Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Opferschrei

Opferschrei

Titel: Opferschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lutz
Vom Netzwerk:
Seine Schultern hingen herunter, sein Kopf war gebeugt, als ob er zu schwer für seinen Hals wäre.
    »Tom?«
    »Morgen, Luther.« Er sah Luther nicht an dabei.
    Doch als Wilde den Kopf hob und ihm das Gesicht zuwandte, fiel das Licht auf die Blutergüsse und auf ein Auge, das gerade dabei war, sich in ein Veilchen zu verwandeln.
    »Was ist passiert?«, fragte Luther.
    »Milford war hier.«
    »Heute Morgen?«
    »Ganz früh. Er hat auf mich gewartet.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Dass du nicht mehr hier arbeitest und dass ich in dieser Sache keine Wahl hätte. Er hat seine Fäuste benutzt, um sicherzustellen, dass ich ihn verstanden habe. Das war zumindest seine Entschuldigung.«
    »Was hat er gegen Sie ?«
    »Ich war gerade zur Stelle. Er hätte lieber dich verprügelt. Was ist passiert, Luther? Was zur Hölle hast du getan?«
    »Hat er das nicht gesagt?«
    »Nein. Er war zu beschäftigt damit, auf mich einzuprügeln.«
    Luther beschloss, Milford sein beschämendes Geheimnis zu lassen. Es gab keinen Grund zu verbreiten, dass Cara mit Luther geschlafen hatte. Das wäre das Schlimmste für Cara. Wenn Milford seinen Ruf wahren wollte und beschlossen hatte, auch den von Cara zu schützen, war das in Ordnung für Luther.
    »Wir hatten einen Streit, das ist alles. Er hat die Beherrschung verloren. Wer hätte gedacht, dass so ein Würstchen wie Milford so wütend werden kann? Ich habe ihn beschimpft und ein paar Sachen zu ihm gesagt, die ich lieber für mich behalten hätte.«
    »Das hättest du wohl«, meinte Wilde. »Ich kann dir sagen, es wird keine Versöhnung geben. Nicht mit einem Mann wie Milford. Ich hab dich gewarnt, dass er gefährlicher ist, als er scheint.« Er senkte seinen Blick und starrte auf den Boden. Dann blickte er wieder auf und sah Luther in die Augen. »Es geht nicht nur darum, dass Milford in der Lage ist, Menschen sehr wehzutun; er hat auch ziemlich viel Einfluss hier in der Stadt. Die Leute, die ihn kennen, haben Angst, ihn zu verärgern, und er kann mir mein Leben schwermachen und dafür sorgen, dass ich keine Arbeit mehr kriege, wenn ich mich auf deine Seite schlage. Ich muss tun, was er sagt, Luther. Ich muss dich gehen lassen. Ich will nicht, aber ich muss.«
    »Ich verstehe«, sagte Luther. »Sie sind gut zu mir gewesen, Tom, und ich will Ihnen keine Schwierigkeiten bereiten.«
    »Milford war auf der Suche nach dir, Luther. Und er wird nicht aufgeben. Wo hast du die Nacht verbracht?«
    »Hier. Im Fahrerhaus des Pick-ups.
    »Mein Gott! Du warst hier, als Milford hier war!«
    »Ich schätze. Ich muss die Sache wohl verschlafen haben.«
    »Da hast du Glück gehabt.« Wilde langte in seine Hosentasche und holte ein Bündel Geldscheine hervor. »Das ist das, was ich dir schulde, und noch ein bisschen was dazu. Mehr kann ich nicht für dich tun, Luther.«
    Luther nahm das Geld und bedankte sich bei Wilde.
    »Wohin gehst du jetzt?«
    »Ich weiß nicht. Hier kann ich nicht bleiben.«
    »Nein, ich schätze nicht. Tut mir leid.«
    »Kein Problem, Tom. Es ist nicht Ihre Schuld.« Luther ging zur Tür. »Bis dann.«
    »Pass auf dich auf.« Wilde rutschte vom Stuhl, trat auf ihn zu und schüttelte ihm die Hand. »Sei vorsichtig. Am besten nimmst du den Bus, um hier wegzukommen, aber sei auf der Hut, bis du die Stadt wirklich hinter dir gelassen hast.«
    »Das werde ich tun, Tom. Danke. Sie waren wirklich gut zu mir.«
    Luther sah sich sorgfältig um, bevor er zur Tür hinausschlüpfte und davonging, ohne sich noch einmal umzublicken. Die Sonne brannte heiß auf seinen Rücken, als ob sie ihn vor sich her treiben wollte.
    Doch er ging nicht zur Bushaltestelle. Er würde die Stadt nicht verlassen, denn das würde bedeuten, dass er Cara verlassen musste.
    Überzeugt davon, dass Milford in seinem Büro in der Mine war, streifte Luther eine Weile in der Stadt umher. Er überlegte, wohin er nun gehen sollte. Wenn er sich ein Zimmer in einem Motel nahm, würde ihn Milford früher oder später aufspüren. Wahrscheinlich eher früher als später. In einer Stadt, die so klein war wie Hiram, war es aber unmöglich, auf der Straße zu leben. Obdachlose wurden sofort verjagt oder wegen Landstreicherei verhaftet. Die Mitarbeiter des Sheriffs würden ihn gleich am ersten Tag aufgreifen.
    Luther hatte keine Ahnung, wohin er gehen sollte, was er tun sollte. Was jetzt? Was wird jetzt aus mir werden?
    Plötzlich merkte er, dass er nur einen Block von dem großen viktorianischen Haus der Sands entfernt war. Vielleicht war Cara

Weitere Kostenlose Bücher