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Opferzeit: Thriller (German Edition)

Opferzeit: Thriller (German Edition)

Titel: Opferzeit: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Cleave
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nennen. Denn schließlich hat Melissa ihr zuvor das Schlafanzugoberteil hochgezogen, eines ihrer Bauchspeckröckchen gepackt und ihr damit gedroht, es abzuschneiden, falls sie ihr den Weg nicht erklärt.
    Doch vor drei Monaten war es für Sally viel schlimmer gewesen. Damals hatte Melissa sie gezwungen, sich nackt auszuziehen. Sie hatte Fotos in kompromittierenden Stellungen von ihr gemacht. Sally hatte gerade fünfzigtausend Dollar Belohnung für ihre Mithilfe bei Joes Festnahme erhalten, und Melissa wollte alles, was von dem Geld noch übrig war. Also fotografierte sie Sally, und diese Aufnahmen bilden einen Teil der Druckmittel gegen sie. Der andere Teil besteht aus etwas, das sie noch mit Joe besprechen muss, wenn erst einmal Gelegenheit dazu ist. Vor drei Monaten, als Sally nackt und gefesselt auf dem Bett lag, hat Melissa überlegt, ob sie jemanden bezahlen soll, der kommt und Sally vergewaltigt, während sie Fotos schießt, um das Ganze noch ein Spur schlimmer zu machen. Aber sie war sich nicht sicher gewesen, ob sie genügend Geld dafür hat, denn wer auch immer diesen Job übernommen hätte, hätte sicher eine Menge dafür verlangt. Letztendlich kam es dann doch nicht so weit. Eine innere Stimme – vielleicht die von Smelly Melly oder die ihres alten Selbst – erklärte ihr, bei allen ihren bis herigen Grenzüberschreitungen wäre dies doch einen Schritt zu weit gegangen. Melissa stimmte dem zu, schämte sich, dass sie auch nur daran gedacht hatte, was erstaunlich war, denn so etwas wie Scham hatte sie schon lange nicht mehr empfunden.
    Sie begibt sich zur Zufahrt für Rettungsfahrzeuge. Diese liegt in der Nähe eines Aufenthaltsraums für Personal, in dem Schwestern und Ärzte sitzen, Kaffee trinken und Zeitungen lesen, während sich die übrigen Schwestern und Ärzte in den Besenkammern und Toiletten mit Doktorspielchen vergnügen. Melissa wartet in der Nähe der Rettungsfahrzeuge und spielt dabei mit ihrem Handy, weil es genau das ist, was Menschen heutzutage tun, wenn sie nicht so rüberkommen wollen, als wären sie allein oder würden jemanden beobachten. Sie weiß, wonach sie Ausschau halten muss – nach der Besatzung eines Rettungswagens, die es nicht eilig hat.
    Es dauert fünf Minuten. Dann kommen sie aus dem Personalraum. Ein Mann und eine Frau, beide in Rettungssanitäteruniformen, die nicht sehr viel besser aussehen als ihre eigene. Sie plaudern und lachen. Offenkundig sind sie weder auf dem Weg zu einem Autounfall noch zu einer Schießerei oder einem Herzinfarkt. Sie trennen sich, und jeder geht zu seiner Seite des Rettungswagens. Die Frau setzt sich hinters Steuer. Sie lässt den Motor an. Melissa klopft ans Beifahrerfenster, der Mann lässt die Scheibe runter, ein gut aussehender Typ Mitte zwanzig, der absolut die Chance hat, das Ganze zu überleben, sofern er das Richtige tut.
    »Hey«, sagt er.
    »Hey«, sagt Melissa und schenkt ihm ein strahlendes Lächeln. »Seid ihr das Team, das zum Gerichtsgebäude fährt?«
    »Ja«, sagt die Frau, die Fahrerin. Sie muss etwa Mitte vierzig sein und hat blondes, mit grauen Strähnen durchsetztes Haar, das zu einem Pferdeschwanz nach hinten gekämmt ist. Es ist einer dieser nachlässig gebundenen Pferdeschwänze, die Frauen machen, wenn sie zu müde oder zu faul sind oder einen Scheiß auf ihre äußere Erscheinung geben. »Wir schieben dort den ganzen Tag Dienst.«
    »Gut. Ich hab eine Bitte, könnt ihr mich vielleicht dorthin mitnehmen?«, fragt Melissa.
    »Nichts lieber als das«, sagt der Mann, während er Melissa mustert.
    »Nicht, wenn du zum Demonstrieren hingehst«, erwidert die Frau. »Jedenfalls nicht in deinem Kittel.«
    Melissa schüttelt den Kopf. »Nein. Es hat überhaupt nichts mit dem Schlächter-Prozess zu tun«, sagt sie und blickt wieder zu dem Mann, der seine Augen nicht von ihr wenden kann. Dann lächelt sie noch ein wenig breiter. Die Frau blickt skeptisch. Der Mann nickt.
    »Steig hinten ein«, sagt er.
    Sie geht zum Heck des Rettungswagens und steigt ein. Sie fahren los. Die Kreuzung, an der die Krankenhauszufahrt auf die Straße mündet, ist etwa vierzig Meter entfernt. Melissa bewegt sich durch den Rettungswagen, bis sie direkt hinter den Sanitätern steht.
    »Bevor wir losfahren«, sagt Melissa, »können wir da vor der Kreuzung noch mal kurz anhalten?«
    »Sorry, aber wir haben einen ziemlich engen Zeitplan«, erwidert die Fahrerin, ohne sich umzudrehen.
    »Hilft dir das hier vielleicht, deine Meinung zu ändern?«, fragt

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