Opferzeit: Thriller (German Edition)
Das werden Sie mir schon glauben müssen«, erkläre ich den beiden. »Egal, was Sie sonst denken, das ist die Wahrheit«, sage ich, aber es ist nicht die Wahrheit. Nicht mal annähernd. »Die absolute Wahrheit.«
»Du hast es nicht verdient, dass man dich auch nur für eine Stunde hier rauslässt, nicht mal für eine Minute«, sagt Schroder.
»Es kommt nicht darauf an, was Sie denken«, sage ich. »Es kommt darauf an, ob Sie wollen, dass ich Ihnen zeige, wo Detective Calhoun liegt.«
»Aber noch wichtiger ist, dass du bleibst, wo du bist«, antwortet Schroder.
»Warum? Glauben Sie, ich würde abhauen? Ich weiß, warum Sie das denken – schließlich sind Sie der Mann, der den Schlächter von Christchurch jahrelang hat frei rumlaufen lassen. Da ist es nur normal, wenn Sie denken, Sie könnten mich nicht von der Flucht abhalten.«
»Netter Versuch, Joe, aber du wirst mich nicht dazu bringen, dich hier rauszuholen.«
»Tja, es ist Ihre Entscheidung, Carl. Machen Sie, was Sie wollen. Da hängt eine Menge dran. Ihr neuer Chef könn te damit groß rauskommen. Ich brauche das Geld, darum möchte ich, dass die Sache glatt über die Bühne geht. Ach, und gestatten Sie mir die Frage, Carl, wie viel verdienen Sie dabei? Hä? Sie würden das nicht tun, wenn für Sie nicht auch was dabei rausspringen würde«, sage ich, hebe meine eine Hand und reibe die Fingerkuppen über den Daumen, um zu signalisieren, dass ich von Geld rede.
»Leck mich, Joe.«
»Aber Sie wollen Calhoun doch wiederhaben, oder?«
»Meine Herren«, sagt mein Anwalt und streckt seine Hand aus. »Können wir bei der Sache bleiben?«
»Ich arbeite nicht mehr als Cop, Joe«, sagt Schroder. »Das weißt du. Ich kann so eine Vereinbarung nicht treffen.«
»Ihnen wird schon was einfallen«, sage ich.
Schroder schüttelt den Kopf. »Du kapierst es einfach nicht«, sagt er. »Mein Gott.« Er wirft seinen Kopf in den Nacken und starrt an die Decke. »Wie zum Henker konnte jemand so Dummes so lange unentdeckt bleiben?« Er schaut mich wieder an. »Ich muss dämlicher gewesen sein, als ich dachte, weil ich dich nicht früher verhaftet habe.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«, frage ich.
»Um zu tun, was du von mir verlangst, ist die Mitarbeit der Polizei nötig. Aber wenn die Polizei mit von der Partie ist, dann gibt es keine Vereinbarung, denn dann würde sie erfahren, dass du uns dorthin geführt hast. Und wenn die Polizei mit von der Partie ist, dann hat Jonas Jones auch nichts davon, richtig?«
Ich brauche ein paar Sekunden, bis ich begriffen habe, was er gesagt hat.
»Er hat recht«, sagt sein Anwalt. Scheiße ja, er hat recht. Beide haben recht.
Ich schüttle den Kopf. Ich könnte den Deal sausen lassen und den Cops einfach die Stelle zeigen. Das hieße allerdings: kein Geld. Wenn es nicht anders geht, werde ich es tun. Ich muss was unternehmen, damit ich morgen im Zwielicht draußen bin. Das ist alles, was zählt.
»Sie beide müssen sich was überlegen, wie wir das hinkriegen«, sage ich, »und zwar bevor der Prozess beginnt.«
»Joe …«, fängt mein Anwalt an.
»Wir sind hier fertig«, erkläre ich ihm.
»Du bist wirklich saudumm«, sagt Schroder.
Ich erhebe mich. Wenn ich eins hasse, dann wenn man mich dumm nennt.
Aber was ich noch mehr hasse ist, wenn ich dumm aussehe. Mein Handgelenk ist immer noch festgekettet, und ich werde fast auf den Stuhl zurückgezogen. »Wärter«, brülle ich und haue mit der freien Faust auf den Tisch. »Wärter!«
Der Wärter öffnet die Tür. Er schaut mich völlig ungerührt an. Ich erkläre ihm, dass ich hier fertig bin. Er kommt herein und macht die Handschellen ab.
»Kümmern Sie sich drum«, erkläre ich Schroder, als ich an die Tür trete, dann werde ich zu meiner Psychiaterin zurückgebracht.
Kapitel 29
»Am nächsten Tag hat sie mich angerufen«, erkläre ich meiner Psychiaterin, und inzwischen habe ich mich von Joe dem Ausbrecherkönig wieder in Joe das Opfer verwandelt, und das ist eine feine Sache, denn der Anblick, der sich Joe dem Opfer bietet, ist sehr viel schöner. »Ich dachte, sie wollte bis zum Wochenende warten, aber nach der Schule rief sie mich an. Erst sprach sie mit meiner Mutter und erzählte ihr, ich solle ihr im Haus helfen, und sie würde mich dafür bezahlen. Meine Mutter fand das eine tolle Idee, denn das bedeutete, dass ich weniger Zeit zu Hause verbringen würde. Also ging ich zu meiner Tante und mähte den Rasen. Dann wollte sie, dass ich die Garage streiche, von innen und
Weitere Kostenlose Bücher