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Opferschrei

Opferschrei

Titel: Opferschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lutz
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Claires Lieblingssüßigkeit zu verspeisen. Er ließ die Schokolade auf der Zunge zergehen, während er an sie dachte. Auf der Leinwand schwamm eine attraktive Taucherin mit langen, wohlgeformten Beinen durchs dunkle Wasser. Sie hatte offensichtlich Angst, trotzdem tauchte sie, vorangetrieben vom Drehbuch, tiefer. In den finsteren Tiefen drohte ihr von allen Seiten Gefahr, der Tod konnte jederzeit über sie hereinbrechen. Es war wie im wahren Leben.
    Jemand im Publikum kicherte. Der Night Prowler presste eine Fingerspitze gegen die Rückenlehne des leeren Vordersitzes. Er überlegte, dass ein spitzes Messer leicht durch das Polster dringen würde, durch den Rücken der Person, die dort saß, bis hin zu ihrem Herzen. Blutrotes, scharlachrotes Blau in der Dunkelheit. Wenn er das tun würde, was er sich in Gedanken ausmalte, dann wäre der, der gekichert hatte, binnen Sekunden tot. Die anderen Kinobesucher würden glauben, er würde schlafen, während sein Mörder einfach aufstand und den Saal verließ.
    Es konnte klappen. Es war eine Überlegung wert. Leute, die im Kino redeten, die so unhöflich waren, andere Leute bei ihren Träumereien und ihrem Freizeitvergnügen zu stören, verdienten den Tod.
    Die Musik wurde lauter, während die Taucherin um ihr Leben schwamm. Mit weit aufgerissenen, angsterfüllten Augen wurde sie nach oben gezogen, gerade noch rechtzeitig ins Boot, wo sie in Sicherheit war. Zumindest für eine Weile.
    Nicht sehr realistisch, dachte der Night Prowler und vergaß den Störenfried.
    In Farbe wäre der Film besser gewesen.

54
    Die Sonne strahlte und es war kein Wölkchen am Morgenhimmel, doch aus Osten konnte man das ferne Grummeln des Donners hören. Quinn saß auf einer der Bänke aus Holz und Beton am Parkeingang an der Eighty-Sixth Street. Er blickte auf einen sanften Hügel, der von alten Bäumen überschattet war. Am Fuß des Hügels lagen ein paar Sonnenanbeter auf Handtüchern oder Liegestühlen, obwohl es noch früh war und gerade erst warm wurde.
    Quinn dachte, dass es ein schöner Morgen war, der seine Probleme Lügen strafte. Er warf einen Blick auf die Uhr. Pearl und Fedderman sollten bald hier sein.
    »Das ist also ihr Treffpunkt«, sagte eine Stimme hinter ihm.
    Harley Renz erschien in seinem Blickfeld. Er trug einen dunkelblauen Anzug mit feinen Nadelstreifen, ein blaues Hemd und eine rotgemusterte Krawatte mit einer goldenen Krawattennadel. Jemand hatte viel Zeit damit zugebracht, seine Schuhe auf Hochglanz zu polieren. Er passte in den Park wie Fred Astaire in ein Holzschuhtanz-Ensemble. Quinn vermutete, dass für diesen Morgen ein Fernsehinterview anberaumt war. Er konnte einen glänzenden, schwarzen Lincoln sehen, der auf der Central Park West am Straßenrand parkte. Wahrscheinlich wartete darin Renz’ Chauffeur.
    »Sie könnten nass werden«, meinte Renz. Sein Lächeln legte nahe, dass er das nicht so schlimm finden würde. »Hören Sie den Donner?«
    »Das ist weit draußen auf dem Meer.«
    »Genau wie Sie«, meinte Renz immer noch lächelnd. Er steckte lässig einen Daumen in seinen Gürtel, sodass er aussah wie ein Model aus dem Versandhauskatalog, und schaute sich um.
    »Ihr Dreckloch von Wohnung befindet sich doch in der Ninety-First Street. Es gibt einen Parkeingang, der näher bei Ihrem Haus ist, warum treffen Sie ihre Spießgesellen nicht dort?«
    »Dieser Eingang liegt zentraler für uns.« Was stimmte. Hinzu kam aber, dass es in der Nähe des Eingangs auf der Ninety-First Street einen Kinderspielplatz gab, und Quinn wollte nicht zu viel Zeit auf einer Parkbank dort verbringen. Die Presse hatte so schon genug, über das sie berichten konnte.
    »Ich bin auf dem Weg zu Channel One, dann zum Revier, und ich dachte, Quinn hat bestimmt etwas zu berichten. Ich wusste, dass Sie und Ihr Team sich hier manchmal treffen, also habe ich meinem Fahrer gesagt, er soll hier anhalten, damit wir ein wenig plaudern können.«
    Quinn erzählte ihm von Pearls Theorie, jemand könnte die Schlüssel nachgemacht haben.
    »Und?«, fragte Renz.
    »Wir sind noch dabei, sie zu überprüfen. Ergibt auf jeden Fall Sinn.«
    »Was heißt, dass sie so gut wie nichts haben.«
    Quinn nickte. »Kann man so sagen. Wir sind aber noch nicht fertig. Pearl und Fedderman haben sich darum gekümmert, vielleicht haben sie etwas zu berichten, wenn sie hier auftauchen.«
    »Was heißt, sie haben sich darum gekümmert?«
    »Sie haben Läden überprüft, wo die Wohnungsschlüssel nachgemacht worden sein

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