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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Spaghettiträger. »Geh doch rein und probier es einfach mal an!«
    Eva runzelte die Stirn, sie trug nie etwas Rotes, sie wollte auch nichts Rotes. Obwohl … dieses Rot war außergewöhnlich sanft und würde auch hervorragend zu ihren Haaren passen. Außerdem war der Schnitt gut.
    »Der Schnitt ist richtig gut!«, murmelte Georg, der mit ihr stehen geblieben war.
    »Ich soll das doch jetzt nicht im Ernst anprobieren?«, versuchte Eva abzulenken, doch Georgs Augen lachten und waren auf einmal wieder interessiert an dem, was sie sahen.
    Zwölf Minuten später verließ Eva das Geschäft mit einer eleganten Papiertüte, auf deren Boden ihr schwarzes Kleid lag, abgestreift und vergessen wie eine Schlangenhaut. Georg hakte sich bei ihr unter: » Signorina? Heute Abend schon was vor?«
    Emil starrte auf Evas Beine, als ob er sie zum ersten Mal sähe, und sagte: »Übelst schön.«
    Helga zeigte nur ihr selbstgefälliges Habe-ich-doch-gesagt-Lächeln.
    Vor dem Palazzo dei Priori ballten sich die Touristen, sie drängten sich hindurch und betraten die Piazza IV Novembre. Eva ging mit Emil zum Fontana Maggiore, auch er wie immer von Touristen umringt und fotografiert. »Der Brunnen ist sehr berühmt, weil er schon fast achthundert Jahre alt ist«, erklärte sie.
    Emil umrundete ihn andächtig und kam dann wieder zu ihr. »Ein paar Tiere haben sie auch reingeschnitzt, einen Löwen und ein komisches Pferd mit Flügeln und einen Storch, der einem Bären was aus der Schnauze holt.«
    Sie schauten sich gemeinsam die Fabelwesen an, dann überquerte Eva mit Emil den Platz und stieg einige der Stufen empor, die sich über die ganze Breite eines mächtigen Gebäudes erstreckten.
    »Ist das eine Kirche?«
    »Ja, das ist die Kathedrale San Lorenzo, aber die meisten sagen einfach nur duomo . Und dieser Platz ist ganz wichtig! Moment!« Eva kletterte noch zwei Stufen höher und ließ sich auf einer glatt polierten Marmorstele nieder. »Hier haben wir immer gesessen. Also, deine Mama ganz oft!«
    »Wow!« Emil setzte sich neben sie und stützte die Ellenbogen auf die Knie. »Genau an dieser Stelle?!«
    »Exakt da, wo du jetzt sitzt!«
    Georg machte mit seinem Handy ein Foto von ihnen. Eva sah Helga wieder zurück in den Corso treiben, die Schaufenster waren ihr offensichtlich Kultur genug.
    »Wir saßen mit unseren griechischen und afrikanischen Freunden, den Arabern, Japanern und Amerikanern hier.« Ich allerdings nicht so oft wie Milena, denn ich musste ja in die Uni, fügte Eva für sich hinzu. »In Perugia treffen sich auch heute noch junge Leute aus ganz vielen Ländern zum Studieren.«
    Junge Leute. Wenn man »junge Leute« sagt, ist man alt, dachte sie und erhob sich seufzend. Sie gingen weiter.
    »Da vorne ist übrigens ein Kino – … war ein Kino.« Der Eingang des Cinema Turreno war vergittert, die Türen und Fenster mit Brettern vernagelt. Der Schriftzug und die Schaukästen hingen zwar noch, blätterten aber offenbar schon seit geraumer Zeit ihre Farbe in den umbrischen Wind. Georg sah sie an. Eva schüttelte den Kopf: kein Kino, kein Regisseur.
    »Ich habe Hunger!«, sagte Emil zum dritten Mal. »Und Durst! Kann ich eine Cola?«
    »Haben?«, antwortete Georg und gab gleich darauf die Antwort: »Nein! Du kannst Wasser bekommen.« Emil schüttelte den Kopf, er wollte kein Wasser. Hinter dem duomo gingen sie einen dunklen Gang hinunter, nach einigen Metern zwischen den oben zusammengewachsenen Häusern kamen sie wieder ans Licht und schritten weiter unten durch den imposanten Arco Etrusko, der Emil aber nicht sonderlich beeindruckte.
    »Schade, dass heute Sonntag ist, jetzt können wir die alte Aula nicht sehen, in der die meisten unserer Kurse stattfanden«, sagte Eva, als sie vor dem verschlossenen Portal der Fremdenuniversität standen. »Wir hatten einen lustigen Professor in fonetica. Das macht man, um die Sprachmelodie zu lernen. Er wählte einen Satz aus und sprach ihn uns vor. Dabei stieg er ab und zu auf ein Podest, um uns zu zeigen, wann wir mit der Stimme hochgehen sollen. Er ließ uns alle nebeneinander in den langen Bänken aufstehen, dann mussten wir uns hinsetzen und wieder aufstehen und wieder setzen.« Eva zeigte mit ihrer Hand an, wie oft sie aufgestanden waren. »Es war eher eine Turnstunde. Milena hat den kleinen professor Baldacci geliebt und er sie. Für ihn ist sie sogar vor elf aus dem Bett gekrochen.«
    »Erzähl weiter!« Emil lachte. »Ich höre so gerne etwas von Mama!«
    »Ich kann euch noch den

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