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Opfermal

Opfermal

Titel: Opfermal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Funaro
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ihnen mit Vlad zu tun. Vielleicht hatte Vlad nur für drei Zeit gehabt. Vielleicht hatte der Halbmond im Februar und April etwas an sich, das er übersah.
    Himmel, er war verzweifelt.
    »Erzählt mir, was ihr wisst«, flüsterte er.
    Doch die Sterne funkelten nur mit den Augen von Vlad selbst zurück.
    Es lag keine Barmherzigkeit in ihnen. Nicht die geringste.
    13
    Der General löste den Landstreicher von der Kette und ließ seinen nackten Körper von der Decke fallen. Er hatte seit fast eineinhalb Tagen mit dem Kopf nach unten dort gehangen – mehr als genug Zeit, damit sich seine Adern in den Bodenabfluss in der Ecke des Werkraums entleeren konnten.
    Der General hatte den Landstreicher sofort nach seiner Rückkehr zur Farm ausgenommen und ihm den Kopf abgesägt – er hatte alles in eine Mülltüte gepackt und zusammen mit den Überresten des ersten Vagabunden hinter dem alten Pferdestall vergraben. Aber der General hatte bis jetzt keine Zeit gehabt, den zweiten Landstreicher vollständig zu präparieren. Seine Tages-Existenz an der Universität und der große Druck so kurz vor der Premiere von Macbeth beanspruchten einen großen Teil seiner Zeit. Das alles würde sich jedoch ändern, wenn Macbeth am Donnerstag endlich aufgeführt wurde. Sein Teil war dann erledigt, und er würde sich auf die wichtigsten Teile der Gleichung konzentrieren können.
    Andererseits war Macbeth ebenfalls ein Teil der Gleichung. Eine Schablone für 3:1 oder 9:3, je nachdem, wie man es betrachtete. Nur ein Teil der Formel, die in elisabethanischer Doppeldeutigkeit und geheimen Botschaften verschlüsselt war. Shakespeare hatte die Gleichung 3:1 damals verstanden. Drei Hexen, drei Prophezeiungen, drei Geister – eine Menge Dreien für den einen General Macbeth. Aber während Shakespeare seine Gleichungen auf Papier schrieb, schrieb der Prinz seine in die Sterne.
    3:1 oder 9:3, je nachdem, wie man es betrachtete.
    Es stand direkt vor einem in den Sternen.
    In dem Werkraum gab es ein altes Waschbecken und einen Wasserhahn, an den der Großvater des Generals irgendwann einen Gummischlauch angeschlossen hatte. Der General stellte das Wasser an und spritzte das verbliebene Blut von der Leiche des Landstreichers. Und als sie sauber war, zerrte er sie in die Mitte des Raums und trocknete sie mit einem Handtuch ab. Dann hob der General den Kadaver des Landstreichers auf und trug ihn in den Thronsaal.
    Der Eingang war fast komplett.
    Der General kleidete den Körper in weiße Gewänder, die seinen eigenen ähnelten. Er hatte sie aus dem Kostümfundus der Harriot University gestohlen. Tatsächlich hatte der Fachbereich Theater dort den General mit allem versorgt, was er brauchte, um sein Werk zu vollenden. Zuerst dachte er, dass es ihn wegen seiner Mutter dort hingezogen hatte, er dachte, er würde dem Weg folgen, den sie genommen hätte, wenn sie noch lebte. Aber bald nachdem er den Werkstudentenjob unter Jennings ergattert hatte, begriff der General, dass ihn der Prinz dorthin gelenkt hatte.
    Ja, auch das gehörte zur Gleichung.
    Und als der Landstreicher fertig war, setzte der General seine kopflose Leiche auf den Thron. Der General hatte die Gewänder gewaschen und den Thron selbst mit Pine-Sol abgeschrubbt, aber der Verwesungsgestank des ersten Eingangs hing immer noch in der Luft. Egal. Er hatte sich daran gewöhnt. Als General musste man sich schließlich an den Geruch des Todes gewöhnen.
    Der General nahm die letzten Korrekturen an der Haltung des Landstreichers vor – richtete seine Hände auf und drapierte die Ärmel über die Armlehnen –, und als er zufrieden war, schob er das Brett wieder an Ort und Stelle. Das Brett war ebenfalls golden bemalt und passte nahtlos in einen Schlitz auf der Rückseite des Throns. An der Vorderseite des Bretts war eine Holztafel befestigt, in die der General ein Paar Türen geschnitzt hatte. Und sobald die ganze Einheit am richtigen Platz saß, passte sie wie ein Paar goldener Schulterpolster über den Rumpf des Herumtreibers.
    Alles, was die Leiche jetzt noch brauchte, war ihr Kopf.
    Das war eine der Botschaften, die er in Macbeth entdeckt hatte – vielleicht, konnte man sagen, die wichtigste von allen Botschaften –, aber der General hatte sie erst vor einigen Monaten erkannt, als er gebeten wurde, die Falltür für das Bühnenbild zu konstruieren. Die Falltür, die sich zur Hölle öffnete.
    Macbeths Botschaft hinsichtlich des Kopfs war eigentlich ziemlich offensichtlich, wenn man wusste,

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