Opfermal
werden.
Also würde der General warten müssen. Aber das war in Ordnung. Der General war daran gewöhnt zu warten.
69
Bradley Cox lag im Bett und starrte an die Decke, als ihn das Läuten seines Handys erschreckte. Er griff sofort danach, aber die Leitung war bereits tot, als er sich meldete. Er schaute auf seinen Wecker – 3.12 Uhr –, dann auf die Liste der verpassten Anrufe. Er kannte die Nummer nicht – 704, die Vorwahl von Charlotte – und wollte gerade zurückrufen und dem Besitzer sagen, er solle sich zum Teufel scheren, so spät noch anzurufen, als er das Signal für eine eingetroffene SMS hörte.
Wenn das wieder Amy ist, dachte er, dann sag ich ihr, dass sie sich ein für alle Mal verpissen soll. Er war nicht in der Stimmung für eine telefonische Verabredung zum Sex, schon gar nicht nach der Horrorshow am Abend im Theater. Sie hatte früher am Abend bereits angerufen und gefragt, ob ihm nach ein wenig Gesellschaft war, aber er hatte ihr unmissverständlich klargemacht, dass er seine Ruhe haben wollte. Und dann hatte der junge Schauspieler etwas getan, was er seit der Grundschule nicht mehr getan hatte: Er hatte sich in den Schlaf geweint. Gegen 1.45 Uhr wachte er auf und machte sein Licht aus. Aber ein Gesicht, das in der Dunkelheit direkt vor seiner lädierten Nase schwebte, hatte ihn hellwach gehalten.
Edmund Lambert.
Ja, dieser Hurensohn hatte ihm alles gründlich versaut. Und dafür würde der Scheißkerl zahlen. Cox hatte alles geplant. Er würde sich ein paar Jungs von der Baufirma seines Vaters holen – kräftige Hinterwäldler-Typen, die so etwas liebten –, und sie würden Edmund Lambert zu gegebener Zeit einen Höflichkeitsbesuch abstatten. O ja, sie würden den kleinen Soldaten anständig vermöbeln.
Er spielte das Szenario in Gedanken immer wieder durch, und das Bild, wie Edmund Lamberts Gesicht zu einem blutigen Brei geschlagen wurde, ließ ihn sogar lächeln. Natürlich würde ihm George Kiernan die Hölle heißmachen dafür, aber sein kleiner Plan war einen Anschiss von dem Alten wert. Tatsächlich war es ihm gerade besser gegangen, als ihn das Läuten des Handys aus seinen Fantasien geschreckt hatte.
Cox scrollte aus der Liste der verpassten Anrufe und las die eingegangene SMS .
Hier ist Cindy Smith. Bist du wach?
Cox setzte sich abrupt auf, sein Herz schlug schnell, sein Instinkt als Spieler meldete sich sofort.
Egal, welche Tussi es ist, sagte er sich, wenn sie dir um drei Uhr morgens eine SMS schickt, kann es nur um eins gehen.
Sex.
Aber Cindy Smith?
Schlagartig war Edmund Lambert vergessen, und Cox überlegte fieberhaft, wie er die Sache am besten anpackte. So ungern er es zugab, aber er war schwer verliebt gewesen in Cindy Smith – war es immer noch –, hatte aber nie einer Menschenseele davon erzählt. Was ihn am meisten störte, war, dass er nicht wusste, was er getan hatte, um sich alles mit ihr zu verderben. Sicher, er war ein paar Mal ziemlich rüde zu ihr gewesen, aber erst nachdem sie ihn zurückgewiesen hatte. Und er hatte es ehrlich und ritterlich gemeint, als er sie bat, mit ihm auszugehen, denn er hatte bereits gewusst, er würde sich Zeit nehmen müssen, wenn er sie bumsen wollte, und war zu dem Schluss gekommen, dass sie es definitiv wert war.
Aber jetzt?
Die Aufführung. Er hatte den Blick in ihren Augen gesehen, als er heute Abend Mist gebaut hatte: die Anteilnahme, die Art, wie sie ihm aus der Patsche geholfen hatte, ohne nachzudenken, ohne Verachtung, während seine Kollegen im Ensemble in der Kulisse hinter ihm nur gekichert hatten.
Vielleicht geschieht alles aus einem Grund, dachte er. Vielleicht hatte es das gebraucht, um uns endlich zusammenzubringen.
»Also gut«, sagte er sich und überlegte rasch. »Wenn wir telefonieren, werde ich sie nicht einmal bitten vorbeizukommen. Und wenn sie kommt, werde ich sie nicht anrühren. Nicht einmal, wenn sie es will. So muss ich es machen.«
Er holte tief Luft und schrieb zurück: Ja. Was ist?
Einen Augenblick später: Können wir reden? Bin draußen in meinem Wagen.
»Verdammt«, sagte er, und seine Finger tippten schon, bevor er überlegt hatte, was er sagen wollte: Komm einfach rein. Bin gleich bei dir.
Sein Gehirn glühte – aber er musste drei Dinge tun: aufs Klo gehen, etwas anziehen, sich die Zähne putzen. Er sprang aus dem Bett, schaltete das Licht ein, schloss die Wohnungstür auf und marschierte direkt ins Bad, wo er ins Waschbecken pinkelte, während er sich die Zähne
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