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Opferzahl: Kriminalroman

Opferzahl: Kriminalroman

Titel: Opferzahl: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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sagen, ob wir was abgekriegt hatten. Vor allem wird man ja so unglaublich, also ... zitterig. Schock sagt man wohl, oder? Physischer Schock.«

    »Was glaubt ihr, wie lange es gedauert hat, bis ihr den ersten Blick nach hinten in den Wagen geworfen habt?«, fragte Kerstin Holm.

    »Bestimmt ein paar Minuten«, sagte Emil Strömberg. »Erst musste ich Jenna trösten. Sie war ja total weggetreten.«

    »Ich war wirklich weggetreten«, nickte Jenna. »Es war so ein verdammter Schock.«

    »Aber dann habt ihr nach hinten in den Wagen geguckt?«

    »Das Erste, was ich sah, war ein Typ, der umherirrte und an alle Türen schlug. Er blutete am Kopf und schlug an die Türen und schrie, dass er raus müsste, dass er eingeschlossen wäre. Auf dem Boden hinter ihm lag ein Mädchen, die war fertig, ihr Fuß stand in einem komischen Winkel ab, und sie schien bewusstlos zu sein. Und auf dem nächsten Sitz saß ein älterer Mann und starrte uns mit leerem Blick an. Er hielt sich ein Taschentuch oder was an den Kopf, und das war vollkommen rot. Das Blut lief ihm übers Gesicht, und er war total weiß.«

    »Und dann?«, fragte Kerstin Holm.

    »Dann habe ich bis ans Ende des Wagens geschaut, auch wenn alles voller Rauch war, und das war verdammich das Schlimmste, was ich je gesehen habe. Blut und Gedärme und Arme lagen lose darum. Ein Fuß. Aber es war total still, außer dem Typen, der herumlief und an die Türen hämmerte. Er riss sich den Schuh vom Fuß und schlug damit und brüllte.«

    »Und im mittleren Teil des Wagens?«

    »Der war leer«, sagte Jenna Svensson. »Ganz leer?«

    »Ganz. Dann weiß ich nicht, wie lange es dauerte, bis die Feuerwehrleute und die Sanitäter und die Bullen kamen.«

    »Sieben Minuten, dem Bericht zufolge«, sagte Gunnar Nyberg. »Und an etwas anderes könnt ihr euch nicht erinnern, etwas, das euch in der Zwischenzeit eingefallen ist? Jede kleine Beobachtung kann wichtig sein.«

    Die beiden Jugendlichen sahen sich an und schüttelten die Köpfe.

    »Nein«, antwortete Emil Strömberg. »Nur, dass es richtig beschissen ekelhaft war.«

    »Wenn ihr noch einmal nachdenkt«, sagte Kerstin Holm, »könnt ihr euch nicht an irgendetwas erinnern, als ihr in Alvik eingestiegen seid? War der Mittelteil des Wagens ganz leer? Sagte jemand was im hinteren Teil des Wagens? Nichts?«

    »Nein, ich weiß nicht«, sagte Emil. »Nein, ich war auch ein bisschen betrunken. Aber dann wurde man ja verdamm-mich stocknüchtern.«

    »Ich erinnere mich schwach daran, dass wir links sitzen wollten, weil rechts schon vier Leute saßen«, sagte Jenny. »Wir wollten für uns sitzen. Das will man ja in der U-Bahn.«

    »Vier? Weißt du noch, wie sie saßen?«

    »Ich glaube, einer stieg am Fridhemsplan aus. Ich frage mich, ob ich da nicht auch was gehört habe. Irgendwie Zoff. Weiter hinten.«

    »Davon hast du vorher nichts gesagt«, stieß Emil hervor.

    »Es fällt mir gerade im Moment ein«, sagte Jenny. »Aber genau genommen erinnere ich mich gar nicht. Irgendein Gerangel, laute Stimmen. Eine Frauenstimme, die schrie.«

    »Schrie?«, fragte Kerstin Holm.

    »Oder brüllte eher. Wütend. Betrunken.«

    »In der Station Fridhemsplan?«

    »Ja. Der Zug stand.«

    »Und es kam von hinten? Oder vom Bahnsteig draußen?«

    »Der Bahnsteig war leer, daran erinnere ich mich. Oder fast. Es kam von hinten.«

    »Von weit hinten?«

    »Ich glaube schon. Die einzige Frau in der Nähe war ja die mit dem verletzten Fuß später, und sie war es nicht.«

    »Kam es von ganz hinten?«

    »Das weiß ich nicht. Es war auf jeden Fall heftig. Sie muss sich ganz schön ins Zeug gelegt haben.«

    »Und es kam nicht von der Person, die ausstieg?«

    »Jemand stieg direkt hinter uns aus. Aber das Brüllen kam von weiter hinten.«

    »Und du weißt nicht, was diese Frauenstimme brüllte?«

    »Nein. Nur ein Brüllen. Dann nichts mehr.«

    »Keine Antwort?«

    »Ich hab jedenfalls nichts gehört.«

    Holm und Nyberg sahen sich an. Keinem von beiden fiel noch eine Frage ein. Kerstin Holm reichte Jenny eine Visitenkarte und sagte:

    »Denk noch einmal darüber nach. Und ruf mich direkt an, falls dir noch etwas einfällt. Jedes kleinste Bisschen ist nützlich. Und danke für die Hilfe.«

    Sie gingen zu einer Rolltreppe, die zur Hornsbruksgata hinunterführte. Auf der Treppe blätterten beide in ihren altertümlichen Notizblöcken.

    »Ich glaube an dieses Zurückkommen«, sagte Kerstin Holm. »Es fallen einem neue Sachen ein, wenn man eine

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