Opferzeit: Thriller (German Edition)
Kent tut es ihm nach. Menschen rennen auf sie zu und von ihnen weg. In alle Richtungen. Er schlägt die Tür hinter sich zu. In der Hoffnung, dies könne die Schockwelle dämpfen, die Melissa dabei helfen soll, ihre Flucht zu bewerkstelligen.
»Weg hier«, schreit er. »Alle weg hier.«
»Carl …«
Er schaut zurück über den Wagen. »Schießen Sie ein paarmal in die Luft«, schreit er. »Weg …«
Sein Wagen explodiert direkt vor ihm. Er sieht, wie Kent durch die Druckwelle zehn Meter durch die Luft geschleudert wird, bis sie auf einem geparkten Wagen landet und durch dessen Windschutzscheibe kracht. Nur sieht es aus wie zwanzig Meter, weil er durch die Druckwelle in die entgegengesetzte Richtung geschleudert wird. Einer Menge Menschen ergeht es ebenso. Zerfetztes Metall. Rauch. Zerrissenes Fleisch und Blut.
Dann Dunkelheit.
Kapitel 67
Zwei Explosionen, und dann wirft Melissa die zweite Fernbedienung auf den Boden des Wagens. Die Mullbinde auf meiner Wunde ist mit Blut durchtränkt, daher ersetze ich sie durch eine frische, die ohne Zweifel ebenso schnell vollgesaugt sein wird. Ich bemerke, dass da zwei Löcher in meinem Körper sind, eins auf der Vorderseite und eins auf der Rückseite, mitten durch die obere rechte Seite meiner Brust. Ich kann meinen Arm nicht bewegen. Keine Ahnung, was da alles verletzt wurde. Ich weiß auch nicht wirklich, was sich an dieser Stelle im Körper befindet. Knochen, Muskeln und Sehnen schätze ich, und das bedeutet entweder umfassende rekonstruktive Chirurgie und Physiotherapie oder eine Zukunft mit einem verkrüppelten Arm. Die Wunde scheint mir zu hoch und zu weit seitlich, als dass ich mir Sorgen über einen Lungendurchschuss machen müsste, doch im Grunde habe ich keine Ahnung, ich bin ja kein Arzt, und Melissa auch nicht, also mache ich mir trotzdem Sorgen. Ich rapple mich hoch auf die Knie, klammere mich an der Wand und an der Rückseite des Fahrersitzes fest und starre hinaus durch die Windschutzscheibe, während Melissa über die nächste Kreuzung rast, dann über eine weitere und schließlich an der nächsten rechts abbiegt. Wir sind jetzt wieder auf dem Weg zurück zum Gerichtsgebäude, nur ein oder zwei Parallelstraßen weiter südlich. Dann fährt Melissa seit lich ran.
»Niemand folgt uns«, sagt sie.
»Warum halten wir hier?«
»Warte einen Augenblick.«
»Warum?«
»Wirst du gleich sehen.«
»Melissa …«
»Vertrau mir«, sagt sie. »Wir haben es schon so weit geschafft, also vertrau mir, dass wir auch noch den Rest des Weges schaffen.«
»Wer hat auf mich geschossen?«
»Das ist kompliziert«, sagt sie. »Aber es war ein glatter Durchschuss.«
»Woher weißt du das?«
»Es war eine panzerbrechende Kugel. Eine, die beim Aufprall nicht deformiert wird. Sie ging glatt durch. Alle anderen Geschosse hätten ein kleines Loch beim Eindringen und ein viel größeres beim Austritt gemacht.«
»Warum warten wir hier?«, frage ich.
»Wir müssen vermeiden, dass wir der einzige Rettungswagen auf der Straße sind«, sagt sie, »weil die Polizei nach uns sucht. Wir müssen in der Masse verschwinden.«
»Was?«
»Vertrau mir, Baby, bleib einfach ruhig. In ein paar Minuten sind wir hier raus«, sagt sie.
»Wenn du weißt, dass es eine panzerbrechende Kugel war, dann weißt du auch, wer auf mich geschossen hat«, erkläre ich ihr.
»Es gab einen Plan«, sagt sie. »Es war der einzige Weg, dich in einem Rettungswagen von dort wegzubringen.«
»Aber du konntest mich dort nur rausholen, weil mir schlecht war«, erkläre ich ihr. »Hast du denn von den Sandwiches gewusst?«
»Welche Sandwiches?«
»Nicht so wichtig«, sage ich.
»Ich hab dort vor dem Gericht darauf gewartet, dass du angeschossen wirst, aber dann kam dieser Wachmann raus und hat mich um Hilfe gebeten, weil es dir schlecht ging.«
Ich denke darüber nach, was sie gesagt hat, aber es ergibt immer noch keinen Sinn. »Also hast du mit jemandem zusammengearbeitet, mit derselben Person, die mich angeschossen hat. Wenn du mich ohnehin schon so gut wie im Rettungswagen hattest, warum hat er dann trotzdem noch geschossen?«
»Wie schon gesagt, Baby, es ist kompliziert, aber ich werde dir später alles ganz genau erklären.«
»Aber trotzdem hast du ganz genau gewusst, was du zu tun hast«, sage ich. »Du hast der Krankenschwester all diese Dinge gesagt.«
»Das war derselbe Kram, den sie im Fernsehen ständig von sich geben. Es war alles nur Hochstapelei.«
»Sie hätten dich verhaften
Weitere Kostenlose Bücher