen Drähte, die durch die Fenster im Erdgeschoss verliefen und mit Klingeln verbunden waren, die zu einem komplizierten Sicherheitssystem gehörten.
    Das Ipatjew-Haus war von innen kleiner, als man es von außen erwartet hätte. Auf den schmalen Gängen liefen ständig Wachen hin und her. Im Wohnbereich hatte jemand Lavendelsäckchen verteilt, um mit dem Duft die Essensgerüche und die schlechte Luft zu überdecken. Die Räume waren übersät mit den persönlichen Besitztümern der Romanows.
    Auf einem Tisch stand ein mit Garnrollen gefüllter Nähkorb. Daneben lagen ein Kartenspiel, ein Schachbrett, ein paar Spielsachen des Jungen, wozu auch ein Pfeil und Bogen gehörten, und der übliche Plunder, den Kinder gerne sammelten: ein paar Münzen, ein paar glatte Steine, alte Knöpfe und Schnüre.
    Jakows Blick wanderte zu einem glänzenden Gegenstand, einer fein gearbeiteten religiösen Reiseikone, die auf einem kleinen Beistelltisch in der Nähe stand. Er nahm die Ikone in die Hand und betrachtete sie. Sie bestand aus dunklem Mahagoni, der Deckel war mit Silberfiligran verziert, in das Perlen aus Türkis eingearbeitet waren. Als Jakow den Deckel öffnete, sprang ein goldfarbenes Bild des Heiligen Michael heraus. Es war so ein kleines Geschenk, mit dem man Kindern zum Geburtstag gerne eine Freude machte.
    »Es gehört der Tochter Anastasia, wenn ich mich nicht irre«, sagte der Kommandant.
    Jakow fiel auf, dass in dem Raum eine Reihe religiöser Objekte lagen: Bibeln, Heiligenbilder, Gebetbücher.
    »Die Dummköpfe beten den ganzen Tag«, erklärte ihm der Kommandant. »Sie teilen ihre Wohnung mit ihrem Arzt, Dr. Botkin, und den drei Bediensteten, die beschlossen haben, ihren Herren treu zu bleiben. Treue Dummköpfe, denn sie müssten gar nicht hier sein.«
    »Warum?«
    »Wir lassen die Romanows ihre Hausarbeit selbst machen, um sie in ihre Schranken zu weisen. Die Zeiten, in denen der Vater Zar Nikolaus genannt wurde, sind längst vorbei. Hier wird er wie jeder normale Bürger mit seinem richtigen Namen angesprochen, Nikolaus Romanow.«
    Jakow legte die Reiseikone wieder aus der Hand und starrte hinunter in den Garten, in dem sich zahlreiche Pfützen auf dem Rasen gebildet hatten.
    Ein unbändiger Hass auf den ehemaligen Zaren erfüllte ihn. Schon allein bei seinem Anblick geriet er in Rage. Für die deutsche Frau des Zaren empfand er nichts. Die Kinder zogen seine Aufmerksamkeit beinahe magnetisch auf sich. Tatjana, Olga und Maria waren reizende junge Damen. Anastasia sah ebenfalls hübsch aus, aber sie schien burschikoser zu sein.
    »Ich hatte das Gefühl, dass zwei der Wachen in die Mädchen verknallt waren, und daher habe ich sie ersetzt«, sagte der Kommandant.
    Jakow beobachtete den Jungen, Alexej, und Anastasia. Allen Kindern haftete etwas Weltfremdes an, eine Unschuld, als wären sie zu lange vor der rauen Realität ringsherum beschützt worden. Jakow lief ein kalter Schauer über den Rücken. Kann ich wirklich so hübsche, unschuldige Wesen hinrichten?, fragte er sich.
    Doch er kannte die Antwort auf diese Frage. Er würde seine Befehle befolgen.
    Als Jakow das Fenster schloss, fröstelte er erneut. Er nahm das Blatt Papier aus seinem Waffenrock und legte es auf den Tisch. »Kasan hat mich über diese Mitteilung informiert.«
    Jurowski nickte. »Ehrlich gesagt vergeht kaum eine Woche, ohne dass eine Mitteilung oder etwas anderes von Romanow-Anhängern oder -Feinden über den Zaun geworfen wird. Manchmal sind es Beleidigungen oder Drohungen, und in anderen geheimen Botschaften steht, dass Hilfe unmittelbar bevorsteht. Einige habe ich selbst schreiben lassen.«
    »Was?«
    Jurowski grinste hinterhältig. »Diese hier nicht. Es ist eine Taktik von mir, um die Familie aufzumuntern, bis wir keine Verwendung mehr für sie haben. Wenn sie die Hoffnung verlieren, brechen sie zusammen, und das würde mir nicht gefallen. Außerdem sind meine Wachen immer

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