Opferzeit: Thriller (German Edition)
ein paar einsame Hausfrauen gevögelt haben und denen man einen Teil des Genitals entfernt hat und die versucht haben, sich zu erschießen? Nein. Über mich werden Zahnärzte, Schuhverkäufer und Musiker richten.
Der Gemeinschaftsbereich zwischen den Zellen ist ge öffnet; dieselben Leute tun die immer selben Dinge. Sie spielen Karten, reden oder wünschen sich, sie wären auf freiem Fuß, um das zu tun, was sie in den Knast gebracht hat. Abgesehen von der einen Stunde am Tag, die wir in einem kleinen Gehege Sport treiben, waren die meisten von uns lange nicht draußen. Die Außenwelt könnte von Aliens zerstört werden, für uns würde das keinen Unterschied machen.
Eine weitere Stunde verstreicht. Mein Magen knurrt jetzt noch lauter. Adam schaut erneut vorbei. »Da ist jemand für dich am Telefon«, sagt er.
Er führt mich durch den Zellenblock, und wir gehen einen Gang hinunter, durch eine verschlossene Tür zu einem Telefonapparat, der die Größe eines Münzfernsprechers hat und an der Wand festgeschraubt ist. Er ist allerdings nicht deswegen so gut festgeschraubt, weil der Knast voller Diebe ist, sondern weil er voller Menschen ist, die mit so einem hübschen schweren Gegenstand jemanden zu Tode prügeln könnten. Der Hörer hängt herab und baumelt immer noch leicht hin und her. Adam lehnt sich zwei, drei Meter entfernt gegen die Wand und behält mich im Auge.
Ich hebe den Hörer ans Ohr.
»Hallo?«
»Joe, hier ist Kevin Wellington.«
»Wer?«
Ein Seufzen, dann: »Ihr Anwalt«.
»Haben Sie einen Deal gemacht?«
»Heute ist Ihr Glückstag, Joe«, sagt er. Das ist gut, denn ich brauche noch ein paar weitere Glückstage, und vielleicht bringt dieser hier den Ball ins Rollen. »Ich und die Staatsanwaltschaft, ja, wir haben eine Vereinbarung getroffen. Man gewährt Ihnen im Fall von Detective Calhoun Immunität, wenn Sie denen zeigen, wo die Leiche liegt. Das darf vor Gericht nicht gegen Sie verwendet werden. Sie müssen nur wegen allem anderen den Mund halten und ihnen zeigen, wo die Leiche ist, das ist alles. Haben Sie das verstanden?«
»Ja, habe ich.«
»Dann wiederholen Sie es.«
Ich schaue zu Adam auf, der mich immer noch anstarrt. Ich nehme den Hörer runter. »Es ist mein Anwalt«, erkläre ich ihm, »habe ich da nicht Einspruch auf etwas Privatsphäre?«
»Es heißt Anspruch , du Idiot«, sagt er, aber ich bin mir da nicht so sicher. »Sicher hast du Anspruch«, sagt er, macht aber keine Anstalten, sich zu bewegen.
Ich kehre ihm den Rücken zu und spreche in den Hörer.
»Ich habe es verstanden«, erkläre ich meinem Anwalt.
»Nein, Joe, sagen Sie mir, wie der Deal lautet.«
»Ich muss den Mund halten«, sage ich.
»Richtig. Sie beantworten die Fragen der Beamten nicht, unterhalten sich nicht mit ihnen. Am allerwichtigsten ist: Sie führen sich nicht wie ein arroganter Klugscheißer auf, denn das ist genau die Einstellung, mit der Sie sich das Leben selbst schwer gemacht haben.«
»Wovon zum Henker reden Sie?«
»Von Ihrer Einstellung, Joe. Sie glauben, Sie wären allen anderen überlegen, aber das sind Sie nicht. Ihre Überzeugung, dass …«
»Hm hm, okay, gut«, unterbreche ich ihn, denn aus seinem Mund klingt es, als wäre es schlimm, wenn man den anderen überlegen ist. Genau diese Einstellung macht aus kleinkarierten Leuten Loser. »Erzählen Sie weiter«, sage ich. »Was ist mit dem Geld? Woher wissen wir, dass sie auch bezahlen?«
»Das Geld geht an einen Treuhänder.«
»Einen Treuhänder? Was zum Henker ist das? Ich kenne nur Links- und Rechtshänder.«
»Ist das Ihr Ernst, Joe?«
»Wovon zum Henker reden Sie?«
»Das ist so was wie ein Mittelsmann für das Geld. Eine Art Gewährsmann, der darauf aufpasst. Sobald die Leiche als die Calhouns identifiziert wurde, wird das Geld ausgezahlt.«
»Wann? Morgen?«
»Das hängt davon ab, Joe, wie leicht sich Calhoun identifizieren lässt. In was für einem Zustand haben Sie ihn denn dort zurückgelassen?«
»Scheiße«, sage ich. »Also diese Treuhändersache, egal was jetzt passiert, sobald die Identität bestätigt wurde, kriege ich das Geld, ja?«
»Richtig.«
»Egal was passiert.«
Er hält inne und sagt dann: »Egal was passiert.«
»Nehmen wir an, dass eine Atombombe explodiert und die Hälfte der Bevölkerung ausgelöscht wird, und alles ist voller toter Polizisten, und es ist keiner da, der die Gefängnisse bewacht, sodass man uns alle freilässt. Dann kriege ich trotzdem mein Geld, richtig?«
»Worauf wollen Sie
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