Opferschrei
ein paar hübsche Teile hätte. Ich habe ihr ein paar abgekauft.« Sie hielt ihren Arm hoch, an dem einige goldene Armreifen baumelten. »Die hier.«
»Hübsch«, sagte Pearl, für die Armreifen nichts anderes waren als Handschellen.
»Hat Lisa irgendetwas erzählt, das darauf hindeutete, dass sie oder ihr Mann in Gefahr waren?«, fragte Quinn. Es war vermutlich nur ein Zufall, dass beide Frauen mit unterschiedlichem Schmuck handelten. Und es war ja nicht so, dass Janet Hofer ermordet worden war. Nun gut, wenn eines der anderen Opfer Schmuck verkauft hätte …
»Nein«, sagte Abby. »Lisa hat sich so angehört, als ob alles in ihrem Leben gut lief. Sie hat uns Bilder von ihrem Mann gezeigt, von ihrer Wohnung … zumindest hat sie sie Janet gezeigt. Ich hatte sie schon gesehen, als wir uns vor einem Monat über den Weg gelaufen sind. Sie wirkte … ich würde sagen, völlig normal.« Sie drehte wieder an ihrem Finger. Das muss wehtun, dachte Pearl.
»Leon sind Sie nie begegnet?« fragte Quinn.
»Nie. Ich hab ihn nur auf dem Foto gesehen. Gut aussehender Mann, aber älter als Lisa. Nicht dass ich ein Problem damit hätte. Besonders weil er anscheinend ziemlich romantisch ist – war.«
»Warum?«, fragte Quinn.
»Lisa hat erzählt, dass er ihr Geschenke gemacht hat, ohne ihr zu sagen, dass sie von ihm waren. Er spielte mit ihr. Sex, Liebe, alles war ein Spiel für ihn, hat Lisa gesagt.« Abby wandte sich von Quinn ab und blickte Pearl an. Von Frau zu Frau.
Pearl nickte. Lisa hatte richtig gelegen. Sie hatte nur nicht gewusst, wie richtig.
»Welche Art von Geschenken?«, fragte Quinn, ohne sich anmerken zu lassen, dass er Abby gerne gepackt und die Information aus ihr herausgeschüttelt hätte.
»Schokolade. Eine Bluse, die sie bewundert hatte, als sie einmal zusammen bummeln gewesen waren. Vor Kurzem war es Kaviar. Lisa ist verrückt nach Kaviar. Für mich sind das nur Fischeier.«
Quinn konnte sich nicht daran erinnern, Kaviar oder eine leere Kaviardose in Lisas und Leons Küche gesehen zu haben.
»Blumen …«
»Was?«, fragte Pearl scharf.
Abby starrte sie an. »Blumen. Lisa sagte, Leon habe ihr Blumen geschenkt. Offiziell waren sie natürlich nicht von ihm. So als ob er ein geheimer Verehrer wäre. Eins seiner romantischen Spielchen.«
»Welche Art von Blumen?«
»Ich glaube, sie hat gesagt, dass es Rosen waren.«
»Gelbe Rosen?«, fragte Quinn beiläufig. Er wollte sie nicht beeinflussen.
»Es könnten gelbe gewesen sein.«
Abwesend drehte Abby noch fester an ihrem Finger. Dieses Mal musste es wehgetan haben, denn sie blickte hinab, hörte auf zu drehen und faltete die Hände in ihrem Schoß.
»Gelb. Doch, ich bin mir ziemlich sicher, dass sie gesagt hat, sie waren gelb.«
*
Unten im Wagen startete Pearl den Motor und schaltete die Klimaanlage ein, während Quinn mit dem Handy telefonierte.
»Ich bin ziemlich beschäftigt heute Morgen«, sagte Renz, nachdem Quinn sich gemeldet hatte. »Jeder hängt an meinem Arsch, vom Bürgermeister bis hin zu dem Kerl, der nicht nah genug an den Bürgermeister herankommt, um ihm den Arsch zu küssen. Bitte sagen Sie, dass Sie etwas für mich haben, Quinn.«
»Mageninhalt«, entgegnete Quinn.
»Himmel, ich habe gerade gegessen. Reden Sie Klartext.«
»Steht im Bericht des Gerichtmediziners etwas über den Mageninhalt von Lisa Ide?«
»Ja, klar.«
»Kaviar?«
»Unter anderem. Woher wussten Sie das?«
»Ich bin Detective. Es ist mein Job, Dinge herauszufinden. Das haben Sie mir selbst gesagt.«
»Das mit dem Kaviar?«
»Das mit dem Dinge herausfinden.«
»Verdammt, Quinn!«
Quinn wartete.
»Okay, okay, vielleicht ärgere ich Sie ein wenig zu oft. Ich kann nicht anders, und Sie haben es allemal verdient. Was hat das mit dem Kaviar zu bedeuten, außer dass die tote Lisa ein exklusives Abendessen zu sich genommen hat, bevor sie starb?«
»Es bedeutet, dass sie verrückt war nach Kaviar und dass sie und Leon auf jeden Fall von unserem Kerl ermordet wurden. Er hat vor Kurzem Kaviar in ihrer Wohnung hinterlassen. Irgendwie muss er herausgefunden haben, dass Lisa das Zeug gerne aß, es war eins seiner Geschenke. Außerdem hat er ihr gelbe Rosen gebracht. Das heißt, an drei von vier Tatorten haben sich irgendwann Rosen befunden.«
»Vielleicht war es tatsächlich ihr Mann, Leon, der ihr die Geschenke gemacht hat. Er hat sicherlich gewusst, dass sie Kaviar mochte, und er kann ihr auch die Rosen geschenkt haben.«
»Nicht der Ehemann.«
»Warum
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