Opferzeit: Thriller (German Edition)
Er liegt ihm am Herzen, seit Calhoun verschwunden ist. So sehr, dass er immer noch in diesem Zimmer ist und überlegt, wie man Joe das Leben angenehmer machen kann.
»Wie fühlt man sich dabei?«, fragt Wellington. »Für so einen Typen zu arbeiten?«
Schroder zuckt bei der Frage zusammen. So wie Wellington sie stellt, ist ziemlich offensichtlich, was er davon hält. Schroder vermutet, dass alle anderen auch so denken. Trotzdem schneidet Jones dabei gut ab. Nicht alle können ihn hassen. »Wahrscheinlich genauso, wie man sich fühlt, wenn man Joe verteidigt«, sagt Schroder.
Wellington nickt langsam. »So schlimm, ja?«
»Hören Sie«, sagt Schroder, »ich weiß, Sie wollen nicht, dass er dieses Angebot annimmt, schon klar, aber Detective Calhoun verdient es, dass man ihn zurückbringt. Daran müssen wir denken. Er war ein Cop, verdammt noch mal, und zwar ein guter, und wie jeder andere Cop hat er ein anständiges Begräbnis verdient, hat es verdient, dass man um ihn trauert und sich an ihn nicht nur als den Polizisten erinnert, der verschwand und nie wieder auftauchte.«
Wellington sagt nichts, während er sich all das anhört, und Schroder wird daran erinnert, dass dieser Typ blitzgescheit und den meisten weit voraus ist.
»Es muss eine Möglichkeit geben«, fügt Schroder hinzu.
»Ausgeschlossen«, sagt Wellington. »Sobald wir die Polizei hinzuziehen, kann Jones seinen Deal vergessen.«
Schroder steht auf und geht im Zimmer auf und ab. Wellington beobachtet ihn dabei. Schroder geht im Kopf verschiedene Szenarien durch. Wenn er noch ein Cop wäre, wäre das alles hier sehr viel einfacher. Aber wenn er ein Cop wäre, würde er niemals ein Angebot unterbreiten, bei dem ein Serienmörder fünfzigtausend Dollar bekommt. Die Polizei wird von Joe nicht erfahren, wo Calhoun ist. Sie hat es versucht, wie die Staatsanwaltschaft auch.
Man wird es nur herauskriegen, wenn man Joe dafür bezahlt.
Doch er wird es ihnen nur verraten, wenn er ihnen die Stelle zeigen kann.
Und er kann sie ihnen nur zeigen, wenn die Polizei außen vor bleibt.
Aber das wird nicht passieren.
»Ich werde versuchen, ihn ein wenig zu bearbeiten«, sagt Wellington. »Werde zusehen, ob er uns nicht einfach sagen kann, wo die Leiche ist. Ich meine, wenn er es Ihnen nicht erzählt, kriegt er das Geld nicht, darum wird er es tun. Ich denke, er glaubt tatsächlich, dass er nach dem Prozess freikommt.«
Schroder dreht sich um und lehnt sich gegen die Wand. Er starrt Wellington an. Dann kommt ihm eine Idee. Er muss allerdings noch ein paar Sekunden darüber nachdenken. »Und was meinen Sie?«
Wellington zuckt mit den Schultern, aber dann gibt er seine Einschätzung der Lage. »Ich denke, allein die Tatsache, dass er glaubt, er käme frei und alle würden ihm abkaufen, was er erzählt, beweist wahrscheinlich, dass er komplett verrückt ist.«
Die Idee ist zum Greifen nah. Schroder kann sehen, wie sie sich vor ihm erstreckt. Er muss nur dem Weg folgen und die Kreuzungen befestigen. Dann stößt er sich von der Wand ab und setzt sich dem Anwalt gegenüber. »Was, wenn«, sagt er, ohne den Satz zu beenden. Er starrt die Wand an, die Betonsteine, ja, er ist auf dem richtigen Weg und überprüft, ob das alles aufgeht.
Wellington unterbricht ihn nicht.
»Was, wenn«, sagt Schroder erneut, und ja, ja, es könn te funktionieren. »Was, wenn wir zwei Deals machen? Unser Deal bleibt bestehen. Die Leute, für die ich arbeite, zahlen Joe das Geld, und er sagt ihnen, wo Detective Calhoun ist.«
»Okay. Was ist Deal Nummer zwei?«
»Wir verlangen für Joe von der Staatsanwaltschaft Immunität im Fall Calhoun. Wir wissen, dass er ihn nicht getötet hat. Er hat ihn vergraben, sicher, und er hat die Situation wahrscheinlich herbeigeführt, und er hätte ihn bestimmt auch getötet, aber wir kriegen Joe wegen all der anderen Morde dran. Da können wir drauf verzichten, ihm den Mord an Calhoun anzuhängen. Eigentlich müssen wir ihn deswegen nicht drankriegen.«
Wir . Er hört, wie er das Wort benutzt. Einmal Cop, immer Cop. Zumindest sagen das diejenigen, die keine Cops mehr sind. Für alle anderen ist er nur eine Nervensäge.
»Eigentlich«, sagt Wellington und nickt. »Ich glaube nicht, dass allzu viele Leute glücklich darüber sein werden.«
»Ich bin auch nicht glücklich darüber, sowas vorzuschlagen«, sagt Schroder.
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Staatsanwaltschaft nicht darauf eingehen wird.«
Schroder steht auf und geht erneut auf und
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