Opfer der Lust
Störfaktor in ihrer kleinen heilen Welt. Weil sie nicht wusste, wie sie sich verhalten sollte, tat sie so, als wäre er gar nicht da.
In diesem Moment fiel Bethanys Blick auf den Tisch. Er war für vier Personen gedeckt. Aber ihre Eltern hatten gar nicht wissen können, dass Beth Kade mitbringen würde. Das konnte nur bedeuten, dass ihre Eltern einen anderen Gast erwarteten.
Würde Daryl jeden Moment an der Haustür klingen?
Beth wurde auf einmal übel durch den intensiven würzigen Bratduft der Cajun-Hähnchenflügel, die ihre Mutter gerade aus dem Ofen holte.
Es war eins von Blanches Lieblingsrezepten, das sie vor Jahren von einer aus Louisiana stammenden Nachbarin bekommen hatte. Sie legte die Flügel über Nacht in einen Gefrierbeutel mit einer Marinade aus Kümmel, Thymian- und Oreganoblättern, Salz, Knoblauch, Schalotten, Paprikapulver, Cayennepfeffer, Ketchup, Honig und Olivenöl. Erst kurz bevor das Hähnchen im Ofen gegrillt wurde, schnitt Blanche den Beutel auf, der nun auf der Arbeitsfläche in einer Plastikschüssel lag.
„Ich helfe Mom beim Auftischen“, schlug Bethany vor. Sie musste ihre Mutter dringend fragen, weshalb ein zusätzliches Gedeck auf dem Tisch lag.
Zu ihrer Verwunderung folgte Kade ihr. Er legte beide Handflächen an ihre Pohälften und schob sie in die Küche. Nur Lazy bekam diese anzügliche Geste mit.
„Du brauchst nicht zu helfen.“ Sie drehte sich zu Kade um, lächelte ihn an und schlug gleichzeitig diskret seine Hände weg. „Du bist doch unser Gast.“
„Dein Dad hat mich einfach stehen lassen und ist ins Schlafzimmer gegangen.“
Verwundert runzelte sie die Stirn. Was war denn nur heute mit allen los?
Bethany befürchtete, dass ihr Vater ins Schlafzimmer geeilt war, um Daryl anzurufen und Alarm zu schlagen. Vielleicht mahnte er ihn über Handy, dass er sich beeilen soll, weil ein fremder Kerl in sein Revier eindrang.
Wenn die beiden wüssten, feixte Beth in Gedanken und dachte an die ekstatische Vereinigung mit Kade am Ende des Kartenspiels.
Die Atmosphäre war angespannt, aber es konnte alles noch viel schlimmer kommen, daher musste sie Kade schleunigst aus dem Haus schaffen. Sie hatte nur keine Ahnung, wie sie dieses Wunder vollbringen sollte.
Während sie darüber nachdachte, warf sie den Beutel mit der Marinade in den Mülleimer, worauf der Neufundländer, angeregt durch den Duft, sofort zu ihr kam, doch sie schickte ihn wieder ins Wohnzimmer. Sie schob die Plastikschüssel in die Spülmaschine, holte drei Keramikschalen aus dem Schrank und stellte sie auf die Arbeitsfläche.
„Das Essen riecht köstlich.“ Kade hielt seine Nase über den Topf mit den Bohnen und fächelte sich den aufsteigenden Duft zu. „Ich wette, Sie können sehr gut kochen, Misses Hart.“
Bethany verdrehte die Augen, denn die Packungen ‚Bush‘s Best Baked Beans Bold & Spicy‘ lagen noch in der Spüle. Es war wahrlich keine Kunst, ein Fertiggericht zu erhitzen.
Aber bei ihrer Mutter kam das Süßholzraspeln sichtlich gut an, denn sie schaute das erste Mal zu Kade auf. Ihr Blick erhellte sich. Da ihr Mann mit Komplimenten eher geizte, saugte sie Kades Aufmerksamkeiten wie ein Schwamm auf.
Aber Beth ahnte, dass sich Kade nur bei ihr einschmeicheln wollte. Er durfte ihrer Mom nicht wehtun, sie war schon labil genug. Deshalb stieß Beth ihn warnend an und schüttelte kaum merkbar ihren Kopf.
Kade jedoch legte den Arm um ihre Hüften. Seine Hand glitt so weit unter ihre Achsel, dass seine Fingerspitzen gegen ihren Busen stießen.
Obwohl Beth sofort den Oberarm fest gegen ihren Körper drückte, war es zu spät. Kade streichelte unauffällig von der Seite ihren Brustansatz.
Ihre Mutter bemerkte Kades Umarmung, aber nicht die intime Berührung seiner Hände. Eifrig begann sie Bohnen in eine der Schüsseln zu schaufeln.
Kade zeigte mit der freien Hand auf die Weinflasche, die neben den Kochplatten stand. „Wie ich sehe, sind Sie eine Rotweintrinkerin. Ich liebe Eloge Napa Valley. Wenn ich das nächste Mal in Roxbury bin, bringe ich Ihnen ein oder zwei Flaschen vorbei.“
„Das würden Sie tun?“, fragte Blanche, die nun wieder lächelnd aufsah.
„Selbstverständlich.“
Auf einmal schmollte sie. „Niemand kauft mir Wein. Ich muss ihn mir immer selbst besorgen.“
„Ich musste es mir auch immer selbst besorgen“, sagte er zweideutig und drückte Beth an sich. „Aber jetzt habe ich ja Ihre Tochter.“
Blanche verstand die Doppeldeutigkeit nicht oder wollte sie nicht
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