Opferlämmer
ausdrücklich erwähnt, dass er nicht in New York lebt und sie angeblich kaum Kontakt hätten. Und da ist noch was. Sie hat behauptet, sie kenne sich mit der Technik nicht so gut aus, sondern habe von ihrem Vater die Begabung für den geschäftlichen Teil der Branche geerbt. Aber erinnert ihr
euch noch an den Fernsehbericht über sie? Vor der Pressekonferenz?«
Cooper nickte. »Sie hat als Technikerin angefangen und ist erst später auf die geschäftliche Seite gewechselt, um letztlich die Nachfolge ihres Vaters anzutreten.« Er deutete auf das Täterprofil. »Sie hat gelogen.«
»Und diese griechische Vorspeise könnte von Andi selbst stammen«, sagte Sachs. »Womöglich hat sie sich mit ihrem Bruder in einem Restaurant unweit der Firma getroffen.«
Rhymes Augen blieben auf den Monitor gerichtet, aber er runzelte die Stirn. »Und wieso ist Bernie Wahl noch am Leben?«
»Der Sicherheitschef der Algonquin?«, grübelte Sellitto. »Mist, daran habe ich noch gar nicht gedacht. Ihn am Leben zu lassen bedeutete doch ein zusätzliches Risiko für Galt – na ja, den Täter.«
»Randall hätte den zweiten Erpresserbrief auf ein Dutzend verschiedene Arten übersenden können. Wahl sollte glauben, dass es sich um Galt handelt, und uns in dieser Überzeugung bestärken. Er hat den Täter ja nie zu Gesicht bekommen.«
»Kein Wunder, dass niemand den echten Galt gesehen hat, trotz all der Fotos im Fernsehen und im Internet«, sagte Dellray. »Es war die ganze Zeit ein völlig anderer Täter.«
McDaniel schien nicht mehr so skeptisch zu sein. »Und wo ist Randall Jessen im Moment?«
»Wir wissen nur, dass er für achtzehn Uhr dreißig irgendwas Großes plant.«
Rhyme schaute nachdenklich zu den jüngsten Beweisen. Dann schrieb er weiter – er verfasste eine Liste mit Anweisungen, wie ab jetzt zu verfahren sei, einen langsamen Buchstaben nach dem anderen.
Dann fand der ASAC ein neues Haar in der Suppe. »Tut mir leid, kurze Auszeit. Ich verstehe, was Sie sagen, aber wie lautet
Jessens Motiv? Sie schädigt ihre eigene Firma. Sie begeht Morde. Das ergibt keinen Sinn.«
Rhyme korrigierte einen Tippfehler und machte weiter.
Klick, klick …
Dann blickte er auf und sagte leise: »Die Opfer.«
»Was?«
»Falls der Täter wirklich bloß seinen Standpunkt verdeutlichen wollte, hätte er von vornherein eine Zeitschaltuhr benutzen können – und nicht riskieren müssen, während des Anschlags in der Nähe zu sein. Wir wissen, dass er dazu in der Lage gewesen wäre, denn wir haben eine entsprechende Feder an einem der Tatorte gefunden. Aber das hat er nicht gemacht. Stattdessen hat er eine Fernsteuerung benutzt und war beim Tod der Opfer zugegen. Warum?«
Sellitto lachte auf. »Da hol mich doch der Teufel, Linc. Andi und ihr Bruder hatten es auf bestimmte Personen abgesehen. Es sollte nur zufällig wirken. Deshalb sind die Anschläge auch jeweils kurz vor Ablauf der Frist erfolgt.«
»Genau! … Grünschnabel, holen Sie die Tafeln her. Sofort!«
Pulaski gehorchte.
»Die Opfer. Seht euch die Opfer an.«
Luis Martin, stellvertretender Geschäftsführer in Plattenladen.
Linda Kepler, Oklahoma City, Touristin.
Morris Kepler, Oklahoma City, Tourist.
Samuel Vetter, Scottsdale, Geschäftsmann.
Ali Mamrud, New York City, Kellner.
Gerhart Schiller, Frankfurt, Werbefachmann.
Larry Fishbein, New York City, Buchprüfer.
Robert Bodine, New York City, Anwalt.
Franklin Tucker, Paramus, New Jersey, Vertreter.
»Wissen wir irgendetwas über die Verletzten?«
Sachs verneinte.
»Nun, auch einer von denen könnte das beabsichtigte Opfer gewesen sein. Wir sollten das überprüfen. Aber was wissen wir zumindest über die hier , die Verstorbenen?«, fragte Rhyme und starrte die Namen an. »Gibt es einen Grund, dass Andi einem oder mehreren den Tod wünschen würde?«
»Die Keplers waren als Teilnehmer einer Pauschalreise in der Stadt und schon seit zehn Jahren im Ruhestand«, sagte Sachs. »Vetter war der Augenzeuge. Vielleicht wurde er deshalb ermordet. «
»Nein, der Anschlag war seit mindestens einem Monat geplant. In welcher Branche hat Vetter gearbeitet?«
Sachs blätterte in ihrem Notizbuch. »Er war der Chef von Southwest Concrete, einer Baufirma.«
»Schlag die mal nach, Mel.«
»Tja, hört euch das an«, sagte Cooper eine Minute später. »Sitz in Scottsdale. Alle Arten von Bauten, aber spezialisiert auf Infrastruktur. Auf deren Internetseite steht, Vetter habe im Battery Park Hotel an einer Baukostentagung für
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