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Opferzeit: Thriller (German Edition)

Opferzeit: Thriller (German Edition)

Titel: Opferzeit: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Cleave
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diese Sache ist. Und nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Man muss nur die Rote Raserei fragen.
    Stella antwortet nicht. Er weiß, dass sie schon mal mit einem Gewehr geschossen hat. Das ist einer der Gründe, warum sie zu ihm gekommen ist. Sie hat ihm gesagt, sie sei eine lausige Schützin. Und ihm erklärt, dass die Mission beendet sei, falls für ihn das Gleiche gilt. Allerdings hat sie es nicht Mission genannt. Er fragt sich, ob die Polizei es als Bewegung bezeichnen würde.
    Sie öffnet den Rucksack und nimmt ein paar Blechdosen heraus. Sie sind alle leer. Dosen von Babynahrung, Spaghettigerichten und Suppen. Sie stellt sie jeweils im Abstand von einem Meter nebeneinander auf. Einige so, dass man sie ganz sehen kann, andere leicht von Wurzeln verdeckt, und einige klemmt sie in unterschiedlicher Höhe zwischen die Äste. Nach ein paar Minuten haben sie einen Schießstand und sehr hässlichen Baumschmuck.
    Sie gehen dreißig Meter zurück. Sie sind jetzt hundert Meter vom Wagen entfernt und durch eine Reihe von Bäumen von ihm getrennt; das verhindert, dass irgendein Querschläger den Geländewagen trifft. Weitere hundert Meter entfernt steht das Fundament der Hütte, aber es ist von hohem Gras bedeckt, als wäre durch die verbrannte Erde der Boden fruchtbarer geworden. »Das ist eine gute Entfernung«, sagt sie.
    Raphael kniet sich hin. Augenblicklich dringt die Feuchtigkeit aus dem Boden in seine Hose. Er stellt den Koffer auf die Erde und lässt den Deckel aufspringen. Zum ersten Mal sieht er jetzt das Gewehr, und er stößt einen leisen Pfiff aus. Er tut das instinktiv – so wie andere Leute beim Anblick von Frauen oder Sportwagen pfeifen müssen. Es gibt keine Gebrauchsanweisung. »Wow«, sagt er. Und dann noch mal, »Wow. Ich hoffe, du weißt, wie man das Ding zusammenbaut.«
    »Man hat es mir gezeigt.«
    »Im Waffenladen?«, fragt er; er versucht, ihr Informationen zu entlocken, und es ist offensichtlich, dass er es versucht, und ebenso offensichtlich, dass es ihm misslingt.
    »Genau«, sagt sie.
    Er nimmt den Lauf. Er ist schwarz und robust, und er fühlt sich gefährlich an und ist etwas leichter als erwartet. Er legt ihn zurück in den Koffer. Er brennt darauf, die Einzelteile zusammenzusetzen, doch er hält sich zurück. Es ist ihr Auftritt – und er will nicht riskieren, irgendwas kaputt zu machen. Das wäre ein echter Stimmungskiller. Sie braucht ein paar Minuten, und die Einzelteile rasten mit einem harten Klicken ein. Er steht auf, um ihr dabei zuzusehen; vom Knien vor dem Koffer hat er leichte Rückenschmerzen. Sie holt eine Schachtel mit Munition aus ihrem Rucksack und lädt damit das Magazin. Es bietet Platz für zwanzig Patronen, und in der Schachtel sind vierundzwanzig. Daran, wie sie damit herumhantiert, kann man erkennen, dass sie keinen Scherz gemacht hat, als sie meinte, mit einem Gewehr nicht gut umgehen zu können.
    »Wie viele Schachteln hast du?«, fragt er.
    »Drei«, sagt sie. »Wir können sie alle zum Üben benutzen. Wir müssen bloß zwei Patronen aufheben, und unsere Spezialpatrone.« Sie greift in den Rucksack. »Hier«, sagt sie und reicht ihm ein Paar Ohrenschützer. Dann schaut sie erneut in den Rucksack.
    »Hast du was verloren?«, fragt er.
    »Nein«, sagt sie. »Ich weiß, dass sie … oh, warte, ich habe sie am Wagen rausgenommen.«
    »Was rausgenommen?«
    »Meine Ohrenschützer.«
    »Ich hole sie«, sagt Raphael.
    »Schon gut«, sagt sie. »Ich gehe. Hier, leg das hier auf den Boden.« Sie reicht ihm aus dem Rucksack eine Decke, dann läuft sie mit dem Rucksack Richtung Wagen.
    Er breitet die Decke aus. Darauf können zwei Personen ausgestreckt liegen, ohne, dass Füße oder Hände das Gras be rühren. Sie ist zwar dick, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie sich auf dem feuchten Boden mit Wasser vollgesaugt hat, erst recht wenn sie sich beide drauflegen. Das erinnert ihn an die Zeit, als er hier gepicknickt hat. Mit seiner Frau Debbie und mit Angela, seinem kleinen Mädchen. Debbie lebt immer noch in der Stadt, und hin und wieder unterhält er sich mit ihr, aber nicht oft – da ist zu viel Traurigkeit, und keiner von ihnen konnte diese Abwärtsspirale aufhalten. Am besten man richtet sein Augenmerk auf die guten Zeiten. Etwa wie es war, mit einer Picknickdecke und einer Angelrute hier rauszukommen; sie gingen dann immer zu dem Fluss einen halben Kilometer von hier entfernt, aber in all den Jahren haben sie nicht einen einzigen Fisch gefangen,

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