Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Optimum 1

Optimum 1

Titel: Optimum 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Bicker
Vom Netzwerk:
nun schon ziemlich lange bei Frau Jansen in Behandlung. Mindestens seit zwei Jahren, soweit ich weiß. Die bestellt doch nicht einfach Schüler für nichts und wieder nichts in ihr Büro.«
    Rica schüttelte den Kopf. »Darauf würde ich nicht wetten. Sie versucht ja immer noch, mir einzureden, dass ich ein verunsicherter Charakter bin, der sich gern schlägt und sich in unnötige Risiken stürzt, weil ich die Trennung von meinem Vater nicht verkraftet habe. Das ist Bullshit. Ich kenne den Mann ja nicht mal, und nur weil ich nicht so ein Schäfchen bin wie … wie manche anderen hier …« Beinah hätte sie wie du gesagt, konnte es sich aber gerade noch verkneifen. Sie mochte Eliza sehr, und seit sie befreundet waren, war diese auch viel lockerer geworden, aber manchmal kam ihr Eliza immer noch vor wie ein kleiner, geprügelter Hund, der schon beim geringsten Anzeichen von Autorität kuschte.
    Eliza verzog das Gesicht, als hätte sie Ricas Gedanken gelesen, ging aber nicht darauf ein. »Du bist schon mutiger als andere Schüler hier«, sagte sie stattdessen leise. »Ich meine, du bist nun mal risikobereit. Dem kannst du doch nicht widersprechen.«
    Rica lachte und zuckte mit den Schultern. »Kann schon sein.« Sie blickte sich in dem rasch dunkler werdenden Pavillon um und strich etwas versonnen mit den Fingerspitzen über das rissige Holz von einem der Pfeiler. Sie mochte das raue Gefühl und den warmen Sommerduft des Holzes und konnte sich für einen Moment lang darin verlieren. »Meinst du, sie kommt heute noch?«
    Eliza sah sich skeptisch um. Vermutlich kannte sie die Antwort genau wie Rica.
    Nein, Jo würde nicht mehr auftauchen. Nicht nach dem, was vorgefallen war. Nicht, wenn Frau Jansen sie so richtig in die Mangel genommen hatte. Vermutlich hatte sie auch noch Angst, dass Rica ihr den Aussetzer zum Vorwurf machen würde. Nicht dass Rica so etwas tun würde. Es war schließlich nicht Jos Schuld gewesen. Niemand brach einfach so aus Spaß zusammen.
    »Vielleicht haben sie sie ruhiggestellt«, vermutete Eliza. »Ich meine – nach so einem Anfall. Ich habe schon gehört, dass Frau Jansen auch Medikamente verschreibt, wenn es gar nicht anders geht.« Sie wirkte ein bisschen beunruhigt, als sie das sagte, und sah sich ängstlich um, als könne Frau Jansen im nächsten Moment auftauchen und sie zur Rechenschaft ziehen.
    »Beruhigungsmittel?« Rica zog die Augenbrauen hoch. »Die hat Jo doch nicht nötig.« Wieder fuhr sie mit einer Hand über das rissige Holz, als streichle sie einen Hund. Es gelang ihr einfach nicht, ihre Hände ruhig zu halten, und das Holz bot ihr einen gewissen Halt.
    »Keine Ahnung«, murmelte Eliza. Sie sah noch immer beunruhigt aus, und sehr müde dazu. »Gehen wir zurück zur Schule. Ich muss sehen, woher ich etwas zu essen kriege.« Sofort bekam Rica ein schlechtes Gewissen. Sie hatte Eliza dazu überredet, mit ihr zum Pavillon zu kommen, und nun hatten sie so lange hier gesessen, dass die Abendessenszeit in der Mensa schon lange vorbei war.
    »Möchtest du mit zu mir?«, schlug sie spontan vor. »Ma macht dir sicher gern was zu essen.«
    Eliza strahlte. Rica hatte noch nicht ganz verstanden, warum, aber bei ihr zu Hause zu sein und dort auch zu essen schien Eliza unendlich viel Spaß zu machen. Vielleicht vermisste sie ihre Familie.
    »Bestimmt ist es ohnehin am besten, wenn wir eine Nacht über die ganze Sache schlafen«, sagte sie. »Ich hab mir neue Musik gekauft. Was meinst du? Mädchenabend?«
    Eliza grinste noch breiter und nickte.
    Sie hatte sich keine besonderen Sorgen um Jo gemacht – bis sie am nächsten Morgen nicht zum Unterricht erschien. Und auch das fiel ihr erst auf, als sie mit Eliza und ein paar anderen zusammen auf dem Schulhof stand und auf Jo wartete. Jede Pause trafen sie sich an der kleinen Sitzgruppe mit den grellpink gestrichenen Bänken, eine kleine, verschworene Gruppe, die sich irgendwie in den ersten Wochen zusammengefunden hatte. Jo gehörte ebenso dazu wie die pinkfarbenen Bänke.
    Aber sie tauchte nicht auf.
    »Haben sie sie nach Hause geschickt?« Rica schwang sich auf eine der Lehnen und stellte die Füße auf die Sitzfläche.
    Marie, die mit Jo in der Abschlussklasse war, schüttelte den Kopf. »Sie ist einfach nicht zum Unterricht gekommen. Die Lehrer haben mehrfach nachgefragt, auch bei Alina, die sich mit Jo ein Zimmer teilt.« Marie trat ein bisschen näher an die Bank heran und machte ein verschwörerisches Gesicht. »Ich glaube, sie ist

Weitere Kostenlose Bücher