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Opferschrei

Opferschrei

Titel: Opferschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lutz
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wir stehen zwischen ihm und der Tür. Besonders du, Quinn.«
    »Das ist der Plan«, sagte Quinn, »ihn und uns zusammenzubringen.«
    »Ich verstehe, was du meinst«, sagte Fedderman. »Und zum ersten Mal glaube ich, dass es wirklich so weit kommen wird.« Er schüttelte den Kopf. »Aber wer kann jetzt noch vorhersagen, was dieser Irre tun wird? Der ganze Druck …«
    »… der auf allen Beteiligten lastet«, sagte Pearl. Sie nahm einen Schluck von ihrem eisfreien Eistee und verzog das Gesicht. »Irgendwas wird bald explodieren.«
    »Oder irgendjemand«, sagte Fedderman und warf ihr einen abschätzenden Blick zu.
    Wieder eins dieser Phantombilder. Und alle in diesem traurigen Schwarz-Weiß. Quinn und seine widerlichen Gefährten dachten, sie wüssten inzwischen alles über ihn. Sie wussten von den anonymen Geschenken, was die Moderatorin als meine – seine – kranke Obsession bezeichnete. Der Night Prowler prägte sich ihren Namen und den Lokalsender, für den sie arbeitete, ein, und das Rot ihrer vollen Lippen, mit denen sie sorgfältig ihre schwarzen Vokale formte. Vielleicht würde er ihr eines Tages zeigen, was eine Obsession war, und sie so weit bringen, dass sie besessen war von dem Wunsch zu sterben, weil sie es nicht mehr aushielt, auch nur eine Sekunde länger unter seiner Hand zu leben.
    Er wusste, was Quinn tat. Er versuchte, den Druck auf ihn zu erhöhen, damit er zusammenbrach, wie die Serienmörder in all den Filmen und Romanen. Fiel den Schwachköpfen eigentlich nicht auf, dass das im wahren Leben selten passierte? Fast immer war es der Zufall, der dazu führte, dass solche Mörder gefasst wurden – ein unbezahlter Strafzettel, schwarz auf weiß , eine unwahrscheinliche Begegnung mit einem Zeugen, von dem man nichts gewusst hat, der Aufruf, seiner Pflicht als Jurymitglied nachzukommen, die Beschwerde eines Nachbarn wegen Lärmbelästigung … Wenn man diese Art von Risiken weitgehend minimierte, konnte es sein, dass die Polizei einem für immer vergeblich hinterherrannte.
    Aber er wusste auch, dass der dunkle, kalte Druck, die unbegründete Angst, die er auslöste, tatsächlich dazu führen konnte, dass eins dieser minimalen Risiken dem Gesetz in die Hände spielte. Was am Anfang seiner grandiosen Mordserie kein Problem darstellte, konnte später auf seinem Weg des Zorns und der Erlösung zum fatalen Fehler werden.
    Und vielleicht musste es noch nicht mal ein Fehler sein. Am Tag zuvor hatte der Night Prowler einen alten Mann auf der Columbus Avenue getroffen, mit dem er ab und zu im Central Park Schach spielte. Wilhelm Whitmire war schon alt gewesen, als er ihn zum ersten Mal getroffen hatte, aber nun schien er uralt zu sein. Während ihrer Unterhaltung erwähnte er, dass ihn die Polizei kürzlich wegen eines Schalldämpfers befragt habe, den er irgendwann einmal gekauft und vor ein paar Monaten weggeworfen hatte.
    Der Night Prowler erinnerte sich daran, wie der alte Mann von dem Schalldämpfer erzählt hatte, nachdem er ihn weggeworfen hatte. Er hatte ihn heimlich aus Whitmires Mülltonne gezogen, als diese noch ungeleert am Bordstein stand. Es war der Schalldämpfer, den er benutzt hatte, als er die Elzners erschossen hatte. Er war sich sicher gewesen, dass er nicht zurückverfolgt werden konnte, aber trotzdem hatte die Polizei mit Whitmire gesprochen. So nah waren sie also gekommen – sie waren schon in der Nachbarschaft.
    Quinn, der näher kam, der die Schrauben fester drehte.
    Plötzlich spürte er, dass er sich nach einem Ende sehnte, nach einem grünen Abschluss.
    Gott! Kein Abschluss ! Wie er dieses überstrapazierte und missbrauchte Wort hasste! Wann würden die Leute endlich begreifen, dass ein Abschluss nur ein vorrübergehender Zustand war? Dass man nicht einfach »mit seinem Leben weitermachen« konnte, außer in dem Sinn, dass einem nichts anderes übrigblieb? Die Zeit würde vergehen; irgenwann wäre man alt und abgekämpft und würde zusammen mit seinen Ängsten und Träumen sterben und zu Staub verfallen.
    Doch der Night Prowler war kein Staub, und hatte auch nicht vor, es bald zu werden. Er wusste, was er zu tun hatte, was die Zeit und die Ereignisse erforderten.
    Es gab viele Wege, mit Druck umzugehen. Ihm gefiel sein Weg am besten.
    Claire?
    Nein, noch ist es nicht so weit, noch ist die Frucht nicht reif. In jeder Ehe gibt es einen kritischen Punkt. Einen Prüfpunkt. Die Zeit ist wie eine Klinge. Alles im Gleichgewicht. Beide Seiten wissen es. Auf Messers Schneide …
    Er griff

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