Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Opfermal

Opfermal

Titel: Opfermal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Funaro
Vom Netzwerk:
Jugendlicher in den Achtzigerjahren gesehen hatte.
    Der dürre grüne Mann lächelte – mit offenem Mund und entblößten Zähnen, die Lippen zurückgezogen oder gar nicht vorhanden. Der Kopf des Manns war an den Pfosten gebunden, sodass er nach links unten zu blicken schien. Seine Augenhöhlen waren jedoch leer; die Augäpfel waren ebenso verschwunden wie die Nase. Ein Frühstück für Krähen, dachte Gurganus in taubem Entsetzen.
    Sein Herz schlug jetzt wild. Und während er dort stand und auf den verschrumpelten Kadaver keine zwei Meter von ihm entfernt starrte, spürte er plötzlich, wie es ihm warm und nass an der Innenseite seiner Oberschenkel hinablief. Er nahm es geistesabwesend zur Kenntnis, als würde es jemand anderem widerfahren. Und noch viele Jahre später, als er die Geschichte seinen Enkeln erzählte, schwor der alte Mann, dass es mehr noch als der Fund einer Leiche mitten im Wald die leuchtend weißen Symbole auf dem verwesenden Oberkörper des Eindringlings gewesen waren, die ihn in die Hose machen ließen.
    15
    Er befindet sich in einem Raumschiff, das aussieht wie sein Bett im Haus seiner Eltern und rast durch ein Himmelsgewölbe aus aufgeklebten Plastiksternen auf einen verschwommenen Planeten in der Ferne zu. Er ist jetzt fast da – er hat den Eindruck, als könnte er die Hand ausstrecken und den gelben Leuchtstoffkreis durch die Windschutzscheibe berühren.
    Dann blinkt eine Nachricht auf dem Schaltpult auf. Die Treibstoffanzeige – BLÖDES ARSCHLOCH steht dort in leuchtend orangefarbenen Buchstaben – und er versteht.
    »Das ist der falsche Planet!«, sagt er und gerät in Panik. »Ich werde auf Impulsantrieb schalten müssen!« Er legt ein paar Schalter um und drückt ein paar Knöpfe, als plötzlich eine neue Botschaft zu blinken beginnt, diesmal quer über die Windschutzscheibe:
    ABLENKSCHILDE UNTEN  – KOMM SCHON , BALBOA !
    » Ich werde beim Eintritt verglühen!«, sagt er, während die Titelmelodie von Rocky aus dem Lautsprecher kommt. Die Kabine brennt, und ein heftiges Gefühl der Mutlosigkeit übermannt ihn, während die Flammen an seinen Ellbogen emporzüngeln. »Mayday! Mayday!«, will er sagen, aber der Sprechfunk ist fort, und die Regler lösen sich bei seiner Berührung ab. Ich werde es nicht schaffen, denkt er, und plötzlich erstrahlt sein brennendes Raumschiff hell  … und wird zum Licht seiner Nachttischlampe, während die Titelmelodie von Rocky aus dem Blackberry daneben plärrt.
    Er war beim Arbeiten eingeschlafen.
    Benommen griff Markham nach seinem Blackberry, aber er stieß ihn zu Boden. Markham lag einen Moment da und wusste nicht, wo er war, bis ihn der Signalton für einen Anruf in Abwesenheit wachrüttelte. Verärgert drehte er sich um und fand seinen Laptop auf dem Bett neben sich. Er klickte den Bildschirmschoner weg und sah die Uhrzeit in der rechten unteren Ecke: 7.15 Uhr.
    Das Klingeln des Anrufbeantworters kam von irgendwo links am Boden, und plötzlich wurde ihm bewusst, dass er nicht mehr wusste, was er geträumt hatte. Nur ein undeutliches Gefühl von Angst und strahlend gelber Hilflosigkeit war zurückgeblieben.
    Dann erschreckte ihn das Läuten des Festnetzanschlusses. Er meldete sich.
    »Hier ist Schaap.«
    »Himmel, was …«
    »Ich bin auf dem Weg zu Ihrer Wohnung. Ziehen Sie sich an, ich bin gleich da.«
    »Was ist los?«
    »Man hat eine neue Leiche gefunden. Draußen in den Wäldern, etwa fünfzig Kilometer nordöstlich von Raleigh. In diesem Augenblick wird ein Hubschrauber in Fort Bragg klargemacht. Wir gehen in zwanzig Minuten in die Luft.«
    16
    Im Handumdrehen hatte ein schwarzer Bell Huey II Markham und sein Team von einem nahen Helikopterlandeplatz aufgelesen, war mit einer Geschwindigkeit von einhundertzwanzig Knoten mit ihnen über den Himmel von North Carolina gerast und hatte sie kurz nach neun auf Otis Gurganus’ Lichtung abgesetzt. Ein Unwetter zog auf, und der Pilot hatte sie gewarnt, dass es bei der Landung eng werden könnte. Tatsächlich musste er schließlich zweimal über der kleinen Fläche kreisen, um die Windverhältnisse einzuschätzen.
    Während des Flugs hatte Schaap Markham darüber informiert, was das FBI bisher wusste: die Umstände, die zur Entdeckung der Leiche führten, die vorläufige Einschätzung zum Zeitpunkt des Mords, die Ähnlichkeiten mit den anderen Opfern und die Zeitspanne, in der der Körper den Elementen ausgesetzt gewesen war. Sie hatten eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wer der Mann

Weitere Kostenlose Bücher