Opferschrei
tanzen, schwarz und rot.
Schwarz und rot, purpurnes Schwarz …
Er wählte die Nummer und wartete. Dann sagte er der Frau am anderen Ende der Leitung, dass er sehr wichtige Informationen für Kay Kemper habe.
Wer er war?
»Es tut mir leid, aber das kann ich Ihnen nicht sagen, weil ich Angst vor den Konsequenzen habe. Alles, was Sie wissen müssen, ist, dass ich ein ehemaliger Cop bin und ein hohes Tier im NYPD war. Ich habe großen Respekt vor Kay Kemper. Sie ist die Einzige, der ich vertraue. Ich habe Angst davor, mit jemand anderem zu sprechen. Nur sie kann die Authentizität meiner Informationen beurteilen.«
Ich habe vor nichts Angst!
Die Frau zögerte nur kurz, bevor sie ihn durchstellte.
Man musste dreist sein in dieser Welt.
57
Quinn war müde und fühlte sich alt. Zusammen mit Pearl und Fedderman hatte er den Großteil des Tages damit verbracht, die Handwerker auf der Liste des Dekorateurs zu befragen, die im vergangenen Jahr in den Mordwohnungen gearbeitet hatten und eine eigene Schlüsselfräse besaßen.
Es waren nicht sehr viele, aber es hatte eine Weile gedauert, sie zu identifizieren und ausfindig zu machen. Zuerst hatten sie die Handwerker selbst gefragt, ob sie eine Maschine besaßen, dann hatten sie sie über andere Handwerker befragt. Probe, Gegenprobe, ohne eine Ungereimtheit zu entdecken. Wie sich herausstellte, waren es nicht viele Schreiner, Maler oder Flaschner, die auch Schlüssel machten oder nachmachten.
Als sie am Ende der Liste angekommen waren, hatten sie wieder eine Spur, die ins Leere gelaufen war. Es war nicht so, dass Pearls Idee schlecht war; aber es gab einfach keinen Weg herauszufinden, ob es einer der Handwerker geschafft hatte zu verheimlichen, dass er eine Schlüsselfräse besaß und mit ihr umgehen konnte. Wenn es sich um den Night Prowler handelte, war das gut möglich.
Sie aßen in einem Restaurant namens Placebo in der West Side zu Abend und bemitleideten sich gegenseitig, weil sie mit den Ermittlungen nicht weiterkamen. Als sie mit dem Kaffee fertig waren und das Restaurant verließen, war es fast sieben Uhr. Draußen war es immer noch so heiß und schwül wie den ganzen Tag über, obwohl die Sonne bereits tief am Himmel stand.
Die Rushhour war schon vorbei, als Pearl und Quinn Fedderman an seinem Auto auf der Central Park West in der Nähe der Eighty-Seventh Street absetzten, der nächste freie Parkplatz, den er hatte finden können. Es war zwar nur ein paar Blocks weiter, aber der überhitzte und total erschöpfte Fedderman hatte keine Lust, noch mehr zu laufen, und sie konnten es ihm nicht verübeln. Er schlurfte wie ein Untoter in seinem ausgebeulten Anzug auf das Auto zu, öffnete die Tür und ließ sich hinter das Lenkrad fallen.
Nachdem Fedderman davongefahren war, fädelte Pearl sich wieder in den Verkehr ein, und sie machten sich auf den Weg zu Quinns Wohnung.
»Idiot!«, sagte Pearl, während sie das Lenkrad herumriss, um einem überdimensionierten SUV auszuweichen, der eine Kreuzung überquerte.
Sie war diejenige, die bei Rot über die Ampel gefahren war, aber Quinn sagte nichts. Er merkte, dass er auf der Beifahrerseite seinen rechten Fuß gegen den Boden des Autos stemmte, als ob dort ein Bremspedal wäre. Er versuchte, sich zu entspannen – zumindest ein wenig. Manchmal dachte er, es wäre ein Wunder, wenn er diese Ermittlungen überlebte.
Ein Handy klingelte, und ihm wurde heiß bei der Vorstellung, dass Pearl fahren und gleichzeitig mit dem Handy telefonieren könnte. Doch dann merkte er, dass es sein eigenes Handy war.
Er kramte es aus seiner Tasche und drückte auf den grünen Knopf.
»Quinn?«, hörte er Harley Renz.
»Ja. Es ist meine Nummer, die Sie da gewählt haben.«
»Also, was gibt’s Neues?«
»Ich schätze, ich muss Ihnen die gleiche Frage stellen.«
»Kay Kemper.«
»Sie meinen Ihr Interview mit ihr?«
»Ich meine die Geschichte mit Ihnen und den anderen Teenagern.«
Andere Teenager? »Sagen Sie mir, um was es da geht, Harley.«
»Das wissen Sie nicht? Natürlich nicht. In den Sechs-Uhr-Nachrichten hat Kemper berichtet, eine glaubwürdige anonyme Quelle habe sie darüber informiert, dass Sie wahrscheinlich noch andere Teenager außer Anna Caruso sexuell belästigt haben. Sie sagt, dass andere im NYPD bestätigt haben, dass es zur Zeit von Carusos Vergewaltigung entsprechende Gerüchte gegeben hätte.«
»Andere? Sie meinen, jemand im NYPD erzählt diesen Blödsinn?«
»Ich habe den Eindruck, dass ihr Informant ein
Weitere Kostenlose Bücher