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Ordnung ist nur das halbe Leben

Ordnung ist nur das halbe Leben

Titel: Ordnung ist nur das halbe Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
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hängen, den er eben gerade so geheimniskrämerisch unter der Schreibtischunterlage versteckt hatte. Jetzt ragte der Rand heraus, und ohne dass ich es wollte, hatte ich schon einen Teil des Textes gelesen: »… denken an Sie … zwei Karten für die Oper … persönlich bei mir …«
    Mir brach der Schweiß aus. Hatte er eine Affäre? Und war das etwa der Grund für seine feindselige Stimmung?
    Ich lüpfte die Schreibtischunterlage, überflog das Schreiben und atmete auf. Es war nur ein Geschäftsbrief, der sich um ein neues Betreuungsprogramm für spezielle Kunden drehte. Der Brief triefte vor Schleim und behauptete, dass die Bank in jeder Lebenslage für eine gewisse Ursula Reinhardt da sei, nicht nur wenn es Probleme gäbe, sondern auch in guten Zeiten, immer und dauernd würde die Bank und besonders er, Jens Hill, an sie denken. Als erste kleine Aufmerksamkeit gab es zwei Karten für die Oper.
    »Genießen Sie die Aufführung und erzählen Sie mir bei unserem nächsten persönlichen Kundengespräch, wie es Ihnen gefallen hat«, las ich zu Ende.
    Also echt, Opernkarten! Das musste ja eine ganz spezielle Kundin sein, diese Frau Reinhardt.
    Reinhardt, Reinhardt … Der Name sagte mir was. Schnell googelte ich ihn mit meinem Smartphone. Aha, Ursula Reinhardt, Erbin des Schraubenkönigs Herbert Reinhardt, hatte vor drei Jahren ihre Anteile verkauft. Halleluja, murmelte ich, als ich las, zu welchem Preis. Na, bei so einer Kundin würde ich auch Opernkarten springen lassen. Die würde sogar noch Gunther Bogert das Wasser reichen können.
    Mmmmhhh.
    Ich saß noch eine Minute in Jens’ Stuhl und überlegte. Er hatte mir eigentlich helfen sollen, aber stattdessen stellte er sich so an wegen einer kleinen Verletzung! Und unterstellte mir, seine Gesundheit wäre mir schnuppe, und haute dann einfach ab! Da musste er sich ja nicht wundern, wenn ich auf dumme Gedanken kam.
    Ich lauschte, ob ich Schritte auf dem Gang hörte. Nichts. Alles ruhig. Ich schlenderte zu seinem Schrank mit den Unterlagen der Kunden. Für den Buchstaben R hatte er sieben Aktenordner. Einer gehörte Ursula Reinhardt. Ich zog ihn raus. Als ich mir den Kontostand anschaute, musste ich mich kurz setzen. Mannometer. Das wäre eine Mandantin für uns! Wenn ich die anschleppen würde, hätte Höveler meinen Fehler in null Komma nichts vergessen. Hastig blätterte ich weiter durch ihre Depotauszüge. Dann hörte ich Stimmen auf dem Flur, und ehe ich mich’s versah, hatte ich schon völlig kopflos ein Blatt mit einem Überblick über ihren Finanzstatus herausgerissen und in meine Manteltasche gesteckt. Was natürlich verboten war. Total verboten.
    Die Stimmen kamen näher. Schnell stellte ich den Ordner zurück, schloss die Tür, ließ mich mit bummerndem Herzen auf Jens’ Stuhl fallen und starrte mit Unschuldsmiene zur Tür. Durch die Milchglasscheibe sah ich zwei meiner ehemaligen Kollegen vorbeigehen. Ich atmete auf.
    Dann wurde mir klar, was ich gerade gemacht hatte. Ich hatte gegen das Bankgeheimnis verstoßen. Aber volle Kanne! Mir wurde heiß. Ich musste den Zettel ganz schnell zurückheften! Aber als ich das Papier wieder herausholte, war es zerknüllt und die Stanzlöcher waren ausgerissen – jeder würde sehen, dass da jemand dran rumgefummelt hatte. Besonders Jens, der mit so was unheimlich pingelig war. Ich konnte es nur noch in tausend Schnipsel reißen und an einem unverfänglichen Ort in einen Mülleimer schmeißen. Ja, genau das würde ich tun.

7
    Ich setzte meine unschuldigste Miene auf und verließ Jens’ Büro. Von der Galerie aus sah ich meinen Verlobten im Foyer stehen, und in meinem Kopf schrillte die Sirene los, die meine Tradingsoftware bei einem verlustreichen Deal abspielte. Er unterhielt sich intensiv mit meiner ehemaligen Kollegin Carla, die ich noch nie leiden konnte. Sie hielt den Kopf immer leicht geneigt und schüttelte ihre langen Haare, besonders wenn sie mit Männern sprach. Was sie eigentlich immer tat, denn Frauen beachtete sie normalerweise gar nicht. Kein Wunder, dass wir Mädels Carla kollektiv verabscheuten. Die ging über Leichen, um sich einen Mann zu angeln, da waren wir uns einig.
    Mein Verlobter schien auf einmal seine gute Laune wiedergefunden zu haben, denn er lächelte, als bekäme er Zinsen darauf.
    Langsam ging ich die Treppe hinunter. Jens sah mich nicht kommen, weil er so auf diese Tussi fixiert war.
    »Rufst du mich nachher an und sagst mir, wann wir losfahren?«, säuselte Carla und legte die Hand auf

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