Opferschrei
achte auf Sicherheit. Ich meine, dieser Tage …« Er machte eine ausholende Handbewegung, als ob er auf bestimmte Tage um sie herum deuten wollte. Dieser Tage.
»Hatte irgendjemand von den Leuten, die sie angestellt haben, die Möglichkeit, den Schlüssel nachzumachen?«
Victory schaute sichtlich verlegen. »Oje!«
»Ist das ein Ja?«
»Ich fürchte, das ist es. Aber alle Leute, mit denen ich zusammenarbeite, sind alte Bekannte, jeder Einzelne von ihnen ist absolut vertrauenswürdig.«
»Wir wissen beide, dass man das nie mit Sicherheit sagen kann.«
»Das stimmt. Aber hier geht es nicht um Krieg oder Liebe, sondern um Innenausstattung.« Er hob einen Zeigefinger, an dem ein Ring steckte. »Wobei – manchmal geht es da zu wie im Krieg. Wenn Klienten denken, etwas würde nicht passen . Oder wenn es darum geht, die Kosten für unsere Kunst zu begleichen, anstatt nur darüber zu reden.«
»Ich möchte eine Liste von allen Handwerkern, mit denen Sie arbeiten«, sagte Pearl.
»Ich möchte ihnen keine Unannehmlichkeiten bereiten.«
»Sehe ich aus wie eine Unannehmlichkeit?«
Victory grinste anzüglich. »O, ganz und gar nicht!«
»Das heißt, ich kriege die Liste?«
Victory zuckte mit den Achseln. »Ich denke schon.«
Pearl reichte ihm ihren Stift und ihren Notizblock.
Als er fertig war mit Schreiben, fragte sie: »Was für Lampen hängt man sich heutzutage ins Schlafzimmer?«
»Kristallleuchter im Retrostil, japanische Buntglaslampen, gebürstetes Aluminium …«
»Was ist mit diesen Deckenventilatoren mit Lampenvorrichtung?«
»Großer Gott!«
Gebürstetes Aluminium, dachte Pearl.
Als sie ging, warf der Kerl an der Kreissäge einen Blick zu ihr herüber und schaffte es, sich lasziv mit der Zunge über die Lippen zu fahren. Pearl versuchte, ihn zu ignorieren, kam aber nicht umhin, ihn für seine Geschicklichkeit zu bewundern.
Kreiiisch!
Pearl hoffte, er würde sich einen Finger absägen.
Victory beobachtete Pearl durch das helle Rechteck des Eingangs, als sie über die Straße zu ihrem Auto ging.
Ich wünschte, ich hätte ihren Hintern.
Er mochte die Polizistin; sie hatte Eier in der Hose. Aber er wollte ihr auf keinen Fall noch einmal begegnen. Es war kein angenehmes Gefühl, so nah an einem richtigen Mordfall dran zu sein. Ein Mord war entwürdigend, aber viel schlimmer war es, angeklagt und vor Gericht gezerrt zu werden oder gar ins Gefängnis zu wandern, oder … Nun, es konnte wirklich gemein und demütigend sein. Richter und Jurys waren heutzutage wirklich unberechenbar. Victory wusste, dass unschuldige Leute mit erschreckender Regelmäßigkeit wegen Mordes verurteilt wurden. Wie hieß noch gleich der Film …?
Er hatte vier Sterne bekommen – das wusste er. Es würde ihm wieder einfallen.
Er ging noch einmal die Namen durch, die er auf dem Notizblock der Polizistin notiert hatte. Die Liste musste vollständig sein, damit er keinen Verdacht erregte oder den Eindruck weckte, er würde mit einem Monster unter einer Decke stecken.
Er war sich sicher, dass er alle aufgeschrieben hatte. Die Polizistin mit dem reizenden Hinterteil hatte die Namen aller Handwerker, mit denen er in den letzten zwei Jahren zusammengearbeitet hatte.
Zufrieden, dass er die düstere Angelegenheit aus seinem Kopf verbannen konnte, fuhr Victory damit fort, sich über die zukünftigen Wände Gedanken zu machen. Es war nicht nur die Wahl des richtigen Farbtons, die ihn beschäftigte; er musste andere Elemente finden, die zu dem Motto des Cafés passten. Die Wände lieferten nur den Hintergrund, aber es brauchte Dinge daran, die hervorstachen und Kontraste boten. Wie wäre sexy Unterwäsche, mit Klarlack überzogen und eingerahmt wie Kunst? Und es gab genug Backutensilien, die erotische Assoziationen auslösten.
Ja! Aber vielleicht sollte er das Pferd von hinten aufzäumen. Zuerst der Wandschmuck aus Dessous und Backutensilien, dann die Wandfarbe? Er hatte immer noch genug Zeit, um eine Entscheidung zu treffen. Und er kannte jemanden, der die perfekte Farbe finden würde, um Sex und Essen, zwei der grundlegenden menschlichen Bedürfnisse, miteinander zu verbinden.
Victory hatte keine Sekunde daran gedacht, Romulus auf seine Liste der Handwerker zu setzen. Ganz einfach, weil Romulus kein Handwerker war. Er bewegte sich nicht im Universum des einfachen Handwerks. Dafür war Romulus viel zu komplex und brillant. Er war einzigartig. Ein leuchtender Stern, kein gewöhnlicher Arbeitssklave, der zufällig mit dem Hammer,
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