Optimum 1
Gesicht spiegelten sich jetzt überhaupt keine Emotionen mehr wieder, er sah gleichzeitig sehr ruhig und sehr unmenschlich aus.
»Wenn du glaubst, ich könnte dir nicht wehtun, irrst du dich«, sagte er leise. »Du glaubst, du kennst mich, du glaubst, ich bin harmlos, ich weiß das. Aber was du nicht weißt, ist, dass ich das verteidige, was ich liebe. Und ich liebe meine Frau.«
»Ich dachte, du liebst Jo?«
Lars wirkte verwirrt. Er blinzelte, schüttelte kurz den Kopf, dann räusperte er sich. Rica sah den »alten« Lars – den offenen und zugänglichen für einen Moment hinter der finsteren Fassade aufblitzen, doch er war gleich wieder verschwunden. Das Messer zitterte ein wenig in seiner Hand, als er sich wieder zu ihr beugte.
»Ich liebe meine Frau«, wiederholte er. »Das mit Jo … Ich weiß nicht, was mich da gepackt hat. Aber Liebe …« Seine Gedanken schienen abzuschweifen, und er schüttelte den Kopf, wie um sie loszuwerden. »Ich weiß doch, wie Liebe sich anfühlt.«
Sie wollte ihn darauf hinweisen, dass er sich widersprach. Dass er vor wenigen Minuten noch behauptet hatte, Jo sei seine große Liebe gewesen. Doch sie hielt sich zurück. Langsam wurde ihr bewusst, dass Lars nicht mehr rational handelte und dass es wohl besser war, mit Vorsicht vorzugehen.
»Ich werde nichts sagen«, flüsterte sie. »Bestimmt nicht. Ich schwöre.« Sie machte große runde Augen und versuchte, ihrer Stimme einen harmlosen, flehentlichen Klang zu geben. »Lässt du mich gehen?«
Ein bisschen aus der Bahn geworfen musterte Lars sie. »Vielleicht«, sagte er, und Rica wollte schon erleichtert aufatmen, als sich sein Gesicht auf einmal verhärtete. »Aber wenn du irgendwas ausplauderst, dann werde ich nicht nur dir wehtun, verstanden?« Er machte eine dramatische Pause. »Wenn du meine Frau verrätst, dann geht es deiner Familie an den Kragen.«
* * *
Eliza rannte den Pfad hinunter, der zum Haus der Bennetts führte und musste dabei aufpassen, dass sie nicht über ihre eigenen Füße stolperte. Der Ponyhof lag bereits im Schatten, und die Tiere auf der Weide waren nur noch als Umrisse vor dem etwas helleren Hintergrund zu erkennen. Ein paar von ihnen hoben verwundert die Köpfe, als Eliza an ihnen vorbeirannte.
Es ist alles in Ordnung, versuchte Eliza sich selbst zu beruhigen. Es ist alles in Ordnung. Jo mag eine Affäre mit Lars gehabt haben, aber er hat sie sicher nicht umgebracht. Dazu ist er gar nicht fähig. Wahrscheinlich sitzt er gerade gemütlich mit Rica zusammen und trinkt Kaffee. Es half nicht. Sie rannte schneller. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust, und bald tat ihr jeder Atemzug weh. Dennoch zwang sie sich weiter. Hoffentlich kam sie nicht zu spät.
Der Weg machte eine scharfe Kurve und führte dann abwärts. Eliza geriet aus dem Gleichgewicht, stolperte und fing sich gerade noch rechtzeitig, um nicht Andrea vor die Füße zu fallen.
»Langsam!« Andreas ruhige Stimme wurde von dem hysterischen Gebell eines großen Hundes fast übertönt. Kräftige Hände griffen nach Elizas Oberarmen, und sie wurde wieder auf die Füße gezogen. »Was ist denn los?«
Eliza sah auf. Im Dämmerlicht wirkten Andreas blaue Augen ungewöhnlich groß und sanft. Die hellen Haare bildeten einen Heiligenschein, ein Eindruck, der noch dadurch verstärkt wurde, dass vom Haus Licht auf den Hof fiel und Andrea von hinten beleuchtete. Der bellende Hund – ein schrecklich großer Schäferhund – sprang um Andreas Beine herum und gab sich große Mühe, sie in seine Leine einzuwickeln.
Eliza keuchte und musste mehrfach nach Luft schnappen, bevor sie ihre Sprache wiederfand. »Ich muss … Lars … Ist Rica hier?« Andreas Augenbrauen zogen sich fragend zusammen, und Eliza wurde klar, dass sie sich deutlicher ausdrücken musste. Reiß dich zusammen und versuche, einen ganzen Satz rauszubekommen!
»Rica? Warum sollte Rica hier sein? Und was ist mit Lars?« Andrea klang verwirrt, vielleicht auch ein kleines bisschen genervt, aber darauf konnte Eliza keine Rücksicht nehmen.
»Rica wollte hierherkommen, um mit euch zu reden. Vielleicht hat sie ja Lars getroffen, weißt du, wo er ist?« Sie sah Andreas irritiertes Gesicht und fügte hinzu: »Es ist wichtig.«
»Wichtig, so, so.« Der leichte Spott in Andreas Stimme war nicht zu überhören. »Und was bitte ist so wichtig, dass ihr beide so spät noch unterwegs seid? Darf ich wissen, was mein Mann damit zu tun haben soll?«
Eliza hätte Andrea am liebsten beiseitegestoßen und
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