Opferlämmer
gekümmert.
Die Tür ging zu, und sie setzten ihren Weg nach unten fort.
… Neunundvierzig
Rhyme starrte auf die Uhr. Noch zehn Minuten bis zum Ablauf der nächsten Frist.
Während der letzten Stunde hatten Polizei und FBI überall in der Stadt ihre Suche fortgesetzt. Hier im Labor hatten Rhyme und die anderen sich hektisch noch mal die Beweise vorgenommen. Hektisch … und vergeblich. Sie waren Galts Aufenthaltsort oder seinem nächsten Ziel kein Stück näher als unmittelbar nach dem ersten Anschlag. Rhymes Blick schweifte über die Tabellen, doch aus den einzelnen Teilen wollte sich einfach kein Bild ergeben.
McDaniel erhielt einen Anruf. Der Agent hörte zu, nickte energisch und sah seinen Protegé an. Dann dankte er dem Anrufer und trennte die Verbindung.
»Eines meiner T-und-K-Teams hat einen weiteren Treffer hinsichtlich der Terrorgruppe gelandet. Einen kleinen, aber er ist Gold wert. Ein weiteres Wort in dem Namen lautet ›Erde‹.«
»Gerechtigkeit für die Erde«, sagte Sachs.
»Es könnte noch mehr folgen, aber diese Worte sind jedenfalls sicher: ›Gerechtigkeit‹, ›für‹ und ›Erde‹.«
»Wenigstens wissen wir, dass es um Ökoterror geht«, murmelte Sellitto.
»Und in keiner Datenbank findet sich etwas darüber?«, wunderte Rhyme sich laut.
»Nein, aber vergessen Sie nicht, wir bewegen uns hier im digitalen
Umfeld. Und es gab noch einen Treffer. Rahmans Stellvertreter scheint jemand namens Johnston zu sein.«
»Ein Angloamerikaner.«
Und inwiefern hilft uns das weiter?, fragte Rhyme sich verärgert. Wie soll uns irgendwas hiervon das Ziel des Anschlags verraten, der in nur wenigen Minuten stattfinden wird?
Und was für eine teuflische Waffe hat er sich diesmal überlegt? Einen weiteren Lichtbogen? Einen weiteren tödlichen Stromkreis an einem öffentlichen Ort?
Rhymes Augen waren auf die Tafeln fixiert.
»Holen Sie mir Dellray an den Apparat«, wies McDaniel den Kleinen an.
Gleich darauf ertönte die Stimme des Agenten aus dem Lautsprecher. »Hallo? Wer spricht denn da?«
»Fred? Tucker hier. Ich bin hier mit Lincoln Rhyme und einigen anderen vom NYPD.«
»Bei Rhyme zu Hause?«
»Ja.«
»Wie geht es Ihnen, Lincoln?«
»Es ging schon mal besser.«
»Ja. Das dürfte für uns alle gelten.«
»Fred«, sagte McDaniel, »haben Sie schon von den neuen Forderungen und der Frist gehört?«
»Ihre Assistentin hat mich verständigt. Sie hat mir auch von dem Motiv erzählt. Galts Krebs.«
»Wir haben inzwischen die Bestätigung, dass es sich vermutlich um eine Terrorgruppe handelt. Ökoterroristen.«
»Und wie passt Galt dazu?«
»Symbiose.«
»Was?«
»Ein symbiotisches Konstrukt. Das stand doch in meinem Memo… Die Gruppe heißt ›Gerechtigkeit für die Erde‹. Und Rahmans Stellvertreter trägt den Namen Johnston.«
»Das klingt nach unterschiedlichen Motiven«, sagte Dellray. »Galt und Rahman? Wie haben die sich gefunden?«
»Keine Ahnung, Fred. Darum geht es auch gar nicht. Vielleicht hat die Gruppe ihn kontaktiert, nachdem sie seine Postings über die Krebserkrankung gelesen hatte. Das Internet ist voll davon.«
»Aha.«
»Nun, die Frist läuft gleich ab. Hat Ihr Informant irgendwas herausgefunden?«
Eine Pause. »Nein, Tucker. Nichts.«
»Wie war denn das Treffen? Heute Nachmittag um drei, sagten Sie, nicht wahr?«
Wieder ein Zögern. »Stimmt. Aber er hat noch nichts Konkretes. Er muss noch etwas tiefer graben.«
»Scheiße, er soll nicht graben, er soll liefern«, herrschte der ASAC ihn an. Rhyme war überrascht; er hätte nicht damit gerechnet, diesen aalglatten Kerl fluchen zu hören. »Also, rufen Sie Ihren Mann an, und teilen Sie ihm die Neuigkeiten über ›Gerechtigkeit für die Erde‹ mit. Und über den neuen Komplizen, Johnston.«
»Mach ich.«
»Fred?«
»Ja?«
»Er ist der Einzige, der was aufgeschnappt hat? Dieser Spitzel ?«
»Ja.«
»Und er weiß nichts Konkretes, keinen Namen, gar nichts?«
»Leider nicht.«
»Na ja, dann vielen Dank, Fred«, sagte McDaniel desinteressiert. »Sie haben getan, was Sie konnten.« Als hätte er sowieso nicht mit irgendwelchen neuen Erkenntnissen gerechnet.
Eine Pause. »Gern.«
Sie unterbrachen die Verbindung. Rhyme und Sellitto sahen beide, wie mürrisch McDaniel dreinblickte.
»Fred ist ein guter Mann«, sagte der Detective.
»Ja, ist er«, erwiderte der ASAC schnell. Zu schnell.
Doch Fred Dellray und McDaniels Meinung über ihn spielten plötzlich keine Rolle mehr, denn die Mobiltelefone aller
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