Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Opfer der Lust

Opfer der Lust

Titel: Opfer der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henka Sandra
Vom Netzwerk:
anderes mehr zum Dienst getragen hatte, was man dem dunkelblauen Anzug inzwischen auch ansah.
    Carl schlenderte zur linken Seite des Gebäudes, leuchtete mit seiner Taschenlampe die Fenster ab und verschwand hinter dem Haus.
    Bethany nutzte die Gelegenheit. Sie sprang hinter der Eiche hervor und rannte über den Parkplatz, als wäre der Teufel persönlich hinter ihr her. Mit dem Rücken drängte sie sich eng an die Wand, die sich gegenüber dem Wachhäuschen im zurückgelagerten Eingang des Baus befand. Am hinteren Ende sah Beth eine Glastür, die ins Treppenhaus führte.
    Prüfend schaute sie sich um. Maternity Help hatte immer noch kein Alarmsystem eingebaut. Es gab keine Kameras und keine modernen Schlüsselkarten, sondern lediglich eine normale Schlüsselanlage, als hätte die Firma nichts zu verstecken.
    Aber das musste nicht der Wahrheit entsprechen, denn ihr Dad hatte einmal gesagt: „Je aufwendiger ein Haus gesichert ist, desto eher weckt es das Interesse von Einbrechern, weil sie vermuten, dass der Eigentümer etwas Wertvolles zu beschützen versucht.“
    Vielleicht hatte ihr Vater eine Vorliebe dafür, tiefzustapeln.
    Plötzlich hörte Bethany Schritte. Auf dem Parkplatz flackerte immer wieder ein Licht auf. Sie hörte Carl Pickman fluchen, weil die Batterien seiner Taschenlampe fast leer waren. Er kam offensichtlich zurück zur Pförtnerloge, um neue Batterien zu holen.
    Beths Herz pochte so heftig, dass das Blut in ihren Ohren rauschte. Nervös kramte sie das Schlüsselbund ihres Vaters aus der Cargohose. Die Schlüssel rasselten, das Geräusch klang erschreckend laut in der Stille der Nacht.
    Sie musste sich beeilen. Pickman durfte sie nicht entdecken, weil sonst ihr Vater erfuhr, dass sie Maternity Help ausspionierte. Bei dem Gedanken bekam sie eine Gänsehaut.
    „So weit ist es schon gekommen“, murmelte Beth betrübt und probierte den ersten Schlüssel aus.
    Einige Schlüssel waren ihr durchaus bekannt, wie beispielsweise der von der Haustür und vom Wagen ihrer Eltern, aber es gab auch drei, von denen sie nicht wusste, zu welchen Türen sie gehörten.
    Dieser ließ sich nicht einmal ins Schloss stecken.
    Beth schaute fahrig über ihre Schulter. Ihr Atem ging rascher, als sie den nächsten Schlüssel testete. Er passte zwar ins Schloss, ließ sich jedoch nicht herumdrehen. Sie seufzte leise.
    Die Schritte kamen immer näher. Dann hielt Pickman an und schlug die Taschenlampe gegen die Fassade, was Bethany nicht sehen, aber hören konnte, denn er stand gleich um die Ecke. Sie war sich nicht sicher, ob er das tat, weil er wütend war oder weil er vermutete, dass die Lampe einen Wackelkontakt hatte.
    Beth versuchte den Schlüssel aus dem Türschloss zu ziehen, doch er hatte sich verhakt. Fest riss sie daran, aber er steckte fest. Erst nachdem sie ihn einige Male wütend hin und her gedreht hatte und grob daran riss, konnte sie ihn endlich aus dem Schloss entfernen.
    Ihre Hände zitterten mittlerweile. Sie gestand sich ein, dass sie nicht abgebrüht genug war, um als Einbrecherin bestehen zu können.
    Reiß dich zusammen, dachte sie und probierte den dritten Schlüssel aus. Er glitt problemlos ins Schloss und ließ sich drehen. Geschmeidig ging die Tür auf.
    Kurz bevor Pickman um die Ecke bog, huschte Beth ins Treppenhaus. Durch das Glas der Tür konnte sie den flackernden Lichtkegel seiner Lampe sehen.
    Bebend stand sie stocksteif da, presste ihren Rücken an die Wand und horchte, ob der Wachmann zur Pförtnerloge ging oder in ihre Richtung kam.
    Dabei fiel ihr Blick auf die Tür. Wie in Zeitlupe fiel sie zu. Beth befürchtete, dass Pickman durch das Klacken auf sie aufmerksam werden würde, und löste sich aus ihrer Erstarrung. Gerade noch rechtzeitig stellte sie ihren linken Fuß in den Türspalt.
    Nun stand sie ein Stück weit offen. Das könnte seine Aufmerksamkeit ebenso erregen. Daher neigte sich Bethany vor und spähte vorsichtig zur Loge. Pickman stand zwar mit dem Rücken zu ihr und tauschte die Batterien seiner Taschenlampe aus, aber die Tür des Pförtnerhäuschens stand offen.
    Beth blieb nichts anderes übrig, als zu handeln. Sie musste das Risiko eingehen, dass er sie hören könnte, denn er konnte genauso gut die offen stehende Eingangstür bemerken oder seinen Rundgang durch das Treppenhaus fortsetzen.
    So leise wie möglich machte sie die Tür zu. Als Beth sie ins Schloss gleiten ließ, hielt sie die Luft an. Es klackte kaum hörbar. Dann war es still.
    Erleichtert atmete Bethany aus.

Weitere Kostenlose Bücher