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Opferzeit: Thriller (German Edition)

Opferzeit: Thriller (German Edition)

Titel: Opferzeit: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Cleave
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verhalten. »Er wollte nur fragen, ob mir noch jemand eingefallen ist.«
    »Eingefallen? Inwiefern?«
    »Irgendjemand Verdächtiges in meiner Gruppe. Keine Ahnung, nach wem er sucht.«
    »Was hast du ihm gesagt?«
    »Dass mir niemand eingefallen ist.«
    Sie hat das Gespräch in Angelas Zimmer mit angehört. Sie weiß, dass Schroder ihm ein Foto von ihr gezeigt hat. Sie weiß, dass sie über sie gesprochen haben, sie haben sogar ihren richtigen Namen benutzt. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Abzug des Fotos, das sie in Schroders Wagen gefunden hat, das Foto, das an dem Tag gemacht wurde, als Cindy es mit zwei Typen, die sie nicht kannte, gleichzeitig getrieben hat. Auf diesem Foto hat Melissa braunes Haar. Das war ihre natürliche Farbe – genau genommen ist sie das noch immer –, aber inzwischen färbt sie es schwarz und trägt es kurz – und natürlich benutzt sie Perücken. Sogar welche mit langem Haar. Für Raphael trägt sie es lang und schwarz.
    »Das war alles?«, fragt sie.
    »Ja. Reine Routine«, sagt er, und sie denkt an gestern Abend, als Raphael in ihren Wagen gestiegen ist. Während ihres Gesprächs davor war es ihm bestens gelungen, die Wahrheit zu verbergen. Schon da hatte er gewusst, dass sie sich als jemand anders ausgibt, und sie ist sich sicher, dass er sich jetzt bestätigt fühlt. »Wie wär’s, wenn wir den Plan noch ein paarmal durchgehen? Darum sind wir ja hier.«
    Sie nimmt einen Schluck von ihrem Wasser und stellt es wieder ab. »Okay«, sagt sie.
    »Das alles hier sollte nichts daran ändern«, sagt er. »Immerhin weißt du jetzt, dass ich es tun werde. Dass ich abdrücken werde.«
    Raphael irrt sich. Das ändert alles. Nicht die Tatsache, dass er zwei Anwälte getötet hat, sondern dass er sie über sein Gespräch mit Schroder belogen hat. Er weiß also, wer sie ist, und sie darf sich nicht anmerken lassen, dass sie es weiß. Das bedeutet, dass sie ihren Plan entsprechend ändern muss, denn Raphael wird das ebenfalls tun. Es kommt jetzt darauf an, dem anderen einen Schritt voraus zu sein – das konnte sie schon immer gut. Die einzige Person, der sie sich auf diesem Feld geschlagen geben musste, seit aus Natalie Melissa wurde, war Joe.
    Raphael ist ein Killer, und diese Seite von ihm wird sich am Montag zeigen, nicht nur Joe, sondern auch ihr gegenüber.
    Kugel Nummer eins wird Joe treffen.
    Und Kugel Nummer zwei, da ist sie sich sicher, ist für sie bestimmt.
    Kapitel 34
    Ich verpasse das Mittagessen, weil ich so viele Termine habe. Erst das Treffen mit meiner Psychiaterin, dann das mit Schroder und meinem Anwalt und schließlich ein weiteres mit meiner Psychiaterin. Am frühen Nachmittag hat sich mein Magen zu einem Knoten zusammengeschnürt. Da bekomme ich Besuch von Adam, dem Gefängniswärter. Er hat ein Sandwich dabei. Es ist nicht das erste Mal, dass ich wegen anderer Termine eine Mahlzeit verpasst habe, und jedes Mal stellte sich mir das Problem, mit dem ich auch jetzt zu tun habe – man weiß nie, was in dem Essen ist, das die Gefängniswärter einem bringen, aber es ist nun mal ihr Job, dafür zu sorgen, dass man was bekommt.
    »Bon appétit«, sagt Adam, was wohl der französische Aus druck für Fick dich ist.
    Ich wickle das Sandwich aus und lüpfe den Toast. Zwischen einer Käse- und einer Wustscheibe kleben ein paar Haare, wahrscheinlich Schamhaare, genug, um daraus einen Pullover für eine Maus zu stricken – was nicht ohne Ironie ist, denn als mir Adam das letzte Mal ein Sandwich gebracht hat, war es mit einer toten Maus belegt. Ich packe es wieder ein und reiche es ihm, aber er will es nicht.
    »Entweder du isst das, oder du musst hungern.«
    »Ich hungere lieber«, sage ich, so wie neulich bei dem Mickey-Sandwich.
    »Abwarten«, sagt Adam, schiebt ab und lässt mich allein in meiner Zelle zurück.
    Erneut starre ich die Wände an. Ich muss an Melissa denken, an meine Tante und an die Psychiaterin; ich denke über die Todesstrafe nach, und von der ganzen Grübelei bekomme ich noch mehr Hunger, und ich begreife, dass ich, was meine Zukunft betrifft, mehr Zweifel habe, als mir klar war. Die Öffentlichkeit hat sich ein Bild von mir gemacht, ohne mich überhaupt zu kennen. In die Jury werden Leute berufen, die in den letzten zwölf Monaten jede Menge negative Sachen über mich gelesen und gesehen haben. Ist es denn nicht möglich, dass ich von einem Gremium aus meinesgleichen beurteilt werde? Gibt es da draußen nicht zwölf Männer und Frauen, die getötet und

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