Opferzeit: Thriller (German Edition)
ehrlich, Carl, bist du bei dieser Geschichte nicht erleichtert, dass du den Job an den Nagel gehängt hast?«, fragt Hutton, obwohl Schroder den Job natürlich gar nicht an den Nagel gehängt hat, sondern man ihn rausgeschmissen hat, trotzdem versteht er, worauf Hutton hinauswill.
»Ich … ich weiß nicht«, sagt er. »Ich weiß es wirklich nicht.«
Sie steigen in den Wagen. Schroder mustert sich selbst im Seitenspiegel. Er sieht beschissen aus. Der Verband um seine Stirn lässt die Haare senkrecht nach oben stehen. Sie sind zwar nicht blutig, dafür klebt an anderen Stellen seines Gesichts verkrustetes Blut. Ebenso an seinem Hals. Sie brauchen nur zehn Minuten bis zum Krankenhaus, da Hutton vor den Kreuzungen immer die Sirene einschaltet. Vor dem Krankenhaus sind keine Parkplätze mehr frei. Alles steht voller Autos, viele parken bereits in zweiter Reihe.
»Lass mich einfach dort raus«, sagt Schroder und deutet mit einem Nicken zur gegenüberliegenden Straßenseite. »Von da schaff ich’s dann alleine. Du solltest versuchen, dich nützlich zu machen.«
»Ich komme mit rein«, sagt Hutton. »Rebecca ist da drin.«
»Sie würde sicher auch wollen, dass du jetzt da draußen unterwegs bist und dich auf die Suche nach Joe und Melissa machst.«
Hutton nickt. »Hör zu, Carl, ich weiß, was du ihr versprochen hast.«
»Und?«
»Ich denke, das bedeutet, dass ich dich eine Weile begleiten sollte. Du gehst jetzt schon mal da rein und lässt deinen Arm anschauen, während ich auf der Rückseite des Krankenhauses parke, und dann treffen wir uns drinnen.«
Schroder steigt aus dem Wagen. Er schlängelt sich durch den Verkehr. Hutton macht sich offenbar nicht allzu viele Sorgen wegen Schroders Versprechen, sonst hätte er ihn sicher nicht so schnell gehen lassen. Nachdem Schroder auf der anderen Straßenseite angekommen ist, marschiert er durch den Haupteingang in den Empfangsbereich, wo er auf eine Gruppe von Menschen in akutem Schockzustand stößt, viele mit Platzwunden und Knochenbrüchen. Die Schmerzen stehen ihnen ins Gesicht geschrieben. Nach allem, was er auf der Fahrt hierher gehört hat, rühren die meisten Verletzungen von der panischen Massenflucht her, Menschen sind gestürzt und wurden niedergetrampelt. Hinter einem Fenster wartet eine Schlange von Menschen darauf, mit der Empfangsschwester zu reden. Er hat keine Lust, sich einzureihen. Er verlässt das Krankenhaus wieder, läuft um das Gebäude herum bis zur Notaufnahme, wo gerade ein Rettungsfahrzeug eintrifft. Er macht Platz, als die Notärzte herausstürmen und in Position gehen. Die Hecktür des Rettungswagens fliegt auf, und eine Transportliege wird herausgezogen; jemand im Sensenmannkostüm, dem die Hälfte des Gesichts fehlt. Er ist bei Bewusstsein, seine Fäuste sind geballt. Schroder folgt ihnen durch die Tür nach drinnen, bis ihn jemand mit erhobener Hand stoppt.
»Falscher Eingang«, sagt der Arzt mit schütterem, über die Glatze gekämmtem Haar und blutunterlaufen Augen. Er riecht nach Kaffee und trägt einen Clip an der Brust, der ihn als Dr. Ben Hearse ausweist, und Schroder schätzt, dass es zwar ein schlechtes Omen für die Patienten ist, wenn jemand Leichenwagen mit Nachnamen heißt, das aber immer noch besser ist als ein Dr. Du stirbst bestimmt .
»Ich bin Polizist«, sagt er. »Detective Inspector Carl Schro der. Hören Sie, ich muss da rein. Meine Partnerin ist da drin. Sie wurde vor ein paar Minuten eingeliefert.«
Dr. Hearse nickt. »Sie operieren sie gerade.«
»Wird sie durchkommen?«
»Sie operieren sie gerade«, wiederholt der Arzt, diesmal ein wenig freundlicher. »Lassen Sie mich einen Blick auf Ihren Arm werfen«, sagt er, und Schroder zuckt zusammen, als der Arzt ihn berührt. »In Ordnung, folgen Sie mir«, sagt Dr. Hearse.
»Können Sie mir nicht einfach eine Spritze oder so was geben?«
»Eine Spritze?«
»Gegen die Schmerzen. Es tut verdammt weh.«
»Nein, ich kann Ihnen nicht einfach so eine Spritze geben. Aber was ich tun kann, ist Ihren Knochen wieder zu richten und Ihnen einen Gips zu verpassen.«
»Ich brauche nur eine Spritze. Das Gipsding können wir später machen.«
»Lassen Sie uns das Gipsding jetzt machen.«
Schroder folgt dem Arzt in die Notaufnahme. Die Ärzte, die gerade nicht damit befasst sind, Menschen zu helfen, rennen umher und bereiten sich darauf vor, denen zu helfen, die noch auf dem Weg hierher sind. Der Arzt führt ihn an den OP-Sälen vorbei in ein Behandlungszimmer.
»Warten Sie
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